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Equipment

Marktübersicht | Freeridetaugliche Tourenbindungen

Eine Übersicht über die derzeitigen, freeridetauglichen Tourenbindungen

von Lorenzo Rieg 27.01.2015
Skitouren liegen zweiffellos voll im Trend und auch immer mehr Freerider, denen es weniger auf den Gipfelsieg als auf eine interessante Abfahrt ankommt, nehmen kürzere Aufstiege von den Liften oder auch ausgewachsene Skitouren auf sich, um an den begehrten unverspurten Pulverschnee zu kommen.

Da ist es nur logisch, dass sich auch das Material weiterentwickelt. War man noch vor fünf Jahren meist noch mit Schuhen und Bindungen unterwegs, welche sich heutzutage bestenfalls als Notlösung bezeichnen ließen, ist die Auswahl an Ausrüstung mittlerweile so breit, das wohl jeder und jede für sein bzw. ihr passendes Material findet.

Gerade für Freerider, die Fans höherer Geschwindigkeiten sind und auch mal den ein oder anderen (höheren) Drop mitnehmen, waren Tourenbindungen lange Zeit problematisch. Mittlerweile gibt es aber einige Alternativen, die wir hier überblicksartig vorstellen. Es geht hier nicht um klassische Tourenbindungen, sondern um abfahrtstaugliche Modelle für Freerider.

Diese lassen sich noch immer in zwei Kategorien unterteilen: erstens  Rahmenbindungen und zweitens Pin-Bindungen 2.0, d. h. Bindungen, die über Inserts am Schuh fixiert werden, gleichzeitig aber auch mehr oder weniger über das (im Freeride-Einsatz häufig ungenügende) klassische Pin-Bindungskozept hinausgehen.

Das Rahmen- und das Pin-Konzept

Generell haben Rahmenbindungen den Vorteil, dass man sie in der Regel nicht nur mit den meisten Tourenschuhen, sondern auch mit Alpinschuhen nutzen kann. Zudem gewährleisten sie alle eine einstellbare Sicherheitsauslösung an Vorder- und Hinterbacken und sind preislich deutlich unter der Pin-Konkurrenz angesiedelt. Die Nachteile des Rahmen-Konzeptes wiegen allerdings im wörtlichen Sinn schwer. So beträgt das Gewicht ein Vielfaches einiger Pin-Modelle. Das ist besonders ungünstig, da viel Gewicht bei jedem Schritt angehoben werden muss, was sich umso stärker auswirkt. Konstruktionsbedingt verfügen Rahmenbindungen mit ihrem Gelenk auch über eine Schwachstelle, welche bei häufig Gebraucht (vor allem auf breiten Ski) gar nicht anders kann, als auszuleiern. Die Kraftübertragung ist sowohl im Aufstieg als auch in der Abfahrt in unterschiedlichen Ausmaßen eingeschränkt, zudem ist die Standhöhe natürlich höher als bei Alpin- oder Pin-Bindungen.

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Pin-Bindungen sind (meist wesentlich) leichter als Rahmenbindungen, was sich im Aufstieg durch entscheidend weniger bewegte Masse besonders auswirkt, und haben eine sehr direkte Kraftübertragung. Durch den günstigen Drehpunkt wird der Gehkomfort noch weiter gesteigert. Allerdings erfordert das System natürlich passende Schuhe, und auch wenn es da mittlerweile eine passable Auswahl gibt, ist das für viele Freerider noch immer eine Einschränkung. Zudem verfügen die meisten Modelle über keine komplett einstellbare Sicherheitsauslösung. Im Moment entwickelt sich vor allem das Angebot an Pin-Bindungen zügig weiter, weswegen hier mit einem immer größeren Angebot zu rechnen ist.

Im Folgenden stellen wir die für Freerider interessantesten Modelle kurz vor:

Rahmenbindungen

Fritschi Freeride Pro

Seit langem Spezialist für Tourenbindungen, war die schweizer Firma Fritschi auch die erste mit einem auf Freerider ausgelegten Model. Der Nachfolger der allseits bekannten „Fritschi Freeride“ ist aktuell die „Freeride Pro“, welche vor allem mit einem, für Rahmenbindungen, geringen Gewicht (1 kg pro Bindung ohne Stopper), ihrer Verwindungssteifigkeit im Aufstieg und hohen Bedienkomfort punkten kann. Mit einem maximalen Auslösewert von 12 und einer doch eher auf Leichtigkeit ausgelegten Konstruktion ist sie allerdings weniger für Schwergewichte oder besonders aggressive Fahrer geeignet.

