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Bücher

Buchtipp | Ski Extrem Guide. Steilwände und Normalanstiege auf 78 Gipfel in der Steiermark, Niederösterreich und Salzburg

Skiextrem in der Steiermark und angrenzenden Gebieten

von Helmut Gassler 17.03.2022
Steilwandfahren geht nicht nur in Chamonix! Auch die "östlichen Ostalpen" haben in der Hinsicht einiges zu bieten, obwohl sie oft weniger Beachtung finden als die bekannteren Destinationen weiter im Westen. Das Buch "Ski Extrem Guide. Steilwände und Normalanstiege auf 78 Gipfel in der Steiermark, Niederösterreich und Salzburg" von Michael und Hannes Pichler und Peter Kolland (2013) bietet einen umfassenden Überblick zu den klassischen wie auch exotischeren Zielen der Gegend. Klare Empfehlung!

Mit zunehmenden Eigenkönnen und immer besserer Ausrüstung ist das Befahren steiler und steilster Rinnen und Flanken, früher exklusive Spielwiese einiger weniger außergewöhnlich guter SkifahrerInnen, fast zu einem „Breitensport“ für die besonders ambitionierten geworden. Dies bezeugt die Vielzahl an Befahrungen extremer und extremster Routen, wie sie heute regelmäßig in den sozialen Medien dokumentiert werden. Auch auf dem Büchermarkt finden sich die Spuren dieser Entwicklung, wo in den letzten Jahren für eine ganze Reihe von Gebieten des gesamten Alpenbogens neue Spezialbücher erschienen sind, die sich der Beschreibung gängiger, wie auch neuer Extremrouten widmen.

Während viele der bekannten und begehrten Extremziele (z.B. Dolomiten, Chamonix etc.) bereits seit Langem mit einschlägiger Literatur abgedeckt sind bzw. die berühmten Routen alle sehr gut dokumentiert sind, fehlen für die östlichen Alpenregionen vielfach leicht zugängliche Informationen bzw. sind diese auf viele Einzelpublikationen verteilt. Z.B. gibt es für den Schneeberg, den östlichsten und nördlichsten Zweitausender der Alpen, ein eigenes Buch indem alle im Jahr 2007 bekannten Abfahrten inklusive auch der Extremabfahrten und ihrer Varianten – in Summe mehr als 200 Abfahrten! – dokumentiert sind (Ladenbauer, Wolfgang (2007): Skiführer Schneeberg. Schall-Verlag, Alland).

Mit dem vorliegenden Buch "Ski Extreme Guide. Steilwände und Normalanstiege auf 78 Gipfel der Steiermark, Niederösterreich und Salzburg" wird nun diese Lücke zumindest ansatzweise geschlossen.

Der Aufbau dieses Buches entspricht der typischen Struktur derartiger Führerliteratur: Nach einem kurzen Abriss über die Geschichte des „Steilwandfahrens“ folgen Hinweise zur Schwierigkeitsbewertung, zur Lawinengefahr und zur Ausrüstung etc. Die Schwierigkeitsbewertung folgt dabei dem bekannten Schema: Die skitechnische Schwierigkeit wird von SI bis S5 eingeteilt (gegliedert nach blau-leicht, rot-mittelschwer und schwarz-sehr schwer), die Risikobewertung von R1 bis R4 und zudem wird auch – falls notwendig – die alpinistische Schwierigkeit für den Aufstieg anhand der SAC-Skala (hier im Buch: F bis D) angegeben. Für notwendige Kletterstellen sind die Schwierigkeiten dann nach UIAA angegeben. Zusätzlich wird für jede Route noch die maximale Neigung in Grad angegeben.

Gegliedert ist das Buch nach Gebirgsgruppen und innerhalb dieser Gebirge dann nach den einzelnen Gipfeln, zu denen dann meist jeweils zwei (manchmal drei, in einer Ausnahme auch nur eine) Routen, eine "extreme" und eine "normale", beschrieben sind. Bei diesen Normalrouten handelt es sich oft um die leichtesten Aufstiege, die als Ausweichziele bei schlechten Bedingungen und/oder zur Erkundung der Bedingungen dienen können. Anzumerken ist, dass einige dieser Normalrouten tatsächlich selbst auch große Touren mit hohen Anforderungen darstellen können (z.B. Hochhaide), während andere ganz leichte Wald- und Wiesenaufstiege für die ganze Familie sind (z.B. Hochlantsch Südaufstieg von der Teichalm). Die Extremtour auf den Grimming, einen mächtigen Gebirgsstock im Ennstal, bildet die Ausnahme. Hier gibt es im Winter keinen leichten/normalen/mittelschweren Aufstieg. Diese Vorgangsweise mit alternativen Routen zum selben Gipfel finde ich persönlich sehr gut, da man so praktisch automatisch immer auch ein Ausweichziel (das noch dazu Einblick in die Verhältnisse sowie die Beschaffenheit der extremeren Variante bietet) zur Verfügung hat und so die Bereitschaft auch bei heiklen Bedingungen eine Befahrung zu riskieren reduziert wird.

