Norwegen ist schon lange kein Geheimtipp mehr – zumindest für Frühjahrsskitouren. Dafür reisen Mitteleuropäer schon seit Jahren in den Norden. Meist sind diese Reisen so spät im Winter, dass in den Alpen schon die ersten Blumen blühen. Wagt man sich schon etwas früher in den Norden, dann kann man das Freeride-Potential der dortigen Berge noch voll auskosten. Früher heißt in Norwegen aber durchaus auch mal im April. Wir haben das kleine, aber aufstrebende Freeride-Gebiet in Sogndal besucht und waren in und um Strandafjellet unterwegs. Und das alles bei feinstem April-Powder!
In den Alpen stöhnen viele Locals über die zahlreichen skandinavischen Freerider, die in vielen Wintersportgebieten mittlerweile genauso dazu gehören wie der Anpfiff zum Fußballspiel. Wenn aber soviele Skandinavier gar nicht in Skandinavien sind, heißt das folglich, dass nicht mehr so viele Skandinavier in ihren Homeresorts in Norwegen und Schweden sein können. Und da das auch der Fall ist, kann man sich ja auch ein bisschen drüber freuen. Natürlich sind diese Gebiete nicht mit Engelberg, Andermatt oder La Grave vergleichbar, aber man hat weitestgehend seine Ruhe, so wie man es in Alpen noch in kleinen Familienskigebieten findet.
Freeriden in Norwegen heißt immer ein bisschen mehr Touren als in den Alpen. Richtig große Gebiete fehlen, aber Gelände und Schneeverhältnisse entschädigen dafür umso mehr. Und innovative Konzepte, die das Gebiet vergrößern ohne gleich wieder einen Lift zu bauen und den nächsten Gipfel zu erschließen, überzeugen ebenso und mit einem angepassten Anspruch lässt es sich als Freerider schon sehr gut aushalten im hohen Norden. Wer nach Norwegen zum Powdern geht, sollte einen dicken Pelz wegen des anhaltend schlechten Wetters und ein paar Ohrenstöpsel mitbringen. Letzteres ist besonders empfehlenswert, da die Nähe zum Fjord an manchen Orten jede Menge Möwen zum Sonnenaufgang schreien lässt. Und Fjorde bestimmen bekanntlich das Landschaftsbild in Norwegen...
Sogndal – Eine Stadt mit fast 65% Studenten und einer erstaunlich hohen Anzahl breiter Ski
Ein kleines Fischerdorf am längsten und tiefsten Fjord Norwegens (und damit auch Europas) und die Berge beginnen direkt hinter dem Haus – man kann sich die Lage nicht idyllischer vorstellen. Der Fjord ist stattliche 200 Kilometer lang und an der tiefsten Stelle über 1.3 Kilometer tief. Im Westen beginnt er knapp 80 Kilometer nördlich von Bergen und verästelt auf dem Weg ins Landesinnere in viele kleinere Fjorde. An einem von diesen nach ca. zwei Dritteln wohnen knapp 7000 Einwohner in dem kleinen, ehemaligen Fischerdorf von Sogndal. Für norwegische Verhältnisse handelt es sich dabei schon um eine Stadt. Mittlerweile ist diese eher bekannt für seinen Reichtum an Sportmöglichkeiten unter freiem Himmel – an der lokalen Universität (wie auch an mehreren anderen Einrichtungen in Norwegen) kann man ‚Friluftsliv’ (Natursport) sogar studieren. Und dass aus aller Welt Studenten zum Studium gerade hierher kommen, hat einen Grund: Der Platz ist perfekt gewählt, denn Draußen sein gehört hier einfach zum Leben. Kein Wunder, denn es gibt ja auch viel mehr Natur als urbane Anziehungspunkte.
Knapp zwölf Kilometer entfernt von der Stadt liegt das Sogndal Skisenter. Es mutet mit seinen zwei alten Tellerliften wie ein Relikt aus den Anfängen des Skisports an, aber es hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Freeride-Zentren in Norwegen entwickelt. Allerdings hat das nicht dazu geführt, dass das das Gebiet seinen Charme verloren hat. Seit ein paar Jahren wird zwar überlegt, ob man das Skigebiet im Familienbestitz um eine große Gondel erweitert, aber Entscheidungen sind zum Glück noch nicht gefallen. Das Gebiet, welches dann erschlossen werden könnte, ist bis jetzt ein populäres Tourengebiet und erstaunlicherweise findet man dort, wo die Tourenausrüstung als fester Bestandteil zur Freerideausstattung gehört, noch allerhand Abfahrtsmöglichkeiten. Freeride-Touren von der Bergstation aus, machen aber jetzt schon einen Großteil seines Potentials aus.
Bekannt geworden ist das Freeriden in Sogndal aber vor allem wegen der reichlich vorhandenen Studenten und den überaus üppigen Schneefällen während der kompletten Wintersaison. Zwölf Meter akkumulierter Schneefall sind hier keine Seltenheit. Nicht verwunderlich, dass die Anzahl an breiten Skiern im Verhältnis zu normalen Breiten erstaunlich hoch ist – ich hab vermutlich noch nie so viele Freeride-Latten in einem so kleinen Skigebiet gesehen. Ein weiterer Grund ist sicherlich der Powder-Bus, der die Abfahrer an verschiedenen Punkten der Nationalstraße 5 einsammelt und wieder zurück in das Skigebiet bringt. Alleine damit konnte das Einzugsgebiet für Varianten vor ein paar Jahren enorm erweitert werden, aber man muss nach einem weiteren Starkschneefall schon mal damit rechnen, dass man in einer lagen Schlange für einen Platz im Bus warten muss. Aber aus der Ruhe bringen lassen sich die Norweger deswegen noch lange nicht! Freeriden in Sogndal ist und bleibt entspannt und wer möglichst viele Abfahrtshöhenmeter an einem Tag sammeln möchte, sollte lieber mit den restlichen Skandinaviern nach Engelberg und Andermatt pilgern...
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Information
Sogndal Skisenter (alles auf norwegisch)
Beste Jahreszeit: Januar bis April
Unterkünfte in Sogndal: Kjørnes Camping, LÆGREID HOTELL Quality Hotel Sogndal
Tourismus: Fjord Norway Visit Norway
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