Einsame Skitouren in unberührter Natur, gigantische Panoramen grandioser Gletscherlandschaften, Heliskiing bei bestem Schnee, viel Sonne und eine super funktionierende Mannschaft – das ist die Summe unserer Alaska-Erlebnisse. Nach einem halben Jahr Abstand, in dem ich alle Ereignisse verarbeiten konnte, ist es nun an der Zeit einen Abschlussbericht über unsere AK-Reise zu schreiben. Nach vielen Stunden im Flieger (inklusive einer durchzechten Nacht in Amsterdam) leitete der Pilot endlich den Landeanflug auf Anchorage ein. Trotz Hotdog-Feeling zwischen zwei 150-kg-Amerikanern konnte ich beim Landeanflug einen Blick aus dem Fenster erhaschen, der mir gefrorenes Meer und nur wenige Minuten später ordentliche Schneeberge neben der Landebahn zeigte. Und sofort machte sich pure Vorfreude breit. Alaska, wir sind endlich da – und wir sind bereit!! Unser Abenteuer startete nach Abholung des Wohnmobils, einem Großeinkauf im Supermarkt und Studieren der Schneeverhältnisse am Turnagain Pass, der nicht mal auf 300 m Höhe liegt und recht schnell von Anchorage aus erreichbar ist. Durch die Meernähe gibt es dort reichlich Niederschlag. Den gab es auch, als wir dort ankamen; allerdings in Form von Regen. Zuhause beste Bedingungen, hier Regen, da läuft doch was falsch.
Turnagain Pass
Gleich zu Beginn machten sich Befürchtungen breit, dass wir das Alaskawetterglück am Ende bei diesem Trip nicht auf unserer Seite haben würden. Nachdem sich die Wolken allmählich langsam lichteten, wurden die trüben Gedanken aber schnell verdrängt und eine Landschaft kam zum Vorschein, mit der wir im Traum nicht gerechnet hatten: weite Täler und steile Flanken soweit das Auge reichte. Da bedurfte es keiner Diskussion, was zu tun war. Folglich wurde unser gemütliches Frühstück sofort unterbrochen und stattdessen zogen wir die Felle auf und starteten. Ein wenig nervig waren die vielen Snowmobile, die dort unterwegs sind. Diese dürfen jedoch nur auf einer ausgewiesenen Fläche fahren, so dass sie nur bei Aufbruch und Ankunft am Parkplatz etwas stören. Trotz der Nähe zu Anchorage sind dort erstaunlicherweise kaum Tourengeher unterwegs. Wählt man nicht den am schnellsten zu erreichenden Gipfel ist man sogar komplett alleine. Wir fanden einige schöne Abfahrten, von steilen Flanken bis hin zu Cruisinggelände. Einzig die Schneequalität lies ein wenig zu wünschen übrig und man musste vorsichtig sein, denn eine trügerische Reifschicht hatte sich in die Schneedecke eingeschlichen. Trotzdem: Am Turnagain kann man schon einige Tage verbringen und wer sich von langen Zustiegen nicht abschrecken lässt, findet dort bestimmt seine Dreamline. Bevor man in diese Region aufbricht sollte man allerdings die Temperaturen im Auge behalten. Durch die Meeresnähe wird es im Spätwinter/ Frühjahr recht schnell warm, so dass es schon weit hoch regnen kann. Wir hatten es glücklicherweise noch recht gut erwischt, denn der Regen bei unserer Ankunft ging schnell in Schnee über. Sofern alle Parameter passen, sollte man unbedingt zum Turnagain Pass aufbrechen.
Hatcher Pass
Das Wetter wurde in den nächsten Tagen schlechter und wir suchten eine neue Location. Zurück nach Anchorage und Schneevorhersage prüfen. Nach ein paar Gesprächen mit Locals landeten wir am Hatcher Pass, dem "Hausberg" von Anchorage, auf dem Weg nach Valdez. Dieser ist im Vergleich zum Turnagain Pass mit über 1000 m deutlich höher. Wir erreichten den Hatcher Pass an einem Samstag und trafen anstatt auf die ersehnte Einsamkeit auf eine Horde Autos und Snowmobile. Mein erster Eindruck war daher alles andere als positiv. Viel zu viele Leute und dazu noch nahezu null Sicht. Die Laune wurde aber gleich besser als wir zum Barbecue von ein paar Telemarkern eingeladen wurden. Schneefall, Bier und Elchwurst- Hotdog sorgt doch gleich auch beim deprimiertesten Skifahrer für einen ordentlichen Stimmungsaufschwung. Die Menschenmassen verschwanden am späteren Nachmittag und wir standen mit unserem fahrbaren Wohnzimmer alleine am Pass und von da an sollte sich auch am Hatcher Pass alles zum Guten wenden. Von den ersten Sonnenstrahlen geweckt ging es auch gleich zur Erkundungstour. Überraschenderweise sind auch dort kaum Tourengeher unterwegs gewesen. Ohne Probleme konnten wir selbst mit sehr kurzen Zustiegen zahlreiche schöne Lines im unverspurten Schnee finden. Trotzdem stellte sich hier für mich nicht das "Alaska-Feeling" ein, das ich mir erhofft hatte – hier war es nett, aber nicht unbedingt außergewöhnlich, denn im Gegensatz zum Turnagain- Pass ist die Hatchergegend sehr ähnlich zu den Alpen und diese kennt man ja inzwischen doch recht gut. Das Tourengelände erinnert auch optisch nicht gerade an die klassischen AK- Berge. Für alle Couloir-Junkies: dort gibt es einige steilere Rinnen die man recht schnell erreichen kann und die sich auch durchaus lohnen.
