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Alpinforum | Wie verändern sich unsere Alpen durch den Klimawandel

Im Rahmen der Alpinmesse organisiert das ÖKAS jedes Jahr die Fachtagung „Alpinforum“. Es wurden spannende Vorträge rund um das Thema alpiner Sicherheit geboten

von Johanna Korte • 26.11.2024
Das Alpinforum war in drei Themenblöcke aufgeteilt, wobei wir uns vorrangig für Themenblock eins und zwei interessiert haben: "Was hat sich in den Bergen verändert?" & "Bergprofis: Konsequenzen im Berufsalltag und in der Ausbildung?". Darüber hinaus haben wir die analyse:berg Ausgaben ergattert und wollen hier einen kurzen Überblick von ausgewählten Inhalten geben.

Themenblock 1: “Was hat sich in den Bergen verändert?”

Der erste Themenblock dreht sich darum, was sich in den Bergen verändert und vor welche Herausforderungen uns das stellt. Besucht haben wir dabei zwei Vorträge. Im Ersten „Klimatische Veränderungen im Alpenraum – Auswirkungen im Gebirge?“ von Alexander Radlherr, Meteorologe bei GeoSphere. Hier erfahren wir mehr über die klimatischen Veränderungen. Sie analysieren die Veränderungen von Niederschlag und Temperatur mit dem Ziel Trends zu identifizieren und Prognosen zu geben. Die Kernbotschaft aus seinem Vortrag verwundert mich und vermutlich auch alle anderen, die sich mit dem Thema schon mal beschäftigt haben, nicht. Denn der Klimawandel hat weitreichende Auswirkungen auf die Alpenregion, insbesondere auf Temperatur und Niederschlag. Prognosen zeigen einen deutlichen Anstieg der Durchschnittstemperaturen um 2 bis 5°C bis zum Jahr 2100, abhängig vom jeweiligen Emissionsszenario. Diese Erwärmung fällt in den Alpen stärker aus als im globalen Durchschnitt, da Bergregionen von einer sogenannten „Elevation Amplification“ betroffen sind. Besonders im Sommer wird eine intensivere Erwärmung erwartet, was zu häufigeren und extremeren Hitzewellen führen könnte. Im Winter ist der Temperaturanstieg zwar geringer, dennoch wird die Schneefallgrenze in den folgenden Jahren immer weiter ansteigen.

Die Niederschlagsmuster in den Alpen ändern sich ebenfalls. Generell erwartet man mehr Niederschlag im Winter, was in hohen Lagen auch zu mehr Schnee führen kann, durch die Erwärmung kann dieser Schnee aber auch schnell zu Regen werden. Aufgrund des Anstiegs der Schneefallgrenze ist also nicht damit zu rechnen, dass die Winterbedingungen besser werden. Während also im Winter ein leichter Anstieg der Niederschlagsmengen prognostiziert wird – vor allem in Form von Regen statt Schnee – nehmen die leichten und mittleren Niederschläge im Sommer ab. Dafür kommt es häufiger zu starken und extrem starken Niederschlägen, Unwettern und Gewittern. Gleichzeitig steigt durch die abnehmenden Sommerniederschläge das Risiko von Dürren und Trockenperioden, insbesondere in tieferen Lagen.

Doch was heißt das jetzt für unseren geliebten Wintersport? In Höhen unter 1.500 Metern wird künftig häufig zu wenig Schnee liegen, um traditionelle Skigebiete wirtschaftlich betreiben zu können. Wer Touren gehen will, muss diese künftig in immer höheren Lagen starten, da die Schneefallgrenze weiter ansteigt. Die Skisaison beginnt später und endet früher, da Schneefall seltener wird und der Schnee schneller schmilzt. Gleichzeitig nimmt der Anteil an Regenfällen im Winter zu, was eine vorhandene Schneedecke reduziert. Skigebiete in tieferen Lagen sind bereits heute stark vom künstlichen Beschneien abhängig, was mit steigenden Temperaturen und Wasserknappheit noch schwieriger wird.

Zusammengefasst führen der Temperaturanstieg und die Veränderungen der Niederschlagsmuster zu großen Herausforderungen für die Alpen. Dazu zählen der Rückgang der Schneedecke, der Gletscherschwund, Veränderungen der Wasserversorgung, ein höheres Risiko für Naturgefahren sowie Auswirkungen auf die Biodiversität.

