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Bergwissen

Die Quantitative Reduktionsmethode (QRM): Ein erstes Kennenlernen

Gedankenaustausch zum Thema Lawinenprävention am WSL-Institut für Schnee-und Lawinenforschung (SLF).

von Steffen Kruse 11.12.2018
„Ist das für mich verwertbar oder zu technisch?“ - Genau diese Gedanken machte ich mir, als ich vom SLF die Einladung zum Vortrag über skitourenguru.ch und die quantitative Reduktionsmethode (QRM) erhielt. Bisher hatte ich keine Berührungspunkte mit der QRM und auch die Plattform Skitourenguru war mir weitestgehend unbekannt.

An der Veranstaltung nahm ich teil, um Informationen zur QRM aus erster Hand zu bekommen und Fragen dazu stellen zu können. Die Dozierenden waren Günter Schmudlach (kürzlich interviewt vom SchneeGestöber), der Initiator von Skitourenguru.ch und der QRM, und Kurt Winkler, Lawinenwarner am SLF, Bergführer und Autor der Ausbildungshandbücher Bergsport Sommer und Bergsport Winter. Günter hat seinen Job als Software-Entwickler 2012 an den Nagel gehängt und stattdessen begonnen, einen Algorithmus zur Lawinenprävention zu entwickeln. Herausgekommen ist eine Plattform, die Skitouren an Hand des Lawinenbulletins und des Geländes täglich bewertet. Inzwischen sind es in der Schweiz deren 1000. Die erste Version war 2014/15 einsatzbereit und sorgte in Fachkreisen für viel Diskussion. Mittlerweile ist Skitourenguru zur etablierten Plattform angewachsen und wird durch starke Partner unterstützt. Der Schweizer Alpenverein (SAC) empfiehlt die Plattform zur Tourenplanung. Ab diesem Winter basiert die Bewertung von Skitourenguru auf der QRM.

Aber worum geht es jetzt eigentlich?

Ganz einfach gesagt, beruht die QRM auf der maschinellen Auswertung von Daten zu Skitourenrouten und Lawinenunfällen. 48 000 Kilometer GPS-Tracks und 1.469 in der Schweiz registrierte Lawinenunfälle wurden genauer „gescannt“ und ausgewertet. Aus den gewonnen Erkenntnissen wird es möglich, jedem Punkt im Gelände ein Risiko zuzuweisen.

Im Gegensatz zur klassischen grafischen Reduktionmethode (GRM) erlaubt die QRM jedoch die Abschätzung von quantitativen Risiko-Relationen. Das Gelände wird somit nicht einfach nur in Klassen eingeteilt, sondern jedem Punkt wird ein kontinuierliches Risiko zugewiesen. In der Risikokarte wird dies durch Farbübergänge ausgedrückt, hier zu sehen in der Gefahrenkarte.

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Zur Herleitung wurde zuerst für jeden der fast 1500 Lawinenunfällen berechnet, ob sie in typischem Lawinengelände stattfanden (Terrain-Indicator, bestimmt aus einem digitalen Geländemodell) und wie hoch die Lawinengefahr war (Danger-Indicator, bestimmt aus dem Lawinenbulletin vom Vorabend). Anschließend wurde für jeden Punkt der GPS-Skitouren-Tracks ebenfalls der Terrain- und der Danger-Indicator berechnet. Dividiert man die so bestimmten Unfall- und Begehungsdichten durcheinander, ergibt sich das QRM-Lawinenrisiko.

Die QRM ähnelt auf den ersten Blick der Grafischen Reduktionsmethode. Sie zeigt aber, dass das Risiko im roten Bereich extrem stark ansteigt- und dass dieser Bereich alleine anhand von Geländemodell und Lawinenbulletin recht gut vorhergesagt werden kann. So können z.B. 2% der zurückgelegten Strecken 50% der Unfälle zugeordnet werden. Die QRM ist geeignet für maschinelle Anwendungen. Neben der Routenbewertung ermöglicht sie noch viele weitere Anwendungen, wie z.B. die Erstellung von tagesaktuellen Risiko-Karten.

Wer es genauer wissen will, findet hier eine detaillierte Erklärung der QRM: Quantitative Risk Reduction Method (QRM), a data-driven avalanche risk estimator

Ist mir das zu technisch oder doch verwertbar?

Ob die Herleitung für mich jetzt zu technisch und abstrakt ist oder nicht, spielt keine Rolle. Für mich persönlich zählen das verfolgte Ziel und das Ergebnis. Hier geht es ganz klar darum, Wintersportler in ihrer Tourenplanung zu unterstützen. Welche Skitour passt zu den aktuellen Verhältnissen? Diese Frage zu beantworten ist nicht einfach. Jetzt mag ein erfahrener Tourengeher denken: „Das brauche ich nicht, bisher ging es auch ohne. Dieses neumodische Zeug…!“

Aber ist dieses Denken nicht schon der erste große Fehler? Sollten wir nicht alle guten, neuen wie bewährten Optionen nutzen, um uns an einem Tourentag vor überhöhten Risiken zu schützen?

Meiner Ansicht nach ist die QRM ein großer Schritt in die richtige Richtung. Sie ersetzt aber auf keinen Fall die weitere fundierte Planung vor der Tour, ein wachsames Auge während der Tour und ein gesundes Bauchgefühl. Ansonsten spricht meiner Ansicht nach nichts dagegen, komplexes Wissen einfach und schnell für eine gut vorbereitete Skitour anzuwenden.

Oder wie Kurt Winkler es sagt:

Ziel dieser Methode ist es, durch optimale Planung viel Sicherheit bei wenig Verzicht zu erreichen. Oder umgekehrt: mit guter Planung und durch ein gewisses Maß an Verzicht die größtmögliche Sicherheit zu gewinnen..

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