Das Skirennen der Weiße Ring war bis vor wenigen Jahren ein „familiäres Rennen“ auf der gleichnamigen Skirunde durch die Arlberger Skiorte Lech, Zürs und Zug. Und wie damals startet das Rennen am Rüfikopf. In Startergruppen gestaffelt, ging es auch bei der 2014er Ausgabe des Weißen Rings über die herausfordernde Strecke mit ein paar Richtungstoren durch das Arlberger Skigebiet.
Dank der überaus erfolgreichen Arlberger PR-Maschinerie, die in der Vermarktung des Rennens zur Höchstform aufgelaufen ist, wurde aus dem relativ entspannten Rennen eine erbitterte Materialschlacht. Normale Wintersportler werden über Nacht zu Skirennfahrern: Bewaffnet mit 190 bis 220 cm langen Weltcupski und hautengen Rennanzügen gehen sie an den Start. Wohlhabende Arlberggäste „kaufen“ sich ehemaligen Topskirennläufer oder sogar aktive FIS-Rennfahrer als persönliche Gladiatoren ein, um Chancen zu haben, die Teamwertung zu gewinnen und danach eine Riesen-Party steigen zu lassen. Leider bleiben dabei die normalen Gäste von Lech und Zürs immer mehr auf der Strecke.
Der Weiße Ring | Rennreport aus der Teilnehmerperspektive
Um 9 Uhr morgens weht am Renntag ein starker unfreundlicher Wind über den Startbereich und macht einen fairen Start unmöglich. Daher wird der Start um 15 Minuten verschoben – und um 9:15 Uhr gehen die ersten Läufer auf den Kurs. Zum Glück wird der Wind immer schwächer und nach den ersten fünf bis sechs Startergruppen legt er sich fast. Die Rennläufer starten in 20er Gruppen: alle 1:45 Minuten startet ein Pulk von 20 Fahrern, – bis alle 1250 Teilnehmer auf der Strecke sind. Am Einlass zum ersten Block im Startbereich herrscht ziemliches Chaos, weil wir Starter nicht wissen, wann unsere Gruppe starten soll.
Nachdem „mein“ Starschuss gefallen ist, geht es erstmals die 5 Meter auf den Starthügel hinter der Startlinie hinauf. Schon jetzt schlägt mein Puls jenseits von 180. Und dann sofort in die Abfahrtshocke für die nächsten Minuten. Dennoch genieße ich die Fahrt zum Schüttboden-Lift und weiter über den Tripalplift zum Seekopf in Zürs. Mit Schwung geht es hier durchs Drehkreuz, dann elegant an der Einlassschranke vorbei auf den Sessel. Neben mir sitzt Reiner Schönfelder und wir beginnen über den Streckenverlauf zu fachsimpeln. Für mich ist es bereits das fünfte Rennen und ich beantworte meinem Rennfahrerkollegen gerne all seine Fragen zum weiteren Streckenverlauf. Nach dem Madlochlift folgt die gleichnamige Abfahrt, die jedoch in diesem Jahr wegen Schneemangel nicht rennmäßig (also ohne Zeitmessung) befahren wird. Nach der Zugerbergbahn, die uns zurück ins Lecher Skigebiet bringt, beginnen die letzten Minuten des Rennens, die immer die schwersten und gefährlichsten sind. Alle Rennfahrer haben bis jetzt schon einige Kilometer und Höhenmeter in den Beinen und befahren zum Schluss diesen sehr schnellen Streckenabschnitt.
Zwar wurden am Freitag die Richtungstore zur Besichtigung aufgesteckt, aber heute stecken einzelne Tore an ganz anderen Orten, was zu unerwarteten Brems- und Richtungsänderungs-Manövern einiger Teilnehmer und prekären Situation für alle Mitfahrer führt. Heil im Ziel angekommen brennen meine Oberschenkel von den letzten eisigen Schlägen im Zielhang und der Anstrengung während des gut 60 Minuten dauernden Rennens. Mein an sich hoch zufriedenes Gefühl weicht einer gewissen Verärgerung, als ich höre, dass sich die Rennkommentatorin darüber beschwert, dass sie heute noch kein Blut gesehen habe. Sie würde gerne wieder ein paar Blessuren und Blut von gestürzten Teilnehmern sehen! Mangels Blut interviewen die beiden Platzsprecher einen Promi- oder VIP-Teilnehmer nach dem anderen und alle singen Loblieder auf dieses herausfordernde Rennen. Der Lokalmatador Patrick Ortlieb findet sogar, dass das Madloch heute gut in der Wertung hätte sein können. Klar, denn als er – in der ersten Startgruppe gestartet – das Madloch abfuhr, war die Piste in bestem Zustand. Auch ich finde es schade, dass das Madloch nicht Teil des Rennens war, bin aber dennoch froh darüber.
Im Großen und Ganzen ist den Organisatoren und den vielen freiwilligen Helfern, die jedes Jahr ihr Bestes geben, wieder eine sehr gute Veranstaltung gelungen. Dennoch bleibt bei mir ein gewisser Beigeschmack, da einige Probleme Jahr für Jahr zwar angesprochen werden, aber dennoch jedes Jahr erneut wieder auftreten: Beispielsweise finde ich es großartig, mit „echten“ Rennfahrern im Lift zu sitzen und zu fachsimpeln. Dass aber Profis und Normalwintersportler in derselben Rangliste auftauchen, finde ich etwas unglücklich. Wäre es nicht möglich Starter mit FIS-Nummern eine eigene Wertung zu geben? Hierdurch wäre es möglich, dass die restlichen Gäste und Teilnehmer, für die das Rennen ursprünglich organisiert wurde, zu echten vergleichbaren Ergebnissen kämen? Für mich unverständlich ist es, dass der Zielraum jedes Jahr wieder zu klein ist: Fahren mehr als drei oder vier erschöpfte Rennläufer hinein, wird es eng und ungemütlich mit ziemlich viel Körperkontakt. Ein weiteres Manko ist die Zeitmessung, wenn das Madloch nicht rennmäßig befahren wird. Heuer wurde vor dem Rennen an neuralgischen Punkten Asche gestreut, um die Sichtverhältnisse auf der Strecke zu verbessern. Dies half jedoch nur den ersten Läufern, weil der aufgewirbelte Schnee alles zudeckte. Schlussendlich ist der weiße Ring ein Rennen, das als Pubilkumsrennen verkauft wird. Von den Teilnehmern wird verlangt, dass sie das Einschätzungsvermögen eines erfahrenen Rennfahrers haben, auf einer Piste die niemals 1250 Fahrer aushält. Persönlich ziehe ich aber auch den Hut vor allen Läufern, die heuer über eine ruppige Piste fahren mussten, bei flachem Licht, das nur wenig Konturen erkennbar gemacht hat. Es ist jedes Jahr wieder eine Herausforderung für jeden einzelnen Teilnehmer, wobei die meisten froh sind wenn sie gesund im Ziel sind und sich unverletzt sich bei ihren Liebsten zurückmelden können.
Die Gewinner
Ricardo Rädler gewann vor Lukas Herburger und Mathias Gorbach. Vierter wurde der Dominator der letzten drei Jahre Pepi Strobl. Bei den Damen sicherte sich die Lecherin Angelika Kaufmann bereits zum fünften Mal den Sieg. Zweite wurde die aktuelle Rennläuferin Antonia Walch vor Ex-Rennläuferin Katja Wirth.
Offizielles Video