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Materialtests

Materialtest | Dynafit Hoji Limited Edition Skitourenschuh

Interessantes Konzept mit Luft nach oben bei der Passform

von Lea Hartl 18.11.2018
Fritz Barthel, Vater der Pinbindung, und Eric Hjorleifson, Freeridelegende und Materialfreak, tüfteln gern zusammen an Skischuhen und Bindungen und haben mit dem Hoji Boot ein gemeinsames Projekt zur Serienreife gebracht. Hojis Beteiligung lässt auf kompromisslose Bigmountain Performance hoffen, während für Barthel das Handling und der Aufstieg im Vordergrund standen. Dynafit verspricht eine eierlegende, revolutionäre Wollmilchsau.

Wir haben den Schuh seit dem letzten Frühjahr im Einsatz. Wie schlägt er sich bisher?

Der Schuh

Schnallen

Von oben nach unten betrachtet, verfügt der Schuh über einen “Powerstrap” mit einer Art Klemmverschluss statt Klett, gefolgt von einer Schnalle mit einem Kabelzug, der auch mit dem Strap und dem Gehmechanismus verbunden ist und die Schaftteile “zusammenbindet”. Im Ristbereich etwas unterhalb des Knöchels befindet sich eine Ratschenschnalle und am Vorderfuß schließlich eine weitere “normale” Schnalle.

Die Schale

Die Schale besteht beim Pro Modell aus Grilamid (das Schaftmaterial in Carbonoptik besteht laut Hersteller aus Grilamid mit Glasfaser), beim PX Modell aus Pebax. Das PX Modell ist etwas weicher und etwas schwerer als das Pro Modell. Hier getestet wurde das Pro Modell in der Limited Edition (= Vorabmodell in anderer Farbe). Der Schuh verfügt über 55° Schaftrotation. Der Vorlagewinkel ist im Abfahrtsmodus 11° und kann nicht verstellt werden.

Speed Nose

Wie auch andere aktuelle Dynafitschuhe hat der Schuh eine sogenannte „Speed Nose“. Das heißt, der sonst übliche Steg an der Schuhspitze fehlt. Der Drehpunkt im Gehmodus ist mit der Speed Nose minimal weiter hinten als bei Schuhen mit Steg, was laut Dynafit für ein natürlicheres Gehgefühl sorgt (der für Menschenfüße natürliche Drehpunkt befindet sich am Ballen, nicht an den Zehenspitzen). Durch die Speed Nose ist der Schuh deutlich kürzer als Schuhe gleicher Größe mit normaler Nase. Das Testmodell in Größe 27.5 hat eine Sohlenlänge von 301mm. Falls man bei ansonsten gleichem Setup auf Speed Nose Schuhe umsteigt, sollte man prüfen, ob die Bindung entsprechend verstellt werden kann.

Der Schuh kann klarerweise nur mit Pinbindungen verwendet werden und die Speed Nose ist dank fehlendem Steg nicht mit normalen Bügelsteigeisen kompatibel. Um dieses Problem zu umgehen, kann man

a) von Dynafit einen speziellen Adapter erwerben

b) gleich die Dynafit/Salewa-eigenen Ultraleichtsteigeisen kaufen, die mittels Metallclip an der Schuhsohle befestigt werden

c) Körbchensteigeisen verwenden.

Wer spekulieren möchte, kann versuchen, diesen Instagram Post zu interpretieren bezüglich zukünftiger Nasenform – eventuell gibt es Hoffnung auf eine zukünftige Rückkehr des Stegs.

Der Gehmechanismus

Das sogenannte 'Hoji-Lock' ist das Herzstück des Schuhs: Wird der Hebel hinten am Schuh von Aufstieg auf Abfahrt umgelegt, spannt sich der Kabelzug und der Powerstrap und die obere Schnalle werden angezogen. Die Plastikteile des Schafts werden an die untere Schale gezogen und rasten dort ein. Im Fersenbereich fährt ein massiver Plastikriegel nach unten und rastet dort in ein Metallteil ein, wodurch Spiel nach hinten verhindert wird. Öffnet man den Hebel für den Aufstieg, läuft der Prozess entsprechend in die andere Richtung.