Der zweite Vortrag, den wir uns angeschaut haben, war von Bergführer Gerhard Mössmer zum Thema „Berge im Wandel – bekannte Routen sind weg, beliebte Anstiege werden schwieriger. Und was jetzt?“. Er erzählt von sich verändernden Routen und daraus resultierenden Risiken für BergsportlerInnen. Er stellt sich die Frage, ob Bergsport immer gefährlicher wird und beantwortet dies mit einem “Jain”. Ja, bekannte Routen werden gefährlicher durch Wegfall von Passagen, Übergängen und tauendem Permafrost (und daraus resultierenden Steinschlaggefahren) und, nein, Routen können auch sicherer werden, wenn diese nicht mehr über Gletscher führen und somit die Gefahr in eine Spalte zu stürzen wegfällt.

Doch wie gehen wir mit den Veränderungen um?
Die Frage beantwortet er mit drei Faktoren, die wir beachten müssen: Gelände, Verhältnisse, Mensch.

Der Gletscherrückgang und das Auflösen des Permafrosts stellen neben der Vegetationsveränderung die größten merkbaren Veränderungen für das Gelände dar. Gletscherbäche führen z.B. mehr Wasser und sind schon am Vormittag nicht mehr passierbar. Übergänge, die früher problemlos über Gletscher überwunden werden konnten, erfordern heute häufig ein Abseilen. Passagen sind zunehmend von Steinschlägen betroffen, und Karten verlieren durch die rasanten Veränderungen schnell an Aktualität. Gleichzeitig kann die Infrastruktur, insbesondere die Bergwege, mit den sich wandelnden Bedingungen kaum Schritt halten.

Doch wie geht man damit um? Die Antwort lautet: Anpassung. Eine sorgfältigere Planung wird unverzichtbar, mit möglicherweise neuen, sicherer erreichbaren Gipfeln als Ziel sowie einem durchdachten Zeitmanagement. Man muss sich bewusst sein, dass Touren eventuell heutzutage zu einer anderen Tages- oder Jahreszeit zu gehen sind und dass man mit abweichenden Bedingungen kalkulieren muss. Besonders die intensivere Sonneneinstrahlung, die heute deutlich spürbar ist, darf nicht unterschätzt werden. Gleichzeitig erfordern die veränderten Bedingungen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von den Menschen selbst. Neue Routen stellen andere und oft höhere Anforderungen an das Know-how, die Gruppengröße muss entsprechend angepasst werden, und auch die Dynamik innerhalb der Gruppe spielt eine größere Rolle.

Diese Entwicklungen machen ein hohes MaĂź an Wissen und grĂĽndlicher Vorbereitung unverzichtbar.

Themenblock 2: “Bergprofis: Konsequenzen im Berufsalltag und in der Ausbildung?”

Dieser Themenblock knüpft direkt an den vorherigen an und behandelt die Auswirkungen der Veränderungen in den Bergen auf den Bergsport an sich. Im zweiten oben ausgeführten Vortrag werden Anpassungen durch die BergsportlerInnen schon angesprochen, jedoch noch nicht vollständig ausgeführt. Besondere Aufmerksamkeit wird bei den Ausführung in diesem Themenblock auf die BergführerInnen und BergretterInnen gelegt, also die Bergprofis.

Wir haben uns den Vortrag “Alpinunfälle bei geführten Touren. Eine (Daten-) Analyse zwischen grober Fahrlässigkeit und schicksalhaftem Restrisiko” von Walter Würtl für euch angehört. Um euch nicht mit weiteren Zahlen und Statistiken zu langweilen, hier nur ein sehr kurzer Teaser zu den Inhalten dieses Vortrags:

Es ist allgemein bekannt, dass Bergprofis sich einem erhöhten Risiko aussetzen, allein durch die Tatsache, dass sie einen so großen Teil ihrer Zeit am Berg sind. Natürlich bieten die Ausbildung und das Wissen einen gewissen Schutz, aber ein Restrisiko ist nicht auszuschließen. Der Vortrag zeigt eindrucksvolle Statistiken in Bezug auf Bergsicherheit und Gefahrenanalysen bei geführten Touren auf. Wenn ihr mehr erfahren wollt und euch die Statistiken wirklich interessieren, hier findet ihr, was ihr sucht.

