In 18 Tagen vom Watzmann bis an den Genfer See. Vier Hauptkammüberquerungen, 50.000 Höhenmeter, 1300 km Strecke, dabei 16 mal über 2400 m und 8 mal über 3000 m. Dies sind die reinen Fakten einer Überquerung der Zentralalpen per Bike. Mit einem 18 kg Rad und 14 kg Gepäck über Wanderpfade stapfen sind eher ungeeignete Voraussetzungen für eine solche sportliche Rekordjagd. Doch der Spaßfaktor ist dagegen rekordverdächtig hoch. Dass "zufällig" die Hälfte der Höhenmeter bergauf mit Aufstiegshilfen erledigt werden kann, hilft dabei natürlich auch
Freeride Alpencross in Ost-West Richtung
Die Zentralalpen sind ein einzigartiger Spielplatz zum Ausüben verschiedenster Sportarten. Unendlich viele Berge reihen sich in einem scheinbar chaotischen Gewirr von Tälern, Pässen und Flüssen um die 3000 Meter Marke. Zwischen dem Startpunkt in Berchtesgaden und dem Zieleinlauf in Lausanne am Genfer See liegt ein wahres Feuerwerk an spannenden Bergwegen und landschaftlichen Höhepunkten. Drei Zinnen, Matterhorn und Mont Blanc - das \"Best of\" der Alpen, in einer Tour. Der Vorteil im besterschlossenstem Gebirge der Welt: in jedem Tal fährt ein Bus, jede Alm ist auf einer gut ausgebauten Straße und sehr viele Gipfel mit einer modernen Gondel zu erreichen. Einerseits schade um die Eingriffe in diese atemberaubenden Naturlandschaften, andererseits, wenn die Anlagen schon stehen, wäre es töricht sie nicht zu nutzen.
Die gesamte Story wurde als Livebericht erfasst. Hier gibt’s die ultimative Zusammenfassung und besten Bilder der 18-tägigen Biketour in zwei Teilen.
1. Tag, 13.8: Anreise nach Berchtesgaden, Saalbach
Zugreise und Ankunft in Berchtesgaden um 18.00 Uhr. Strömender Regen. Ab in den Bus, danach 400 Hm auf Teer bergauf und 800 bergab vernichtet.
Mit Hilfe eines Taxis erreichen wir Saalbach um 22.30 Uhr.
2. Tag, 14.8: Saalbach - Lienz
Eine Flow-Runde über die blaue Adidas-Freeride an der Reiterkogelbahn, dann huschhusch nach Saalbach zum Schattberg. Über den Pinzgauer Wanderweg/ Panoramaweg weiter zur Unterstandshütte, nach Süden 2,5 Stunden am Hang entang queren – hierbei können wir nur ca. 50% fahren, da der Pfad teilweise stark ausgewaschen und zu eng für Bikes ist.
Über die Weißsee Gletscherwelt gehts das erste Mal auf Augenhöhe mit schneebedeckten Gletscher über die Tauern nach Lienz.
3. Tag, 15.8: Lienz - Drei Zinnen - Cortina d'Ampezzo (Rif. del Varda)
Nach Zugfahrt gehts ab Sexten zu Fuß zur Drei Zinnen Hütte. Leider erwischen wir diese unglaublich beeindruckende Landschaft mit ihren einzigartigen Korallen-Bänken am Ferragosto-Wochenende.
Wie beim Weihnachtseinkauf in der Mailänder Innenstadt schlängeln wir uns durch die Menschenmassen.
4. Tag, 16.8: Cortina (Rif. del Varda) - Arabba - Bindelweghütte
Immer noch Ferragosto. Kurz mit Leckereien bei der erstbesten Bäckerei versorgt, bewundern wir die flanierenden zahlreichen "Extrembergsportler" in der Fußgängerzone. Zumindest erscheinen uns viele der hier stolzierenden Gäste der oberen Gesellschaftsschicht mit allerlei Extremsport-Outfits. Würde man nur diese perfekten Outfits zur Bewertung heranziehen, müsste man denken man wäre am Everest Basiscamp. Zwischen all den Extremsportlern hangeln wir uns über aufgeblasenen Hupen und gestrafften Gesichtszügen im Slalom zur Tofane Gondelstation. Ein netter Italiener guided uns durch einen flowigen Waldtrail zur nächsten Bushaltestelle. Auf gehts zum Passo Falzarego und weiter über Arabba und Porta Vescovo zur Bindeweghütte.
5. Tag, 17.8: Bindelweghütte - Bozen/Meran
Vom Karerpass zur Pizza Wagenrad
Canazei - ein weiterer überfüllter Ort, der gefühlte Milliarden von Menschen mit Gondeln, Bussen und Passstrassen an den Fuß der beeindruckenden Korallenbänke bringt. Das schönste Gebirge der Welt werden die Dolomiten oftmals genannt. Bei den Menschenmassen flüchten wir schnell Richtung Westen. Über den Karerpass gehts unterhalb des Rosengartens nach Bozen. Keine freien Betten mehr in bezahlbaren Preisregionen zu finden. Also weiter nach Meran.
Zwei Fußminuten von unserer Unterkunft ist eine mehrfach prämierte Pizzeria. Ob die Prämierung für die schiere Größe oder die geschmackliche Qualität der Pizzen vergeben wurde, interessiert uns nicht. Es schmeckt hervorragend und wir werden richtig satt.
7. Tag, 19.8: Oberetteshütte - Reschenpass - Scuol - Jamtalhütte
Heute sollte wieder ein Mammut-Tag werden. Erst von der Oberetteshütte hinab ins Vinschgau. Via Zug und Bus nach Nauders. Von dort über einen kleinen Pass in die Schweiz nach Martinsbrück. Weiter kurbelnd und mit Bus nach Scuol. Dort stellen wir fest, dass die Gondel in Revision ist. Also nochmal in den Bus bis Ftan. Noch 400 Höhenmeter mit einem Sessellift und wir sind wieder oberhalb der Baumgrenze. Ein sich ziehender Höhenweg, ein Downhill und wir sind am Fuß des Futschölpass. Jetzt nur noch 1000 Höhenmeter bergauf, wieder 600 Höhenmeter bergab, und schon stehe ich, quasi im Handumdrehen an der Jamtalhütte - pünktlich mit einsetzender Dunkelheit um 21 Uhr.
8. Tag, 20.8: Jamtalhütte - Galtür - Montafon
Kaiserwetter
Von der Jamtalhütte gehts über Galtür und der Birkhahnbahn zum Kopssee. Mich erwartet hier ein echter Sahnetrail. Ein leicht verblockter, aber breiter Waldweg, der durchweg mittelsteil abfällt und stets zwischen den Schwierigkeitsstufen S2 und S3 pendelt. Würde man sich einen Waldtrail als Freerider oder Endurist wünschen dürfen, man könnte schlicht diesen Weg kopieren.
In meiner Unterkunft entspanne ich bei traumhaftem Wetter auf dem Sonnenbalkon und lasse die Seele und geschundenen Füße baumeln