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Passform und Innenschuh

Der Schuh hat eine angegebene Leistenbreite von 102.5mm, ist also ziemlich breit - und zwar vorne wie hinten. Auf Grund eines Überbeinproblems bringe ich alle meine Skischuhe vor Benutzung zum Bootfitter und lasse sie im Ballenbereich ausbeulen. Grilamid lässt sich gut formen, das war also beim Hoji Boot kein Problem. Das Ristvolumen ist relativ niedrig und der Bootfitter hat für mich diesen Bereich etwas geweitet, was normalerweise für meine Füße nicht nötig ist.

Die Knöchelpartie ist aufgrund der Schalenform anfällig für Druckstellen. Bei harten Querungen im Aufstieg, wenn der Ski nicht vollständig mit der Belagseite im Schnee bleibt, sondern eher Kanteneinsatz gefragt ist, drückt bei mir die Schale in den Knöchel, jeweils am belasteten Fuß.

Der Innenschuh ist beim getesteten Vorserienmodell ziemlich minimal ausgeführt. Ab dieser Saison werden die Schuhe wohl standardmäßig mit Intuition Innenschuhen geliefert, was sich positiv auf kleinere Passformprobleme (auch die Druckstellen im Knöchelbereich) auswirken dürfte. Gerüchteweise wurde auch das Ristvolumen etwas verbessert.

Aufstieg und Handling

Der Gehmechanismus ist tatsächlich sehr schnell und einfach zu bedienen, auch mit Handschuhen in finsterer Nacht ohne Stirnlampe. Wer sich nicht bücken will, kriegt es auch mit dem Skistock hin, den Hebel umzulegen. Der Powerstrap ist über den Kabelzug mit dem Gehmechanismus verbunden und lockert sich daher beim Umlegen automatisch – ein Handgriff weniger. Auch die obere Schnalle lockert sich über den Kabelzug und muss nicht zwingend geöffnet werden, wobei ich das meistens trotzdem machen, da ich die offene Schnalle beim Gehen als angenehmer empfinde.

Bezüglich Bewegungsfreiheit im Aufstieg bleiben für mich keinerlei Wünsche offen. Der Hoji Pro bewegt sich diesbezüglich und auch gewichtsmäßig in einem ähnlichen Bereich wie beispielsweise der (minimal leichtere) Scarpa Maestrale. Verglichen mit explizit aufstiegsorientierten Schuhen ist vor allem die Bewegungsfreiheit nach hinten etwas eingeschränkter.

Ich hatte keinerlei Schwierigkeiten, in den Schuh hinein oder wieder hinaus zu kommen, auch bei kalten Temperaturen. Die diversen Teile müssen in der richtigen Reihenfolge überlappen, was manchmal beim Anziehen zu minimaler Fummelei führt.

Abfahrt

Es gibt abfahrtsorientierte Skitourenschuhe, die auch im Aufstieg einigermaßen gut funktionieren, und aufstiegsorientierte Skitourenschuhe, die auch in der Abfahrt einigermaßen gut funktionieren. Der Hoji Pro gehört für mein persönliches Schubladendenken in die zweite Kategorie. Ich komme auch bei schwierigen Schneeverhältnissen gut damit klar, aber es gibt auf jeden Fall Luft nach oben. Der Flex ist irgendwo im Mittelfeld für diese Skischuhkategorie anzusiedeln: Kein Gummistiefel, aber auch kein harter 'Freeride' oder Freeridetourenschuh. Das Flexverhalten ist für einen Tourenschuh angenehm progressiv und der Schuh bietet mehr Widerstand, je mehr Druck man gibt. Bei harten Schlägen verbunden mit Druck nach vorn hatte ich hin und wieder das Gefühl, am Anschlag anzustehen, aber das Fahrgefühl ist angenehm und der progressive Flex gut gelungen (nur generell etwas zu weich für meinen Geschmack).

