Eine wunderschöne "Tour zum Nachmachen" ist die Tour vom Jungfraujoch (Berner Oberland) über Jungfrau- und Aletschgletscher, via Lötschenlücke ins Lötschental (Wallis). Der Aufstieg ist dank der Jungfraubahn sehr einfach und schon die Fahrt macht den Trip bereits jeden Franken wert! In den Alpen gibt es wohl wenige hochalpine "Spaziergänge", bei denen man ein vergleichbares Panorama (UNESCO-Weltnaturerbe) genießen kann.
Vom Jungfraujoch (3500 m) führt die Tour über den Jungfrau-Firn, Konkordia-Platz und Europas größten Gletscher, den Aletsch und nach kurzem Wiederaufstieg ins Lötschental (Wallis).
Insgesamt hat man dabei ca. 3000 HM und über 25 km Abfahrt! Landschaftlich ist die Szenerie der Gletschergiganten in Europa einmalig.
Schwierigkeit: "Abfahrtstechnisch" einfach. Auch die Route ist nicht schwer und mit der richtigen Karte einfach zu finden. Unerfahrene sollten sich einer geführten Gruppe anschließen – vergletschertes Gebiet! Die Tour ist ab Anfang März zu empfehlen (abhängig von der Schneelage).
"Morgen Stund hat Gold..., bla bla" – so ein Schwachsinn, denke ich mir, als wir um kurz nach Sieben dank engagiertem Frühspurt gerade noch die erste Zahnradbahn von Lauterbrunnen nach Wengen erreichen. Hyperventilieren statt Frühstück; gemächlich ächzt der Zug die Serpentinen nach Wengen hinauf. Wenigstens ist es schon hell. Und das Panorama der furchteinflößend schroffen Berge des Berner Oberlands ist atemberaubend. Aber: Wo soll man hier bloß runterfahren?
Auf der kleinen Scheidegg steigen wir in die stilvolle Bahn
?die durch die Eigernordwand zum 3454 m hohen Jungfraujoch fährt. Auf halber Strecke hält der Zug. Wir können aussteigen, und durch einen Schacht einen schwindelerregenden Tiefblick die legendär gefürchtete Eigernordwand hinunter wagen. Der nächste Sightseeing-Stopp ist bei der Station Eismeer. "Wow, das sind Eistürme ..." meint Thomas und spätestens jetzt ist der stressige Tagesanfang völlig vergessen. Im Morgenlicht leuchten und schimmern die Seracs (Eistürme) und zerschrundeten Gletscherspalten in allen vorstellbaren Blau- und Türkistönen. In der hyper-modernen Gipfelstation verschaffen wir uns mit Karte, Kompass und den bekannten Riesenbergen erst einmal einen Überblick. Spätestens auf der Aussichtsterrasse wird jeder vom Panaroma dieser einmaligen Hochgebirgswelt überwältigt. Nicht umsonst wurde das Gebiet um den Aletschgletscher von der UNESCO zum Weltnaturerbe der Menschheit erklärt. (Und hoffentlich bleibt dieses Erbe auch noch einigen Generationen erhalten). Eiger (3970 m), Mönch (4099 m) und Jungfrau (4158 m), das legendäre Dreigestirn des Berner Oberlands ... jetzt können wir verstehen warum jedes Jahr unzählige Touristen den wahrlich satten Fahrpreis für diese hochalpine Bahnfahrt berappen. Nach dem Anlegen der Gurte sind wir startklar. Mit High-Speed schießen wir, durch ein paar Zentimeter Powder-Ähnliches, den recht flachen Jungfrau-Gletscher runter. Zum Glück hat es nicht noch mehr Neuschnee gegeben, sonst hieße das Motto "walk and talk". Entspannt cruisen wir in Riesen-Turns rund 7 km über den flachen Gletscher. Bis zu 800 Meter ist das Eis unter uns mächtig. Und die Gletscherspalten können 100 Meter tief sein! In respektvollen Bögen umfahren wir jede vermutete Gletscherspalte. Die Tour führt auf der Westseite (rechts) des Gletschers bis zum Konkordiaplatz. Achtung: die Tour ist eine klassische "Firn-Tour" – bei viel Powder braucht man einen kräftigen Außenbo(a)rder ... Am brettebenen Konkordia-Platz treffen sich die riesigen Gletscher des "Großen Aletschfirns" und des "Ewigschneefälds" mit dem Jungfrau-Firn – und werden zum "Großen Aletschgletscher". Der ist der größte Gletscher der Alpen: Mehr als 24 km lang, endet er auf rund 1800 Meter Höhe. Auf der Westseite der riesigen Gletscherkreuzung folgen wir dem sanft ansteigenden Aletschfirn. Rund 6 km gemächlicher Aufstieg müssen zurückgelegt werden. Erst zum Schluss wird der Anstieg steiler. Mit Schneeschuhen benötigen wir dazu zweieinhalb Stunden. Besonders Stefan (Hunziker) hat mit der Kamera-Ausrüstung sowie Snowboard- und Alpin-Ausrüstung schwer zu tragen. Wem bei Erreichen der 3173 Meter hohen Lötschenlücke die Puste ausgegangen ist, der kann von hier starten. Keine 100 Höhenmeter oberhalb der Lötschenlücke steht die "Holandia-Hütte", – stolze 3240 Meter hoch gelegen. Von dort wird die Abfahrt um einige "interessante" Rinnen würziger. Gerade als wir uns bequem in einer windgeschützten Nische zur Brotzeit niedergelassen haben, donnern zwei sympathische Kampfbomber in freundlichen 30 Meter Höhe über unsere Köpfe. Aber was sind schon Ohrenschmerzen gegen das gute Gefühl, dass wir vor den bösen Schurken dieser Welt beschützt werden. (Und dazu muss der Gebirgskampf kräftig trainiert werden, auch wenn dabei ein paar weltgeschichtlich unbedeutende Snowboarder aus der Lötschenlücke geblasen werden.) Nachdem die Herzinfarkt-Gefahr vorbei ist und wir langsam unsere Fassung wieder gewinnen, beginnt die rund 15 km lange Abfahrt ins Lötschental. Über 1600 Höhenmeter Abfahrtsgenuss. Die unschwierige Abfahrt führt durch die perfekte Gletscherkulisse. Landschaftlich gehört sie zu den eindrucksvollsten und schönsten Touren überhaupt. Entlang der linken (Süd-)Seite des Langgletschers wird sie, je tiefer wir kommen, immer flacher. Trotzdem ist die Abfahrt durch das verspielte, hochalpine Gelände ausgesprochen kurzweilig.
