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Schnee von gestern

Extrem und extrem schön liegen manchmal nah beisammen

von Steffen Kruse • 25.01.2018
Des einen Leid ist des anderen Freud, heisst es. So auch beim letzten PowderAlarm, beziehungsweise den Starkschneefällen, die nicht nur die Lawinenwarner beschäftigten, sondern auch den Katastrophenschutz. Die Davoser Abteilung der PowderGuide Redaktion wurde aufgrund der Lawinengefahr evakuiert und musste ihr Haus verlassen. Wie fühlt man sich, wenn sowas passiert? Steffen berichtet:

Was Freud und Leid betrifft, kann ich von meiner Seite nur mitteilen: in meiner Brust schlagen wohl zwei Herzen. Kraft der zwei Herzen also, oder wie man im Falle des unverwüstlichen Trabis auch sagt, "Kraft der zwei Kerzen" - aber das ist ein anderes Thema und hat nur begrenzt mit dem eigentlichen Schneefall zu tun. Mich freut es jedes Mal wie ein Kind, wenn es schneit, auch viel, oder gerne auch sau viel, obwoh das immer auch sau viel Arbeit bedeutet.

Ein mancher mag wohl schon sehr geflucht haben, als er mit seinem Schäufelchen, seiner Schnehexe oder seiner seriösen Schneefräse nicht mehr nach kam, die Haustür freizuhalten. Mir ging es ebenfalls so, wenigstens im Bezug darauf, dass ich irgendwann kapituliert habe und der Natur ihren freien lauf gelassen habe. Schnee hatte bei uns die erste Etage erreicht und die Fenster auf natürliche Art mit weissen Läden verriegelt.

In unserem Fall war es sogar so, dass wir auf Grund der exponierten Lage, bereits vorher das Haus abgedunkelt und die Fensterläden geschlossen hatten. Das Haus, das an diesem schönen Ort einmal stand, hat 1999 das zeitliche gesegnet, beziehungsweise die Lawine von der gegenüberliegenden Seite hat es zerstört. Dieses Wissen beunruhigte mich jetzt noch nicht wahnsinnig. Als dann ein Anruf der Feuerwehr kam, wir sollten jetzt doch bitte schnellst möglichst das Haus verlassen, war das anders. Schnellstmöglich das "Hab und Gut" zusammenraufen, alles was man auf einmal tragen kann, denn das Auto stand schon lange nicht mehr in Hausnähe...

Glücklich kann sich schätzen, wer Freunde hat, deswegen ein extra dicker Dank an alle diejenigen, die uns ein warmes Plätzchen und von Herzen Gastfreundschaft geboten haben, das hat uns freudig berührt. Auch die ganzen Anrufe, "wie geht es euch?", "kann man euch etwas bringen?" haben uns gezeigt, dass es in einem raueren Klima immer helfende Hände hat. Tausend Dank euch allen!

Warum ist das jetzt eigentlich so ein extremes Ereignis? Gut, es hat mehr Schnee als sonst, aber früher war es doch eher normaler, einmal abgeschnitten zu sein, als sich im Hochwinter zu fühlen wie im Frühling... Genauer darf sich hiermit der WetterBlog beschäftigen!

Eventuell wäre es für die Bewohner ja mal wieder gut, näher zusammenzurücken, sich gegenseitig zu helfen, an einem Ort, an dem die Natur eben doch sehr schnell das Zepter übernehmen kann. Warum nicht mal beim Nachbarn die Schneefräse borgen, anstatt ihn wegen dieser zu beneiden und selber mit der kleinen Schaufel vor sich hin zu schippen? Warum dem Nachbar nicht mal Eier, Brot und Bier vorbeibringen, da dieser nicht mehr Einkaufen gehen kann? "Extremsituationen" solcher Art bringen nicht nur zusätzliche Arbeit, über die sich manche lauthals beschweren, sie zeigen uns auch wo die Grenzen sind und was diese bedeuten.

Was ich noch gar nicht erwähnt habe: hier in Davos findet gerade das Weltwirtschaftsforum statt, mit der sogenannten Elite aus Wirtschaft und Politik. Ich möchte darauf nicht näher eingehen, aber dieses Event bedeutet für die Gemeinde immer eine enorme Zusatzbelastung, in der man sich einen Starkschneefall nicht unbedingt wünscht. Die Verantwortlichen von der Gemeinde haben diesmal das Bestmögliche gemacht und sich sehr um die "Stadtrandbewohner" bemüht, uns wurde sogar ein warmes Plätzchen von Gemeindeseite angeboten - hierfür ein Dank. Laufend kamen automatische Anrufe, die wir zu bestätigen hatten, da ansonsten ein gröberes Suchaufgebot angerückt wäre.

Wenn der Sturm sich legt, zeigt sich seine Hinterlassenschaft: Teilweise grosse Lawinenabgänge mit Sachschäden, aber zum Glück keine Personenschäden, Häuser deren Eingänge zu suchen sind, Gemeindearbeiter, die Überstunden hinter ihrem Räumgerät schuften und Strassen, die wieder geöffnet werden. Gehe ich heute aus dem Haus, erinnern mich nur noch meine dicken Schuhe daran, dass es wohl kürzlich ganz schön viel Schnee gab. Aber zum Glück kommt heute mein Nachbar mit der großen Schneefräse und hilft mir, auch diese Spuren zu beseitigen.

PowderGuide hat ja eigentlich mit der lustigen Fortbewegung jeglicher Art im Schnee zu tun, auch hierzu also ein Wort. Sicher sind mir meine Ski mehr als ans Herz beziehungsweise an die Füsse gewachsen, aber beim schlagartigen Verlassen des Hauses mit den wichtigen Dingen (z.B. Pass) sind diese auf Grund der Unhandlichkeit leider im Haus verblieben. Wobei ich mir eigentlich sicher bin, dass ein paar Gleithölzer auf jeden Fall zur Notaustattung gehören. Aber auch hier gilt: wozu hat man in solchen Situationen Nachbarn und Freunde, wenn nicht, um sich ein Paar Ski auszuleihen?

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