Thompson Pass
Die weitere Reise führte uns zu unserem Hauptziel, dem Thompson Pass. Alleine die Anreise dorthin ist grandios: Eisriesen und große Gletscherzungen prägen das Landschaftsbild und die Vorfreude stieg beim Blick aus dem Fenster quasi ins Unermessliche. Die von uns erträumten AK-Flanken waren nun so nah wie noch nie. Alle drei saßen ab diesem Zeitpunkt in der ersten Reihe, keiner wollte etwas verpassen (für den dritten Sitzplatz musste der Mülleimer zweckentfremdet werden), denn am Ende des Passes erreicht man das Paradies des Freeridens: Der 855 m hohe Pass, der nach Valdez führt, zählt zu den niederschlagsreichsten Gegenden Alaskas und bietet etliche Tourenmöglichkeiten, AK-Spines ohne Ende, steile Rinnen und gigantische Gipfelausblicke.
In dieser Gegend kann man es ewig aushalten. Da zu unserer Zeit gerade das Tailgate Festival lief, waren doch einige Leute am Pass. Aufgrund der riesigen Fläche verteilten sich die Leute aber extrem gut, so dass wir wieder alleine unterwegs waren und einsam unsere Spuren ziehen konnten. Auch wir nutzten einige Male die Angebote des Festivals für eine Verkürzung der Zustiege mit Hilfe von Snowmobilen. Besonders in dieser Ecke hat man sehr lange Zustiege bis man am gewünschten Ziel angekommen ist. Diese Zustiege zahlen sich aber definitiv aus, denn sie werden mit fantastischen Ausblicken belohnt. Man gelangt sehr oft zu einem Gletscherbecken, wo sich in sämtlichen Expositionen steile Rinnen hochziehen. Wir hatten noch dazu Glück und die Bedingungen waren so gut, dass man sogar noch direkt von Valdez -also vom Meeresniveau aus- starten konnte.
Heliskiing in Valdez
Nach vielen Skitouren war es nun aber an der Zeit den Helikopter zu nutzen. Vor meinen ersten Flug war ich super aufgeregt, was mich erwarten würde. Zudem wollte ich natürlich alles richtig machen – bloß keinen Fehler beim Ein- und Aussteigen begehen – aber alles halb so wild. Nach dem ersten Flug war die Aufregung etwas abgelegt und ich konnte endlich die Ausblicke während des Fluges in vollen Zügen genießen. Wir hatten das Glück sogar noch mehr auf unserer Seite: wir durften Dean Cummings treffen. Nachdem er uns sein Flugareal auf der Karte gezeigt und von vielen Abenteuern erzählt hat, gewannen wir den Sechser im Lotto: Dean war unser Guide. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl mit einem Fahrer freeriden zu gehen, dem man bereits in diversen Filmproduktionen bewundert hat. Wir kamen mit Dean voll auf unsere Kosten und bekamen deutlich mehr geboten als wir uns erhofften. Steile Flanken, Spines, Rinnen und weite Hänge- alles war dabei.
Am Thompson- Pass kamen wir zum ersten Mal auch richtig mit dem berüchtigten AK-Sluff in Berührung. Die ersten Runs waren schon etwas seltsam: Alles um einen herum ist in Bewegung und man weiß, dass man jetzt keinen Fehler machen und auch nicht so ohne weiteres anhalten sollte. Mit der Zeit wird es aber deutlich besser, sobald man das Sluff-Management verstanden und richtig umgesetzt hat ("Watch your Sluff" hörten wir öfters). Die Mischung aus perfekten Dreamlines und entspannten Abenden im mit Bier und gutem "Männer-Essen" (viel Fleisch!) im gemütlichen Wohnmobil bescherte uns am Thompson Pass perfekte Tage! So ging unsere Reise dann langsam aber sicher zu Ende. In einem sehr schneereichen Winter in Alaska zu sein, kaum Downdays einlegen zu müssen und viele Sonnentage ohne eine einzige Wolke zu genießen – um ehrlich zu sein: was will man bei einem solchen Trip mehr erwarten? Besser hätte es nicht laufen können und ich hätte mir so einen perfekten Trip nicht einmal im Traum vorgestellt. Danke auch an meine tollen Teamkollegen Andy und Didi sowie Knut, der uns leider aufgrund eines Kreuzbandrisses nicht begleiten konnte!