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Abenteuer & Reisen

Story | Mit dem Kajak durch Helgeland

Gletscher, Fjorde, Sandstrand in Norwegen

von Rcci Helfricht 05.06.2016
Wer im Winter die ungezähmte Natur in Form von Freeriden und Skitouren genießt, für den bietet das Kajak eine naheliegende Sommerbeschäftigung. Schließlich dreht sich auch hier alles ums Wasser und es gibt eine „free" Version auf dem Wildwasser, sowie die Tourenvariante auf Fluss, See oder Meer. Unsere Autoren Ricci und Kay waren im Sommer 2015 mit Zelt, Kajak und Angelrute im Norwegischen Helgeland unterwegs.

Tourenpaddeln verbindet das Erlebnis von Freiheit und die Unberührtheit verschiedenster Küstenregionen mit der Kraft und Ernsthaftigkeit des Wassers. Je nach klimatischen und topographischen Voraussetzungen tut sich dabei bereits in Europa ein großes Spielfeld zwischen dem warmen Wasser des Mittelmeeres und den Küstenabschnitten und Fjorden in den relativ kühlen Gewässern Skandinaviens auf. Der hohe Norden punktet mit Einsamkeit und einzigartigen Felslandschaften im Licht der Mitternachtssonne.

Eine besonders reizvolle Region für Fahrten mit dem Seekajak in Norwegen ist Helgeland. Auf Höhe des Polarkreises gelegen, wartet diese Region mit zahllosen, der steilen Gebirgsküste vorgelagerten, Inseln auf. Die Vielfalt ist groß: von kleinen Schären bis hin zu Bergrücken, die sich bis über 900 Meter aus dem Meer erheben. Zu ihren Füßen findet man oft karibisch anmutende Strände aus weißem Sand. In das teilweise vergletscherte Küstengebirge schneiden sich malerische Fjorde. Die Eiskappe des Svartisen thront stets am Horizont.

Den Start unserer Tour bildete eine kurze Google Recherche: „Kayak Norway". Mit nur wenigen Klicks sind wir auch schon bei Magne Johan Steiro (Hav & Fritid) in Nesna gelandet. Ein Glücksgriff – umfangreiches und erstklassiges Equipment zu fairen Preisen. Neben Einführungskursen und geführten Touren kann man, ausreichend Erfahrung vorausgesetzt, die Region auch auf eigene Faust mit dem Kajak erkunden.

Mit dem Flieger erreichen wir Oslo und weiter geht es mit dem Zug. Malerisch windet sich die Bahnstrecke durch Fjell- und Flusslandschaft Mittelnorwegens. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Trondheim fahren wir mit der Nordland-Bahn durch die helle Polarnacht bis Mo i Rana. Von hier aus besteht eine Busverbindung nach Nesna. Bei zeitiger Ankunft nach langer Reise in Mo empfiehlt sich das umfangreiche Frühstücksbuffet im stilvoll eingerichteten Scandic Hotel. Die Busfahrt erreicht ihren Höhepunkt kurz vor Nesna. Von der 300m über dem Fjord gelegenen Straße eröffnet sich der weite Blick über die steile Küste und zahlreiche Inselberge.

Einen herzliche Empfang am Havblikk Camping bereitet uns Nina. Neben dem sauberen Camping samt Meerblick ist das kleine Lokal „Ninas Lavvo" ihr ganzer Stolz. Nur über den bisherigen, sehr regenreichen Sommer darf man sie nicht fragen. Von den Hurtigrouten geweckt, treffen wir uns am nächsten Vormittag mit Magne. Nach Empfang sämtlichen Materials, was man in diesen Gewässern benötigt, beladen wir das 2er-Kajak und kommen auf dem Weg zum nicht weit entfernten Hafen schon mal ins Schwitzen. Von hier aus geht einmal täglich die Schnellfähre (Hurtigbåt) jeweils nach Süden (Sandnessjøen) und Norden (Bodø) und mehrmals täglich die Verbindungsfähren zu den nahegelegenen Inseln.