Die Podiumsdiskussion über die “Konsequenzen für BergführerInnen in der Praxis und in der Ausbildung” war besonders interessant da er mir noch einmal vor Augen geführt hat, wie viel Arbeit und Wissen in den Beruf als BerführerIn fließt. Auch bei diesem Vortrag wurde auf die vorher angesprochenen Veränderungen in der Bergwelt angespielt und auf die resultierenden Herausforderungen für BergführerInnen eingegangen. Insbesondere die Tatsache, dass sich die Bergwelt so schnell verändert hat in den letzten Jahren großen Einfluss auf die Arbeit und Ausbildung von BergführerInnen gehabt.

Das Berufsfeld ist alleine dadurch stetig im Wandel, dass sich das Equipment weiterentwickelt und Neuerungen dazukommen. Diese Veränderungen fließen natürlich auch in die Berufsausbildung ein, damit die BergführerInnen immer auf dem neusten Wissensstand sind und sich optimal ausgerüstet im Gelände bewegen können. Darüber hinaus werden Anpassungen vorgenommen um den neuen Herausforderungen am Berg, welche durch das wandelnde Klima bedingt sind, gewachsen zu sein und das Restrisiko so gering wie möglich zu halten. Zu diesen Anpassungen gehören verschieden Rettungstechniken und eine Sensibilisierung für die Veränderungen in den Bergen. Zum Beispiel, wird explizit auf die Auswirkungen von Hitze und Sonneneinstrahlung auf den Körper und die Leistungsfähigkeit bei Bergtouren eingegangen, was vor einiger Zeit noch nicht so ein relevantes Thema war. Auch wird explizit darauf hingewiesen, dass Kartenmaterial nicht mehr so lange seine Gültigkeit behält, da ggf. Gletscher zurückgegangen sind oder durch Bergstürze Routen nicht mehr begehbar geworden sind. Diese schnelle Veränderung der Routen bedarf neuer Planungs- und Informationsstrategien, sowie ein besseres Timing und unter Umständen spontane Abänderung der Routenwahl. Diese Gegebenheiten führen zu einem immer anspruchsvolleren Berufsalltag auf den man sich gründlich vorbereiten und einlassen muss.

Wer mehr über die Ausbildung erfahren möchte findet hier alle wichtigen Informationen.

analyse:berg

Das Fachmagazin analyse:berg erscheint zwei mal im Jahr mit einer Winter und einer Sommer Edition. Mit der Ausgabe Winter 23/24 geht das Fachmagazin in die 22. Auflage. Mir ist im Winter generell und speziell am Berg schon eher häufiger als seltener kalt, weshalb der Artikel “Climbing light, fast, and cold” aus der Ausgabe Winter 21/22 sofort meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.

Lukas Furtenbach (Geschäftsführer Furtenbach Adventures) geht auf das aktuelle Trendthema im Höhenbergsteigen ein und kritisiert klar den vermeintlichen Alpinstil und “by fair means”-Projekte. Prävention und Strategie sein nicht nur bei der Besteigung von 8000er relevant, sondern auch bei Skitouren mit einer Südföhn-Wetterlage und Front-Stau am Hauptkamm zum Beispiel. Bei den schnell entstehenden - 55 Grad Celsius sind Sicherheitsreserven (Prävention) und ein rechtzeitiger Abbruch (Strategie), die besten Wege um Schlimmeres zu verhindern. “Es scheint tatsächlich keine andere Sportart zu geben, bei der man sich derart vehement gegen Wissenschaft und technische Innovationen verwehrt und sogar so weit geht, diese als ablehnenswert zu diskutieren (Lukas Furtenbach, Climbing light, fast, and cold).” Warum genau er diesen Stil ablehnenswert findet und warum er der Meinung ist, dass niemand mehr wegen Unterkühlung oder Erfrierungen umkommen muss, auch nicht am Mount Everest, erfahrt ihr in der Ausgabe Winter 21/22 von analyse:berg.

Sein Blickwinkel läd zum nachdenken ein, wirft Fragen auf und zeigt aber auch deutlich die Schwierigkeiten im Bezug auf verantwortungsbewusstes Bergsteigen. Die aktuelle Ausgabe der analyse:berg Winter 2023/24 hat neben spannenden Unfallstatistiken auch weitere interessante Artikel.

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