Insgesamt kommt man so auf über 150 verschiedene Routen, die eine sehr weite Palette von Skimöglichkeiten abdecken.

Die Beschreibung der Routen ist sehr gut strukturiert. Der Charakter der Route wird in einem kurzen, aber sehr prägnanten Satz zusammengefasst. Stichwortartig folgen dann Informationen zur Anreise, Ausgangspunkt und entsprechender topographischer Karte (ÖK50 des BEV). Die textliche Routenbeschreibung ist knapp, aber ausreichend. Abschließend wird bei jeder Tour unter „Bemerkung“ auf eine Besonderheit hingewiesen, die z.B. eine Einschränkung aufgrund von Jagdschutz, ausgeprägte Lawinenstriche, spezielle Kletterschwierigkeiten etc. umfassen kann. Sehr übersichtlich ist die Zusammenfassung jeder Tour in Form von Piktogrammen, die die Schwierigkeitsgrade, die Exposition, den Höhenunterschied, das Risiko und die ungefähre Aufstiegsdauer darstellen. Jede Tour ist mit einem (verkleinerten) Ausschnitt aus der ÖK50 sowie mit mehreren Fotos (inklusive Übersichtsfoto mit eingezeichneter Route!) illustriert. Die GPX-Tracks jeder Tour können unter www.alpinverlag.at/skiextremguide heruntergeladen werden. Zusätzlich wird eine knappe englische Zusammenfassung gegeben, die – in Kombination mit den GPX-Tracks, den Piktogrammen sowie Fotos und der Karte – für Erfahrene durchaus ausreichend ist.

Der geographische Schwerpunkt der Touren liegt eindeutig in der Steiermark. Niederösterreich ist mit lediglich vier Routen (jeweils 2 am Schneeberg und Ötscher) vertreten und Salzburg mit einigen wenigen Routen im Lungauer Teil der Schladminger Tauern. Allerdings hat die Steiermark auch mehr als genug zu bieten, was Steilabfahrten betrifft! Von der Eisrinne am Dachstein, engen Steilrinnen eingeklemmt zwischen Felswänden, über imposante, felsdurchsetzte Steilflanken bis hin zu weitläufigen Steilkaren finden sich hier die vielfältigsten Landschaftsformen.

Anhand der (wenigen) Routen, die ich persönlich kenne bzw. begangen und befahren habe, kann ich beurteilen, dass die Schwierigkeitsgrade ziemlich passend gewählt wurden. Die „blauen“ Touren sind tatsächlich für erfahrene Freerider/SkitourengeherInnen leicht bzw. harmlos, wobei einige für schlechtere SkifahrerInnen durchaus schon herausfordernd sein können (z.B. Wurzengraben am Schneeberg). Bei den roten Touren im Buch gibt es, meiner Einschätzung nach, dann deutliche Unterschiede bzw. eine große Bandbreite, die z.B. von dem harmlosen Steilhang der Schallerrinne an der Hohen Veitsch (Südseite) über die rote Rinne am Bösenstein (zwar steil, aber flacher und breiter werdender„Auslauf“) bis hin zu komplexeren „Normalrouten“ (wie z.B. die „Stiege“ auf den Eisenerzer Reichenstein oder durch die „Rodel“ auf den Gr. Wildkamm) reicht. D.h. man muss auch bei manchen roten Normalrouten mit Tragepassagen (u.U. Steigeisen notwendig), Eisenleitern, Drahtseilpassagen u.ä. rechnen.

Die schwarzen Routen („Extremrouten“) sind dann wirklich schwer bis hin zu „Hände weg“. Das Prädikat „extrem“ gilt dabei nicht nur für die Schwierigkeit bzw. Steilheit, sondern v.a. auch für die Gefährlichkeit bzw. das Risiko. Viele dieser Touren sind jedenfalls für die große Mehrheit der SkitourengeherInnen weit über deren Komfortzone und bestenfalls als Funtyp 3 zu bezeichnen.

Insgesamt sind im Buch de facto alle Gebirsgruppen der Steiermark abgedeckt, neben den bekannteren Zielen (d.h. zumindest regional „berühmten“) finden sich auch ausgesprochene „Exoten“ in Gebirgsgruppen, die nicht unbedingt für ihre „Wildheit“ bekannt sind (z.B. Steirisches Randgebirge, Lavanttaler Alpen). Jedenfalls ist das Buch ein „Muss“ für alle, die an steilen bis hin zu extremen Abfahrten interessiert sind bzw. selbst solche unternehmen.

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