Unser erstes Ziel ist Tomma. Wir wählen aufgrund der vorangeschrittenen Stunde für die Überfahrt die Fähre. Während wir die Insel dann per Kajak am südseitigen Ufer umfahren wird es auch zunehmend sonniger. Zuerst geht es malerisch zwischen kleinen Schären hindurch, bevor der Blick frei wird hinaus auf das Meer mit der charakteristischen Kulisse der Inseln Træna und Lovund. Aber auch Tomma besitzt auf seiner westlichen Seite wahrlich märchenhafte Felsformationen – sowie eine vorgelagerte Insel samt Sandstrand. Hier stellen wir auch unser Zelt auf, grillen den unterwegs noch gefangenen Kabeljau und genießen das ganz große Panorama-Kino bei Sonnenuntergang.

Dem Wetterbericht folgend geht es am kommenden Tag aber erstmal wieder zurück zum „Basislager" Havblikk in Nesna. Bereits am Nachmittag erreichen starke Regenschauer die Region. Das Selbstversorgerhäuschen am Camping bietet aber genügend Platz für trockenes Kochen, gemütliches Dinieren sowie interessante Bekanntschaften. Den folgenden, windigen und verregneten Tag nutzen wir für letzte Einkäufe im Supermarkt und Materialschau für die kommenden Tage.

Dann geht es zeitig los... macht aber nichts – ist ja schon lange hell. Um 7:30 Uhr legt das Schnellboot in Richtung Bodø ab. Das gut beladene Kajak wird mittels Lastkran auf das Oberdeck gehievt. Wir sitzen bei dem immer noch unbeständigen Wetter doch lieber unter Deck. 2 Stunden Fahrt bringen uns über den Polarkreis bis nach Grønøy, wo wir die Fähre verlassen und am nahegelegenen Strand wassern. Zuerst geht es stets durch Inseln geschützt Richtung Süden, bevor wir am Bjærangfjord das offene Meer queren müssen. Das ist bei dem moderaten Wellengang aber kein Problem und ein kleiner Durchschlupf bei Halsa erspart uns die Umrundung der (Halb)Insel Esøya. Nach einer kurzen Stärkung paddeln wir in den Holandsfjorden geradewegs zu auf den weithin sichtbaren Engabreen, einen wilden Auslassgletscher der zweitgrößten Inlandsvereisung Norwegens - dem Svartisen. Südlich der Flusseinmündung finden sich aussichtsreiche Plätzchen am Rand eines mit Pilzen gespickten Birkenwaldes. Das festliche Abendmahl wird wiederum durch den selbstgefangen Fisch abgerundet.

Am folgenden Tag wechseln wir Neopren gegen Trekkingschuhe und starten zum 1073m hoch gelegenen Tåkeheimen. Auf dem Weg zur der Hütte und von dieser selbst eröffnen sich grandiose Ausblicke auf die blaue Gletscherzunge des Engabreen, den See Engabrevatnet und den Holandsfjorden. Geht man noch etwas über die Hütte hinaus, so kann man das große Plateau des Svartisen einsehen. Auch eine Besteigung des Helgelandsbukken (1454m) ist denkbar. Diese ließen wir aber aufgrund der Schneelage aus.

Rückenwind begleitet uns am nächsten Tag aus dem Fjord und am südlichen Ufer des Skarsfjorden entlang bis zum westlichsten Punkt der Landzunge. Hier lässt der auffrischende Südost-Wind die Wellen bereits schäumen, so dass wir für die rund 5km Überfahrt zur Insel Rødøya wiederum das abendliche Schnellboot von Vågaholmen aus nutzen. Im fahlen Abendlicht suchen wir noch einen Fisch sowie einen windgeschützten Platz zum Zelten – ersteres findet sich schneller, zweiteres auch bald auf einer der unzähligen Schären westlich der Insel.

