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Abenteuer & Reisen

Wintertrip nach Kirgisistan

Viel Vodka und wenig Schnee, und dennoch ein lohnenendes Winterabenteuer in Kirgisistan

von Steffen Kruse 26.02.2013
Riesige Berge, Vodka, Chai und eine German-Swiss Connection auf der Suche nach fremden Kulturen, Abenteuer und Powderlines in Kirgisistan.

Riesige Berge, Vodka, Chai und eine German-Swiss Connection auf der Suche nach fremden Kulturen, Abenteuer und Powderlines in Kirgisistan.

Was sind eure ersten Einfälle oder Gedanken nach dem Trip, sehr verehrte Kollegen?

Die Antworten:

  • Verdammt hoch die Berge
  • Höhenluft bringt einem zum hecheln wie ein Köter
  • Korrupte Polizei
  • Vodka
  • Karakols endlose Weite
  • Seen
  • Berge
  • Jurten
  • Pelzmützen
  • Geile Muddies
  • Magic Mountains
  • Lagman
  • Potential und endlose Projekte
  • Vier stramme Jungs
…. so viel schon mal vorab. 
  Die Idee entstand im September und schnell nahm der Plan Formen an und die Flüge wurden gebucht Als nächstes wurde sich nach und nach um kälteresistentes Material gekümmert und das Thema Spaltenbergung aufgefrischt. Informationen zum Thema Ski und Kirgistan zu bekommen ist eher Mangelware und somit stieg unsere Vorfreude wegen dem bevorstehenden Abenteuer ins Unbekannte ins Unermessliche.

Dann war es auch endlich soweit: Ein Teil der Crew reiste zwei Tage vorher aus Deutschland über Istanbul nach Bishkek, um sich um den ganzen organisatorischen Kram (Unterkunft, Transport…) zu kümmern und schon mal einen ersten Eindruck zu bekommen. Der andere Teil kam aus Davos via Zürich, Istanbul nach Bishkek. Bereits die Anreise nach Zürich stand unter einem guten kirgisischen Stern und der gemeine Kirgise wäre stolz auf uns gewesen. Einen guten Liter sibirischen Vodka von unserem Innsbrucker Kollegen und zwei Liter Bier gaben uns schon mal einen Vorgeschmack wie es einem nach einem typischen Kirgisischen Abendschmaus ergeht. Entsprechend machten wir uns am Morgen gepeinigt von Schweißausbrüchen und Alkoholfahnen zum Flughafen auf. Die Reise konnte losgehen, abgefahren waren wir sowieso schon. Ach so, mit zwei Skibags jeweils über 40 Kilo konnte es im Bezug auf das Thema Übergepäck noch spannend werden. Ich kann allerdings nur sagen, Türkisch Airlines sind äußerst kulant! Ich habe noch nie so eine gute Airline gehabt im Bezug auf Freundlichkeit, Kulanz, Essen, Service und sogar top Maschinen. Und wir hatten jetzt wirklich nicht First Class gebucht, sondern unsere Tickets haben vergleichsweise schlappe 400 Euro gekostet.