Fritschi Freeride Pro: Aufstieg ** Abfahrt *** Handling *****

Zur Webseite des Herstellers…

Ausführlicher PG-Testbericht zur Freeride Pro

Marker Duke EPF, Baron EPF und Tour 12 EPF

Von den großen Herstellern für Alpinbindungen war Marker der erste, welcher in den Markt für Freeridebindungen mit Aufstiegsfunktion einstieg. Die Marker Duke EPF ist das aktuelle Topmodel und entsprechend weit verbreitet. In der Abfahrt ist die Kraftübertragung den meisten Alpinbindungen ebenbürtig und dank einem maximalen Z-Wert von 16 sind auch hohe Drops kein Problem für schwere Fahrer. Allerdings steht man mit der Duke EPF höher über dem Ski. Das Gewicht (2790 Gramm/Paar in Größe L) muss bewegt werden und das umschalten der Steighilfen oder vom Aufstiegs- in den Abfahrtsmodus ist nicht gerade komfortabel. Zudem ist die Bindung im Aufstieg alles andere als verwindungssteif.

Die Baron EPF, ihres Zeichens kleiner Bruder der Duke, ist nur unmerklich leichter (2480 Gramm/Paar in Größe L) und bietet weder gegenüber der Duke, noch gegenüber der Marker Tour EPF ernsthafte Vorteile. Sie ist allerdings ist sie für eine Bindung mit Aufstiegsfunktion sehr günstig. Die Marker Tour F12 EPF ist verglichen mit Baron und Duke schon fast ein Leichtgewicht (2180 Gramm/Paar in Größe L), mit kaum merklich schlechterer Kraftübertragung in der Abfahrt. Mit einem maximalen Z-Wert von 12 ist die Bindung allerdings auf weniger harten Einsatz ausgelegt.

Marker Duke/Baron EPF: Aufstieg * Abfahrt **** Handling **

Marker Tour EPF: Aufstieg ** Abfahrt **** Handling ***

Weitere Infos zur Duke auf der Webseite des Herstellers…

Weitere Infos zur Baron auf der Webseite des Herstellers…

Weitere Infos zur Tour F12 auf der Webseite des Herstellers…

PG-Testbericht der Marker Duke

PG-Testbericht der Tour F 12

Salomon Guardian

Vor nicht allzu langer Zeit folgte Salomon Marker nach und brachte mit der Guardian ein ernstzunehmendes Modell für alle Freerider heraus. Sowohl das Design als auch die Werte erinnern ziemlich an die Marker Duke, die Guardian ist aber die schwerste der hier vorgestellten Bindungen (2990 Gramm pro Paar), hat dafür aber die niedrigste Standhöhe aller Rahmenbindungen und auch die Kraftübertragung während der Abfahrt kann sich erwartungsgemäß sehen lassen. Leider wird die Guardian aufgrund der fehlenden Gleitplatte am Vorderbacken und dessen geringen Verstellbereichs nur für Alpinsohlen und die Salomon-eigenen WTR-Sohlen empfohlen, nicht für Tourensohlen. Zudem hat die Guardian konstruktionsbedingt keine flache Steighilfe, die Ferse ist immer etwas höher, was bei längerem Gehen im Flachen durchaus unangenehm sein kann. Ähnlich wie bei der Marker Duke ist das umschalten der Steighilfen und das aktivieren des Gehmodus alles andere als komfortabel.

Aufstieg * Abfahrt **** Handling **

Die Salomon Guardian ist auch unter dem Namen „Tracker“ bei Atomic erhältlich, zudem gibt es auch eine Guardian 13, welche bis auf ein paar Gramm und den niedrigeren Auslösewert identisch ist.

Weitere Infos auf der Webseite des Herstellers…

Die Salomon Guardian im PG-Langzeittest

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Tyrolia AAAdrenalin

Auch die Tyrolia AAAdrenalin ähnelt vom Prinzip der Marker Duke und der Salomon Guardian. Der hinter dem Fersenautomat angebrachte Mechanismus zum Umschalten zwischen Geh- und Skimodus ermöglicht das Umschalten ohne den Schuh aus der Bindung nehmen zu müssen, allerdings wirkt die Bindung dadurch sehr lang. In der Praxis ist das dank der integrierten Freeflex-Technologie aber eigentlich nicht relevant. Im Vergleich mit der Konkurrenz ist die AAAdrenalin die leichteste, aber auch am wenigsten verbreitete der Rahmenbindungen mit Z-Wert bis 16.