Am nächsten Morgen setzen wir kurz über zu den Sandbuchten unter den senkrecht abfallenden Felswänden des 443 Meter hohen Rødøyløva. Nach erneutem Zeltaufbau genießen wir die Sonnenstrahlen bis in den späten Nachmittag und wagen uns bei Temperaturen deutlich über 20 Grad auch mal in das türkisfarbene Wasser. Am Abend steht die Besteigung des höchsten Punktes der Insel an, von wo aus man ein unglaubliches Panorama über der Inselwelt Helgelands im Süden und Westen, auf das Svartisen im Osten, und bis zu den Lofoten im Norden bewundern kann. Am Strand des Storsanden findet sich dann sogar noch eine erfrischende Duschmöglichkeit.

Der nächste Tag führt uns mit einigen längeren Passagen über offenes Wasser zur Insel Hestmonna. Auf halber Strecke kurz vor Gyerøy entdecken wir auf einer schmalen Schäre eine Freiluft-Badinstallation, welche wohl die Gemüter der Hurtigroutengäste erheitern soll. An der Nordwestecke von Hestmonna finden sich wieder grüne Wiesen samt Sandstrand, die zum Übernachten einladen. Weiter geht's am Westufer der Insel unter dem Hestmonkallen entlang. Wir finden den Durchschlupf zwischen den Inseln Ytterkvarøya und Innkvarøya und folgen dem Graben auch zwischen den Inseln Lurøya und Stigen. Bei strahlendem Sonnenschein, Temperaturen von 25 Grad und türkisfarbenem Wasser, das die spärlich bewachsenen Granitfelsen umspült, fühlt es sich hier schon recht mediterran an.

Wir paddeln noch bis zum Hafen von Onøya. Von hier aus kann man die Tour leicht Richtung Süden oder auf die westlich vorgelagerten Inseln fortsetzen. Wir aber springen auf die Schnellfähre auf und fahren zurück nach Nesna.

Unterm Strich bleiben starke Oberarme, ein straffer Bauch und Erinnerungen an eine Region mit noch sanften Tourismus, an eine einzigartige Landschaft aus gebirgiger Küste, grünen Inseln, türkisfarbenen Meer und traumhafte Sandstrände, Erinnerungen an nette Leute und viel frischen Fisch. Petri Heil!

Allgemeine Infos:

Allgemeines zu Helgeland 
Zeltplatz: Havblikk Camping, Nesna 
Kajakverleih: Hav & Fritid, Magne Johan Steiro, Nesna 
Kartenmaterial: https://www.norgeskart.no/
Busfahrplan
Hurtigbåt Fähre

Angeln: 

Angeln ist in Norwegen auf dem Meer abseits der Süßgewässer generell erlaubt. Einzige Ausnahme ist in unmittelbarer Nähe von großen Flusseinmündungen. Vermehrt gibt es Makrele und Kabeljau (Codfish). Wir hatten eine einfache Reiseangel mit Reservespule, eine Kescher sowie eine kleine Handschaufel für das Finale. Bewährt hat sich die Montage eines Schwimmers, mit dem man je nach Gewässertiefe den maximalen Tauchgang des Köders regulieren kann. Die Größe des Köders bestimmt natürlich die Größe des Fischs, aber auch die Anzahl potentieller Kandidaten. Wir verwendeten recht erfolgreich eine ca. 7cm lange Nirosta-Sardine. Den Köder in leichter Vorwärtsbewegung auslegen und mit gutem Abstand hinter dem Boot herziehen, hin und wieder kontrollieren ob etwas dranhängt, den Fisch ans Boot holen und... Das Ausnehmen des frischen Fisches und das - nicht unbedingt nötige - Filetieren braucht etwas Übung und gelingt besser, je schärfer das Messer.

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