Angekommen morgens um sechs Uhr in Bishkek suchten wir erst mal unsere Kollegen im Hotel auf. Der eine konnte sich wenigstens schon bewegen und feste Nahrung aufnehmen, der andere gönnte sich noch eine Portion komatösen Schlafs. Nachdem wir ebenfalls noch eine kleine Siesta abgehalten hatten, ging es auf Stadterkundung und Essensverkostung. Dabei wurde uns blitzschnell klar, was Polizei hier bedeutet. Wir schlenderten umher, als wir von „Polizisten“ zur Alkoholkontrolle gebeten wurden. Klar hatte der eine oder andere noch ordentlich Standgas und geringfügige Ausdünstungen. Dies sollte bedeuten mit auf die Wache zur Blutprobe kommen, in der Zelle zu vegetieren, eben alles Wüaschte was man sich in so einem Land keinen Fall wünscht. Nach heftigen Diskussionen mit Händen und Füßen und Telefonaten mit sehr ominösen Polizeikollegen, war uns klar, sie wollten einfach Kohle sehen. Aber wir blieben hartnäckig und so ließen sie uns nach dreißig Minuten heißer Diskussion gehen. Wir hatten nichts gezahlt unsere Ausweise hatten wir auch wieder (Tipp: immer nur Kopien mitnehmen!) und hatten schon mal eine kleine Kostprobe des Alltagslebens bekommen. Also, entweder eine „kleine Aufmerksamkeit“ oder wilde und zeitintensive Diskussionen. Gut, wir waren auf jeden Fall auf die Welt gekommen, oder besser gesagt in Kirgistan angekommen und wussten, wo die Schmiere auftaucht, gehen wir zügig weg. Den restlichen Tag verbrachten wir auf dem Osh Markt in irgendwelchen Fleischhallen mit tierischen Körperteilen, die ich noch nie gesehen habe und damit, willkürlich auf  die Menükarte zu zeigen und gespannt zu sein, was gebracht wird. Dieser Trick funktioniert immer und wir wurden fast nie enttäuscht. Der nächste Tag war auch wieder echt ein Klassiker in Sachen erlebnisreich. Der Fahrer, der uns nach Karakol bringen sollte, kam mit einer Art Minivan und Dachträger. Zum verzurren der Skibags, auf dem Dach, kam der gute Mann mit einem streifen Wolldecke, diese konnte nur gleich reißen. Als er dann anfing die zwei Teile wieder zu verknoten, bevorzugten wir dann lieber doch unser Gletscherseil. Allerdings machten sich beim Verzurren bereits seltsame Geräusche bemerkbar, die uns auch einen kurzen Teilabschnitt der Fahrt begleiten sollten. Okay, alles war parat, es konnte losgehen, 450 Kilometer gen Osten, vorbei am Yssykköl, nach dem Titikakkasee der zweitgrößte Gebirgssee der Welt. Die Straße wurde schlechter und die Geräusche vom Dach lauter. Wir waren froh als der Fahrer anhielt, um sich zu erleichtern und wir die Lage auf dem Dach checken konnten. Genau genommen war von dem Dachträger nichts mehr da, wo es eigentlich sein sollte bzw. wo die Befestigungspunkte waren. Das war auch nicht verwunderlich, denn er hatte keine passenden Träger gefunden und diese Träger einfach mehr oder weniger auf das Dach gestellt und das mit vier Skibags à 40 Kilo „chunnt gar net guat“.  Frei nach dem Motto: Befestigung durch Eigengewicht. Diesen Versuch wollten wir nicht weiter verfolgen und so entschlossen wir uns, das ganze Geraffel mit in das Raumwunder zu nehmen. Die restlichen 400 Kilometer waren beengt und verrenkt, aber die Bags waren safe. Was wir auf der Fahrt noch so lernten?

Nummernschilder abmontieren, an Polizeikontrollen drei Mal hupen, kick down und mit Vollgas vorbeifahren, dabei freundlich winken und einfach nicht mehr weiter darum kümmern. Nach einigen Kommunikationsschwierigkeiten hatten wir schließlich unsere Stube gefunden, den Tagesausklangs-Vodka in einer der „berühmten“ Karaokebars genossen und waren alle mehr als gespannt auf den kommenden Tag. Endlich wieder das goldene Weiß unter den Brettern bzw. unter dem Brett.

Die ersten näheren Betrachtungen bestätigten unsere Befürchtungen: es gab einfach wenig Schnee. Grund dafür war neben dem noch recht frühen Jahreszeit auch ein recht schneearmer Winter. Wir waren allerdings heiß auf die Berge und sicher, etwas Geeignetes zu finden. Nach ein wenig umhercruisen im Gebiet, hatten wir unsere Wirkungsstätte gefunden. Diese sollte uns auch die kommenden Tage bespaßen, alles jungfräulich, nordlage und rinnenartig. Mit Aufstiegen zwischen dreißig Minuten und anderthalb Stunden waren wir dabei. Das erste Antasten war einfach nur grandios. Wir waren lediglich noch sehr skeptisch, was die Kombination aus Hangneigung und Schnee betraf, da es so gut wie keinerlei Verbindung bzw. Schneedeckenaufbau in unserem Sinne gab. Das was liegt, liegt, fluffig und leicht. Nach den ersten Runs war die Skepsis allerdings gewichen und wir ließen uns den Staub um die Ohren wehen.