Aufstieg ** Abfahrt *** Handling ****

Weitere Infos auf der Webseite des Herstellers…

Pin 2.0 Bindungen

ATK Free Raider

Die kleine italienische Firma ATK ist eigentlich vor allem durch ultraleichte Bindungen für Skitouren-Rennen bekannt. Mit der Free Raider 14 ist allerdings seit zwei Saisons auch ein Modell im Programm, welches sich klar an Freerider richtet. Die Bindung ist die „klassischste“ der hier vorstellten Pin-Bindungen, sie entscheidet sich von den althergebrachten Dynafit TLTs im großen und ganzen nur durch den Hohen Z-Wert. Elastizität am Vorderbacken sucht man allerdings ebenso vergeblich wie ein Längenausgleich des Hinterbackens.

Trotzdem funktioniert die Bindung zuverlässig (auch die ungewohnt am Vorderbacken angebrachten Stopper) und ist mit nur 350 Gramm eine/die leichteste unter den hier vorgestellten Bindungen.

Aufstieg ***** Abfahrt **** Handling *

Weitere Infos zur Free Raider auf der Webseite des Herstellers…

Dynafit Beast 14, Beast 16

Seit der Saison 2013/14 auf dem Markt, hat sich die Dynafit Beast 16 bereits eine Fangemeinde erarbeitet. Die Bindung bietet eine tolle Abfahrtsperformance und die restlichen Vorteile einer Pin-Bindung und ist auch für aggressive Fahrweise und höhere Drops geeignet. Zusätzlich ermöglicht der Hinterbacken einen Längenausgleich der Skibiegung und ermöglicht so eine zuverlässigere Auslösung Allerdings ist sie mit 1880 Gramm (pro Paar) auch die schwerste Pin-Bindung. Dazu kommt der hohe Preis, das etwas hakelige Umstellen von Aufstieg auf Abfahrt und die Tatsache, dass man ohne flache Steighilfe auskommen muss.

Die Beast 14 unterscheidet sich durch den etwas niedrigeren maximalen Auslösewert und den Vorderbacken von der Beast 16. Dadurch kann etwas Gewicht gespart werden (1590 Gramm/Paar), ohne groß Abfahrtsperformance zu verlieren. Sowohl für die Verwendung der Beast 14 als auch der Beast 16 muss ein spezielles „Insert“ an der Ferse des Schuhs montiert werden, welches der Bindung beiliegt. Das ist schnell erledigt und prinzipiell auch kein Problem, es sei denn man möchte denselben Schuh auch in der Marker Kingpin oder aber Rahmen- und/oder Alpinbindungen verwenden. Probleme gibt es auch bei manchen Schuhmodellen mit Wechselsohlen...

Eigentlich für diese Saison (2014/15) angekündigt, wird es die ebenfalls interessante Radical 2.0 erst zur nächsten Saison auf den Markt schaffen.

Beast 14 Aufstieg *** Abfahrt **** Handling *

Beast 16 Aufstieg *** Abfahrt ***** Handling *

Weitere Infos zur Beast 16 auf der Herstellerwebseite…

Weitere Infos zur Beast 14 auf der Herstellerwebseite…

Die Dynafit Beast 14 im PG-Kurztest

Gear of the Week – Dynafit Beast 16

Diamir Fritschi Vipec

Die Fritschi Vipec unterscheidet sich vor allem dadurch von der Konkurrenz, dass sie eine definierte Auslösung am Vorderbacken ermöglicht – ein echtes Sicherheitsplus. Zudem ist die Bedienung der Bindung recht komfortabel, so ermöglicht sie z. B. das umschalten vom Abfahrts- in den Aufstiegsmodus (und umgekehrt) ohne den Ski ausziehen oder sich bücken zu müssen (können sonst nur einige Rahmenbindungen und die G3 Onyx). Das Ganze gibt’s mit einem Gewicht von unter einem Kilo (940 Gramm ohne Bremsen) pro Paar. Die Vipec lässt sich als einzige Pin-Bindung am Markt im Aufstieg vorne nicht blockieren, was natürlich im Fall einer Lawine von Vorteil sein kann, bei harten Querungen oder ähnlichem aber auch schonmal dazu führt das man einen Ski verliert.

Aufstieg ***** Abfahrt **** Handling ****

Weitere Infos zur Diamir Vipe auf der Herstellerwebseite…

G3 – Ion, Onyx

Zwei ebenfalls recht klassische Pin-Bindungen haben die Kanadier von G3 im Programm. Die Onyx punktet zwar weder mit schickem Äußeren noch mit der sehr plastikbehafteten Konstruktion, hat sich mittlerweile aber als sehr zuverlässig erwiesen. Die vorgespannten Pins am Vorderbacken machen zwar den Einstieg etwas gewöhnungsbedürftig, verhindern aber die Pin 1.0-typischen Fehlauslösungen. Zudem ist die Bindung recht komfortabel zu bedienen, haltbarer als sie aussieht und ermöglicht ein verschieben des Montagepunktes. Mit 1280 Gramm (pro Paar, ohne Stopper) bewegt sie sich Gewichtsmäßig im Mittelfeld.