Positiv hervor zu heben ist auch die Stabilität nach hinten – im Gegensatz zu manch anderem Schuh hat der Hoji Pro auch nach recht ausgiebiger Benutzung so gut wie kein Spiel nach hinten.

Gebrauchsspuren

Nach etwa 40 Tagen im abwechslungsreichen Einsatz haben die Schuhe keine nennenswerten Probleme.

Für das Spielen in Matsch, Gras und Steinen ist ein weißes Outfit bekanntlich eine mutige Farbwahl und Schuhe sind nunmal Teil des Outfits. Es sind weniger die natürlichen Elemente der Spätfrühjahr-eigentlich-ist-schon-lang-Sommer Touren, die ihre Spuren am Hoji Pro hinterlassen haben, sondern vor allem die recht ausgeprägte schwarze Plastik „Mutter“ am Innenknöchel, die besonders bei etwas grobfüßigem Verhalten gern mal an den gegenüberliegenden Schuh schlägt. Die normalen Serienmodelle sind, im Gegensatz zum getesteten Vorabmodell, nicht weiß, damit erübrigt sich dann auch dieses rein optische „Problem“.

Fazit

Skitourenschuh im massentauglichen „gut im Aufstieg, solide genug für Abfahrten aller Art aber suboptimal für Buckelpistenstraightlines“ Marktsegment. Angenehmes Flexverhalten, sehr gutes Handling von Gehmechanismus und Umschalten Aufstieg/Abfahrt. Passform etwas eigenartig – vor Kauf unbedingt anprobieren.

Wie im Rahmen des Schuh-Launch immer wieder zu lesen war, ist der Hoji Pro ein Gemeinschaftsprodukt von Hoji und Fritz Barthel, dem Urvater der Dynafit Bindung. Die beiden spielen gern zusammen mit CNC-Fräsen. Der Fokus von Firtz Barthel lag wie erwwähnt auf der Bedienungsfreundlichkeit: um den perfekten Tourenschuh vom Aufstiegs- in den Abfahrtsmodus umzustellen, sollte man sich weder Bücken müssen, noch am Hosenbein herum zupfen und das muss man mit dem Hoji Boot auch nicht.

Hoji hingegen konnte man schon vor einigen Jahren immer wieder mit selbstgebauten Gehmechanismusmodifikationen an seinem Vulcan beobachten und offensichtlich hat man ihm bei Dynafit nun endlich die Möglichkeit gegeben, seine Ideen diesbezüglich serienmäßig umzusetzen.

Der Social Media Stalker weiß: Auf die Frage, warum der Hoji Schuh nicht zum Geht-Scho-Gemma-Voi-Gas Freeride Segment gehört, sondern eher zum Allround-Skitouren-für-alle Marktsegment, hat Hoji geantwortet: „This is what they gave us to play with“.

Wir hoffen, dass der Hoji Boot nur der erste Schritt in Hoji's offizieller Produktentwicklerkarriere bei Dynafit ist und man ihm in Zukunft noch viel mehr Freiraum zum Spielen mit Schuhen und Bindungen gibt. Vielleicht irgendwann dann auch im Geht-Scho-Gemma-Voi-Gas Segment.

Vor- & Nachteile

+ Gutes Handling, sehr einfaches Umschalten von Geh- auf Skimodus und umgekehrt

+ Innovativer Gehmodus

+ Progressiver Flex

- Etwas komische Passform

Details

UVP €650.-

Master Step Inserts
Speed Nose
Hoji Lock
Ultra-Lock Strap
Safety Lock Buckles
55° Cuff-Rotation
Gewicht 1450g
Formula Pomoca Climb Sohle
Custom Plus Innenschuhe

Hier geht es zur Website von Dynafit mit weiteren Informationen. Hier könnt ihr den Schuh bei unserem Partnershop Bergzeit.de kaufen.

Dieses Produkt wurde PowderGuide vom Hersteller kostenfrei zum testen zur Verfügung gestellt. Wie wir testen erfahrt ihr hier.

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