Alle waren happy und so konnten wir den Tag mit einem fetten Grinsen bei leckerem Essen und einem Bierli zelebrieren. Zum Thema Essen eventuell noch ein paar Worte: für Vegetarier wird es eher Schwierig, hier wird engagiert und motiviert Fleisch gemampft, in allen möglichen und unmöglichen Formen, aber vor allem reichlich. Wir haben oft einfach wild in der Karte geblättert, per Zufallsprinzip entscheiden, alles in die Mitte gestellt und dann gespachtelt wie die Weltmeister. Eventuell ab und zu mal auf den Gesichtsausdruck des Kellner achten, wenn man als Hauptgang z. B. dreimal eine Flasche Cola bestellt. Die nächsten Tage blieben sportlich und im Ablauf mehr oder weniger gleich. Warum soll man auch Gutes verändern? Außer, dass wir eine sehr nette Connection mit dem Karakol Coffee aufgetan hatten. Das super freundliche junge Paar war nicht nur behilflich bei der weiteren Tripplanung, sondern machte auch noch den besten Kaffee. Also ich rede da von richtigem Kaffee aus einer italienischen Kolbenmaschine, nicht von Granulat oder gefärbten Wasser wie sonst üblich. Sie sind Pioniere in Bezug auf Kaffee und Style in Kirgistan und verdienen alle Unterstützung. Wenn ihr in Karakol seid, nichts wie ab ins Karakol Coffee (Spezialität Flämmli mit Grüßen von der Deutsch-Schweizer Connection). Nach zahlreichen Runs an unserem geliebten Face, nutzten wir die freie Zeit für LVS-Suchübungen und dem betrachten von halsbrecherischer Vodka-Ski-Akrobatik mit starken Einflüssen vom Bodenturnen.


                        Steffen Kruse Kirgistan Trip 2013

Die Herberge

Hier herrschte reges Kommen und Gehen, vor allem das Kommen war dort wohl ein zentrales Thema. Sie war günstig, ich rede von dem Zimmer (3 Euro pro Person) und vor allem zu späterer Stunde herrschte ein Treiben wie auf dem Jahrmarkt. stundenhotelartig konnte die „Hotelangestellte“ dazu gebucht werden.

Auf der Straße

Wenn es dunkel wird, hält man sich besser nicht mehr auf den Straßen auf. Ist zwar mehr als schade, aber der Alkohol (in diesen Unmengen) macht manche Menschen unberechenbar und aggressiv. Wenn man dies berücksichtigt bleibt es zwar eine sehr unschöne Gegebenheit, aber beeinflusst keineswegs einen absolut genialen Trip. Nach einigen Tagen hatten wir dann auch alle Projekte abgefahren die es unter den gegebenen Umständen zu machen gab. Den letzten Abend verbrachten wir mit Akerim und Daniel vom Karakol Coffee, erst bei einem schönen Abendessen, gefolgt von einer zünftigen Vodkaverkostung mit einer grandiosen Dance-Session im Karakol Coffee.

Die Buschtrommeln und Wetterprognosen prophezeiten uns Neuschnee, also nichts wie hin. Die 450 Kilometer lange Reise war wieder spannend und platzbeengt, allerdings hatten wir ja ohnehin schon Haltungsschäden auf Grund eines komplett überladenen Minivans. Die Ankunft in unserer nächsten Base ließ uns allen den Kinnladen eine Stufe tiefer hängen. Schnee? Absolute Fehlanzeige. Dass sie den Liftbetrieb noch aufrecht erhielten war fast ein Wunder, – oder Ignoranz. Damit war uns allen klar, was sich keiner traute auszusprechen. Wir laufen gerade etwas hinterher was es zurzeit einfach nicht gibt: Schnee. Die Köpfe rauchten alles Für und Wider wurde abgewägt und alle Szenarien durchgespielt. Bei einer Schaschlicksession und einem Feierabendbier beschlossen wir schweren Herzens den Trip vorzeitig zu beenden. Aber natürlich nicht einfach so! Zwei Tage Istanbul Stopover sollte Balsam für die Wunden werden. Da der Flieger früh morgens ging, verbrachten wir eine wundervoll romantische Nacht (Anmerkung eines Beiwohners: Mann war das geil :-)) am Flughafen von Bishkek mit dem Sicherheitspersonal und viel Bier. Der Trip war zwar anders als wir es uns vorgestellt haben. Ob es jetzt der fehlende Schnee, die schwierige Kommunikation, der viele Vodka, der Lagman oder was auch immer. Wer in so einem Land Skifahren geht, will mehr als nur Powder und krasse Linien. Die Bergwelt, Menschen und Kultur gibt einem mehr, als man bei jeder noch so „krassen Line“ bekommen kann. Also weniger Schein, mehr Sein. Wer sich darauf einlässt, eindeckt ein Hammer-Land und Projekte bis zur nächsten Eiszeit. Außerdem, was gibt es schöneres als mit Freunden und Freundinnen so etwas Eindrucksvolles zu erleben. Ich würde es sofort wieder losziehen…

 

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