Die neue Ion ist minimal leichter (1170 Gramm inkl. Stopper) und verfügt über einen klassisch anmutenden Vorderbacken, welcher im Vergleich zur althergebrachten Form der Dynafit TLTs nur ein wenig optimiert wurde. Der Hinterbacken ermöglicht über den einstellbaren Anpressdruck allerdings einen Ausgleich der Skibiegung, und ist damit bereits einen Schritt weiter.

Warum G3 allerdings nicht den innovativen Hinterbacken der Ion mit einem Vorderbacken à la Onyx kombiniert hat, wird wohl ein Rätsel bleiben...

ION Aufstieg ***** Abfahrt **** Handling ***

Onyx Aufstieg **** Abfahrt **** Handling **

Weitere Infos zur Onyx auf der Webseite von G3…

Einen ausführlichen PG-Test der Onyx findet ihr hier…

Weitere Infos zur Ion auf der Webseite von G3…

Marker Kingpin

Eine der interessantesten Neuheiten im Bindungsbereich war für diese Saison mit sicherheit die Marker Kingpin, mit der erstmals einer der großen Bindungshersteller eine Pin-Bindung auf den Markt gebracht hat. Anders als bei der Konkurrenz sind hier am Hinterbacken keine Inserts nötig, der Mechanismus gleicht dem einer Alpinbindung und rastet am Schuhrand ein, während vorn ein klassicher Pin-Vorderbacken den Schuh mit dem Ski verbindet. Der Hinterbacken sorgt für Elastizität und hohen Bedienkomfort, der Vorderbacken ist leicht und unkompliziert. Mit ihren 730 Gramm (pro Stück inkl. Stoppern) ist die Kingpin nicht die Leichteste, aber auch nicht die Schwerste unter den hier vorgestellten Pin-Bindungen. Sie besticht durch hohen Komfort und gute Abfahrtsperformance, Langzeiterfahrungen stehen hier allerdings noch aus.

Die Marker Kingpin gibt es in zwei Versionen, einmal mit Auslösewert 5-10 und einmal mit 6-13.

Aufstieg **** Abfahrt **** Handling ****

Weitere Infos zur Kingpin auf der Webseite des Herstellers…

Die KingPin im PG-Kurztest…

Trab TR2

Die TR2 der kleinen italienischen Ski- und Bindungsherstellers Trab hat es nach mehreren Jahren der Entwicklung diese Saison auf den Markt geschafft. Dort konnte sie sich trotz der geringen Auswahl an passenden Schuhen (lediglich 2 Modelle von Scarpa verfügen ab Werk über die notwendingen Spezialinserts, andere Tourenschuhe müssen von zertifizierten Händlern modifiziert werden) schnell etablieren. Auch sie verfügt über eine definierte, einstellbare Auslösung am Vorderbacken, einen Anpressdruck zum Längenausgleich am Hinterbacken und wiegt lediglich 1160 Gramm pro Paar (inkl. Stopper). Die Probleme der Bindung liegen vor allem in der Verfügbarkeit und dem begrenzten Angebot an passenden Schuhen.

Auch die Trab TR2 gibt es in zwei Versionen, einmal mit Auslösewerten zwischen 7 und 13, einmal mit 5 bis 11.

Aufstieg **** Abfahrt **** Handling ****

Weitere Infos zur TR auf der Webseite des Herstellers Trab…

Fazit

Alle Bindungen haben Vor- und Nachteile. Pin-Bindungen sind aktuell „In“, allerdings haben auch Rahmenbindungen noch durchaus eine Daseinsberechtigung, vor allem aufgrund der deutlich besseren Auswahl an Schuhen, sowie der Sicherheitauslösung. Gerade für eine schwerpunktmäßige Nutzung im Skigebiet mit nur gelegentlichen Aufstiegen, oder bei problematischen Füßen sind sie zu empfehlen.

Für lange Touren bei denen (zumindest in einem gewissen Rahmen) das Gewicht und die Aufstiegsperformance eine Rolle spielen, führt an den neuartigen Pinbindungen wohl kaum noch ein Weg vorbei. Sie machen allesamt auch schnellere Fahrweise mit und sind, mit wenigen Einschränkungen, auch voll Action-tauglich!

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