Die Sonne geht bereits unter während wir zum Schluss noch mehrere Kilometer über Ziehwege cruisen – bis wir den hübschen und ursprünglichen Ort Blatten im Lötschental erreichen.
Nach so einer Tour freuen sich natürlich alle auf ein kühles blondes ... und frisch gestärkt machen wir uns auf den langen Rückweg nach Lauterbrunnen ins Berner Oberland.
Nützliche Infos zur Tour
Gebiet
Die Route führt durch das UNESCO-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn. Beginnend in den schroffen Bergen des Berner Oberlands endet die Tour im sanften und lieblichen Wallis. Ohne zu übertreiben: Die Tour führt durch eines der eindrucksvollsten Gebiete der Alpen. Es lohnt sich!
Tour
Vom Jungfraujoch (3460 m) hält man sich östlich und fährt den Jungfraufirn ab. Dann bis zur Westecke des Konkordiaplatzes, 2726 m (rechts). Von dort in Richtung Südwesten über den flachen, großen Aletschfirn aufsteigen bis zur Lötschenlücke (3173 m). Dann über den Langgletscher bis zum Ende. Achtung: Spaltenzone von "Grossi Tola" nördlich oder Südlich, (je nach Geschmack und Laune) umfahren. Den Gletscher auf der linken Talseite verlassen (kein Problem, sehr einfach). Dann gemütliche Abfahrt bis Blatten (1530 m).
Abfahrt / Aufstieg
Abfahrt: 2380 m, Aufstieg: 450 m Zeit: 6-7 Stunden Die Tour ist, abhängig von der Schneelage, von März bis Juni möglich.
Schwierigkeit
Die Tour vom Jungfraujoch ins Lötschental ist ein beliebter Klassiker unter den (Ski-)Touren. Trotz hochalpinem Gelände ist sie überwiegend leicht bis mäßig schwierig. Achtung: Die Route führt über weite Strecken durch vergletschertes Gebiet. Alpine Erfahrung und das Mitnehmen von Seil und Gurt sind notwendig. Unerfahrenen empfehlen wir dringend, die Tour mit einem Bergführer zu unternehmen (Komplett-Angebote sind erhältlich). Wir sind die Tour mit Schneeschuhen gegangen, Kurzski oder Split-Board sind jedoch besser geeignet.
Hinfahrt
Die Fahrt aufs Jungfraujoch von Lauterbrunnen (Berner Oberland) via kleine Scheidegg kostet rund 110 Franken. Rabatte bis zu 40% sind für die Morgen-Züge möglich. Unbedingt einen der ersten Züge nehmen!
Rückfahrt
Der Bus bis Goppenstein kostet 5,90 Franken. Der Zug durch den Lötschbergtunnel nach Spiez dann stolze 22 Franken. Die Strecke von Spiez nach Lauterbrunnen haben wir mit einem dort geparkten Auto zurückgelegt.
Tourenführer und Karte
Skitouren Berner Alpen Ost: Lötschepass bis Grimsel, SAC, Bern 1999 Karte: LK 264 S (mit eingezeichneten Touren!)
Hütte
Konkordia-Hütte (2850 m) Die untere, der beiden Hütten ist immer geöffnet. Ab April bewirtschaftet. Tel.: +41-33-8551394
Holandia-Hütte (3240 m) Winterraum mit 30 Schlafplätzen. Ab Mitte April bewirtschaftet. Tel.: +41-27-9391135
Touristinfos
www.interlakentourism.ch | Tel.: +41 (0)33 826 53 00
www.grindelwald.ch | +41 (0) 33 854 1212
www.wengen.ch | Tel.: +41 (0)33 855 1414
Bahnauskunft
www.jungfraubahn.ch | Tel.: +41-33-8287233
Text: Tobi Kurzeder / Fotos: Stefan Hunziker