Das Riedbergerhorn – Treffpunkt für Tourengeher aus Nah und Fern
Für Skitourengänger, Freerider und Schneeschuhgänger ist das Riedberger Horn dank der Infrastruktur des Skigebietes Grasgehren ein leicht und ungefährlich zu erreichendes Gipfelziel für Jung und Alt. Oft findet man feine Schneebedingungen von Ende Oktober bis Mai in den verschiedenen Expositionen der Hänge des Riedberger Horns. An einem Wochenendtag hört man oft die verschiedenen Dialekte am Gipfel: Tirolerisch, Voralbergisch, Allgäuerisch, Schwäbisch, Münchnerisch, Schweizerisch, in Ausnahmefällen sogar Fremdsprachen wie Englisch, Französisch oder Hochdeutsch.
Somit ist das "Ride-Bürger-Horn" ein Gipfel, an dem sich viele Menschen aus unterschiedlichsten Schichten, Gründen und Regionen der Alpen und Europa im Winter treffen.
Die Skitrainingsgruppen des britischen Militärs, die deutschfranzösischen Jugendgruppen des DAV, die verschiedenen Allgäuer Bergschulen mit Skitouren- und Schneeschuhgängern, Bergfreunde aus Österreich, der Schweiz, des Schwarzwaldes und des Schwabenlandes kommen hierher, um den Gipfel zu besteigen und die alpenweit fast einzigartige Fernsicht von der Zugspitze über die Parseierspitze bis hin zum Säntis zu geniessen. Dazwischen findet man natürlich auch eine große Anzahl von Allgäulocals aus der Skitourengänger- und Freerideszene.
Der Grund für die Beliebtheit des Riedberger Horns ist die leichte Erreichbarkeit mit dem Auto und die relativ lawinensicheren, kurzen Aufstiegsmöglichkeiten über die beiden Grate vom Skigebiet Grasgehren aus. Je nach dem von wo man startet, muss man zwischen 45 Minuten und 2. 30 Stunden aufsteigen, um das Gipfelglück zu geniessen.
Die Hänge sind bis zu 39 Grad steil und bieten in allen Himmelsrichtungen für jedes Können unpräparierte Runs, wie etwa den steilen Osthang Richtung Bolgenalpe. Man muss schon ein etwas lawinenkundliches Wissen haben, um eine gute Entscheidung über die Befahrung nach einem Neuschneefall zu treffen. Wer das Restrisiko nicht eingehen will, der hat jedoch genügend Alternativen.
Auswirkungen der geplanten Skischaukel
Der neue Lift soll von zwei Seiten bis kurz unter den Gipfel hinauf gebaut werden. Die Gehzeit verkürzt sich so auf 10 Minuten. Damit ist es mit dem Gipfelglück leider vorbei. Die Südwestexposition der geplanten Abfahrt nach Balderschwang wird wohl in den Zeiten der Klimaveränderung meistens beschneit werden müssen. Die Meereshöhe dieser neuen Skipiste liegt zwischen 1700 und 1050 Metern. Die Abfahrt geht durch ein amtliches Wildschutzgebiet. Der Verbindungslift von Balderschwang nach Grasgehren läuft entlang eines Tourenaufstieges von Balderschwang, der auch eine beliebte Touren- und Freerideabfahrt darstellt.
Mit dem Verringern des Gipfelanstieges auf 10 Minuten durch die neuen Liftanlagen werden die verschiedenen Hänge des Riedbergerhorns nach einem halben Tag verspurt sein. Der Effekt, dass liftnahe Hänge im Allgäu oft in wenigen Stunden nach einem Neuschneefall zerpflügt sind, ist hinreichend bekannt. Die Frequentierung durch Variantenfahrer wird stark zunehmen. Viele dieser pistennahen Variantenfahrer können keine Karten lesen und werden die Schutzgebiete befahren, die von Freeridern und Tourengängern bisher gemieden wurden.
Die Frage ist, ob sich Balderschwang als Wintersportgemeinde einen Gefallen damit tut, durch den Verbindungslift noch mehr Tagesgäste ins Tal zu holen. Die durchschnittliche Verweildauer der Wintergäste ist im Allgäu anscheinend schon auf 3-4 Tage gesunken. Die längerbleibenden Urlauber sind auf der Suche nach relativer Ruhe und Natur. Diese winterliche Ruhe und Natur wird durch einen weiteren Zugang mittels der Skischaukel ins Tal noch schwieriger aufrecht zu halten sein. Die vielen Tagesgäste, die jetzt wochenends das Tal überfluten, machen Balderschwang zu einem Kurzurlauberziel höchsten Ranges.
Die Riedbergpasstrasse würde eine einfache Möglichkeit darstellen, Skifahrer, die unter Tags einen Gebietswechsel von Grasgehren vornehmen wollen, mit einem regelmässigen Shuttlebus nach Balderschwang zu bringen und wieder zurück. Dieser höchste Pass Deutschlands existiert seit 1962. Mit einem regelmässigen Busshuttle wäre die Schutzzone C und das amtliche Wildschutzgebiet nicht betroffen. Auch müsste man diese nicht beschneien, wie die neue südwestseitige Piste.
Unterschätzen sollten die Entscheider nicht, dass sich viele brave, bergsteigende Bürger in Bayern nun „veräppelt“ vorkommen. Die Bergsteiger, Touren- und Schneeschuhgänger sowie die Freerider haben sich jahrelang an die verschiedenen Schutzgebiete gehalten. Nun wachen sie mit der Erkenntnis auf, dass die Einschränkungen für den einzelnen Bürger gelten, aber nicht für Lobbyisten der Tourismusbranche und ihre Spezis der bayrischen Traditionspartei.
Um die Natur nicht überzustrapazieren hat wohl bisher jeder gerne die Einschränkungen in Kauf genommen. Die bayrische Landtagswahl steht vor der Türe und die Enttäuschung vieler naturbegeisterter Menschen in Bayern über diese Entscheidung ist im Moment mehr als präsent.