Nach ein paar Grundlagen (wie war das nochmal genau mit der stabilen Seitenlage?) auf einer idyllischen Kiesbank an der Isar ist es schnell Zeit für Fallbeispiele. Mit einem freiwilligen „Opfer“ geht Carsten ein paar Schritte in den Wald, um ein Szenario zu besprechen, das wir als Gruppe dann lösen sollen.
Nach fünf Minuten kommt Carsten allein zurück. Verzweifelt ruft er um Hilfe: Ein Unfall! Der Kamerad ist abgestürzt! Wir schauen nach und finden PG-Splitboard Redakteur Patrick in einem steilen Abhang, bewusstlos um einen Baum gewickelt.
Das anfängliche, leichte Befremden über die inszenierte Katastrophe (Patrick ist natürlich nicht wirklich bewusstlos, Carsten nicht wirklich verzweifelt), macht schnell echtem Adrenalin Platz. Wie kriegen wir Patrick hier raus? Es ist steil, der Waldboden ist rutschig, spitze Äste überall. Verdammt! Falls der bewusstlose Patrick aufhört zu atmen, haben wir hier keine Chance, ihn wieder zu beleben! Hauptsache irgendwie auf den Weg, wo er gerade liegen kann!
Wir zerren Patrick zu dritt durchs Gebüsch – einer an den Schultern, zwei an jeweils einem Bein - und wuchten ihn auf den Wanderweg. Kurzer Blick zu Carsten - reicht das? Carsten reagiert nicht. Na gut, weiter: Patrick wird in die stabile Seitenlage gebracht und in eine Rettungsdecke eingewickelt. Den fiktiven Notruf haben wir längst abgesetzt. Was jetzt? Immer wieder die Atmung kontrollieren. Aber eigentlich vor allem warten, dass Hilfe kommt. Carsten reagiert immer noch nicht. So langsam wird’s mühsam. Nochmal die Atmung kontrollieren, beruhigend auf Patrick einreden, obwohl er ja bewusstlos ist. Endlich nickt Carsten: „OK, ihr könnt aufhören. Manöverbesprechung!“
Puh. Obwohl es nur eine Übung war, sind uns einige Dinge bewusst geworden: Die allgemeine Verunsicherung. Die komische Gruppendynamik, bis jemand beschließt, wo es hin geht. Das blöde Gefühl, wenn man dabei mitmacht, obwohl man eigentlich Bedenken hat. Die Hilflosigkeit, wenn man nichts tun kann, außer warten. Carsten fragt, wie es dem „Opfer“ und den Rettern während des Szenarios ging. Er weißt uns auf suboptimale Kommunikation hin, sowie vor allem darauf, dass man bewusstlose Leute, die offensichtlich abgestürzt sind, schonend transportieren sollte. Achja, Mist. Ist doch eigentlich klar!
Lieber etwas langsamer, aber dafür überlegter: Patrick opfert sich geduldig nochmals, legt sich an den gleichen Baum, und wir probieren es ein zweites Mal, diesmal mit einem Biwaksack für den Abtransport. Es dauert ein bisschen länger, bis wir uns einig sind, wie wir ihn da drauf bekommen und dann weiter machen. Aber wir schaffen Patrick auf den Weg, ohne, dass er am Boden schleift und sich durch die unsanfte „Rettung“ noch weitere Verletzungen zu zieht.
Übung bringt Routine
Nach einigen weiteren Notfallszenarien klappt die Gruppenkommunikation dann auch reibungsloser, wir reagieren insgesamt besser und mit mehr Routine. Carsten betont: Gerade bei kritischen Situationen muss einem klar sein, dass man manchmal nichts tun kann, außer auf die Rettung zu warten und dem Opfer gut zuzureden. Letzteres mag sich für die Retter seltsam anfühlen, vor allem wenn das Opfer nicht in der Lage ist, sich normal zu unterhalten. Für das Opfer ist menschliche Zuwendung aber trotzdem sehr wichtig - am besten von einer Person, die sich nur darum kümmert, und nicht von 5 Leuten, die alle gleichzeitig auf das Opfer einreden.
Am Ende das Tages sind wir erschöpft aber zuversichtlich, dass wir besser für Notfälle am Berg gewappnet sind als vorher. Einerseits bezüglich der wiederholten Grundlagen, wie man sie eben in einem Erste-Hilfe Kurs lernt. Aber vor allem, weil wir uns aktiv mit unterschiedlichen Notfallszenarien auseinander gesetzt und gemerkt haben, dass es alles gar nicht so kompliziert ist, wenn man sich an bestimmte Regeln hält.
Outdoor Erste-Hilfe Kurse mit der eigenen Crew können wir sehr empfehlen! Bei den Angeboten von Dani Hornsteiner (und Carsten) kann man auch gezielt Wünsche äußern und genau die Dinge durchgehen, die für die eigenen Aktivitäten am Berg besonders wichtig sind.