Wie viele Freeride Boots bietet der Pinnacle 130 von K2 Gehfunktion in Kombination mit einem steifen Flex. Beim Topmodell der K2-Freeride-Serie sind zusätzlich noch Tech-Inserts direkt in der Schale verbaut und es können Alpin- und Tourensohle montiert werden. Mit verschiedenen Leistenbreiten und dem qualitativ hochwertigen INTUITION Innenschuh besteht des Weiteren die Möglichkeit den Schuh an individuelle Fußformen anzupassen.
Testbedingungen:
Getestet wurde der Boot der Saison 14/15 für insgesamt etwas mehr als 30 Tage im Frühjahr 2015 in den europäischen Alpen und im Sommer 2015 in Neuseeland. Der Tester ist ein sportlicher Fahrer mit ca. 80 kg. Getestet wurde der Boot mit Marker Tour und Kingpin Bindungen auf K2 Pinnacle 118 und Blizzard Zero G 108 Ski in Frühjahrs- bis Hochwinterbedingungen.
Der erste Eindruck
Nimmt man den Pinnacle 130 zum ersten mal aus der Schachtel, sticht sofort die giftgrüne, durchsichtige Schale ins Auge. Diese gibt gleich den Blick auf den Intuition Innenschuh frei. Auffallend ist außerdem die vierte Schnalle, die mit dem Strap kombiniert wurde. Bei der ersten Anprobe fühlt man sich im Innenschuh sofort wohl. Dieser ist relativ dick und daher entsprechend weich und warm. Der Innenschuh ist bereits thermisch an die Schale angepasst und so fühlt sich auch der gesamte Boot gleich sehr bequem an. Der Umschalter für den Gehmodus an der Rückseite ist gut zu erreichen und lässt sich auch mit Handschuhen betätigen. Im Skimodus fällt einem leider sofort auf, dass der Gehmechanismus etwas Spiel hat und man kurz ins Leere drückt bevor man den Flex des Boots spürt (mehr dazu weiter unten), dann ist der Flex des Boots angenehm und flüssig, fühlt sich für die Herstellerangabe von 130 aber weich an. Im Gehmodus ist die Beweglichkeit im Schaft relativ gering ausgefallen. Diese verbessert sich mit geöffneter vierter Schnalle/Strap, ist selbst dann aber wohl kaum größer als 25 Grad (nicht gemessen).
Der Innenschuh
Die gute und bequeme Passform des Innenschuhs ist sicher eine seiner besten Eigenschaften. Beim Testmodell war die Passform von Anfang an gut genug, um auf die Möglichkeit der Thermoanpassung zu verzichten. Zusätzlich bietet der Intuition Liner weitere Features, die dem Boot neben dem hohem Tragekomfort auch noch eine gute Abfahrtsperformance verleihen sollen. Auf eine Klettoberfläche an der Wade kann ein Spoiler (Power Wedge) beliebig platziert werden, wodurch man die Vorlage des Boot abpassen kann. Dadurch verändert sich natürlich nur die Vorlage innerhalb der Schale, was nicht zu verwechseln ist mit einer verstellbaren Vorlage an der Schale selbst. Die Zunge ist mit thermoverformbarem Kunststoff verstärkt, wodurch Druckstellen beim Druckgeben nach vorne vermieden werden sollen. Seitlich, auf Höhe des Schienbeins, sind ebenfalls Verstärkungen integriert, wodurch sich die Kraftübertragung verbessern soll. Für eine bessere Beweglichkeit ist im Bereich der Achillessehne ein flexibler Bereich integriert, der die Beweglichkeit im Tourenmodus erhöhen soll.
Schale, Wechselsohlen und Einstellmöglichkeiten
Im Bereich der Wade verstärkt das sogenannte "PowerFuse SpYne" die Schale, wodurch mehr Torsionssteifigkeit erreicht werden soll. Das wichtigste Feature des K2 Pinnacle 130 sind sicher die in die Schale integrierten Tech-Inserts. Im Vergleich zu vielen anderen Freeride Boots sind diese direkt in die Schale eingegossen und nicht in den Wechselsohlen integriert. Das erzeugt nicht nur mehr Vertrauen, sondern bietet bei verschiedenen neuen Bindungssystemen deutliche Vorteile. Verwendet man den Boot z.B. mit einem Cast Touring Setup (Vorderbacken einer Alpinbindung wird im Aufstieg gegen einen Tech-Vorderbacken getauscht), kann man im Abfahrtsmodus auf die Vorteile der Kombination Alpinsohlen in einer Alpinbindung vertrauen (Gleitflächen von Boot und Bindung aufeinander). Bei der KingPin Bindung kann der Boot diesen Vorteil noch nicht ganz ausspielen. Während das oben genannte für den Hinterbacken zutrifft, gibt es beim Vorderbacken ein Problem: Verwendet man den Boot mit Alpinsohlen in der Kingpin, liegt die Sohle nicht auf der Bindung auf (weil die Alpinsohlen dünner sind als die Tourensohlen) und der Boot ist nur an den Pins mit der Bindung verbunden, was weder im Aufstieg noch in der Abfahrt funktioniert. Die Tourenwechselsohlen sind mit einer Vibram-Sohle ausgestattet und können über jeweils vier Schrauben vorne und hinten getauscht werden.
An der Schale kann die Ausrichtung des Schaftes, also der Winkel zwischen oberem und unterem Teil des Skischuhs (Cuff Alignment, oft manchmal fälschlicher Weise als Canting bezeichnet), verstellt werden. Die Schnallen sind als Micro-Schnallen mit Verstellmöglichkeit ausgeführt.
Praxistests
Die bequeme Passform des Boots merkt man auch in der Praxis sofort. Weder im Aufstieg noch in der Abfahrt sind Druckstellen oder andere Unannehmlichkeiten zu spüren. In der Abfahrt gefällt der Boot und der Flex funktioniert flüssig. Wie auch schon beim ersten Eindruck fühlt sich der Flex für einen Boot mit einer Herstellerangabe von 130 aber weich an. Vor allem mit langen und breiten Ski war mir der Schuh nicht steif genug um die notwendige Kraft zu übertragen, die z.B. bei unruhigem und hartem Untergrund nötig wäre. Besonders weich wirkt der Pinnacle 130 in der Fußbeuge nach vorne. Das ist vor allem bei Landungen mit etwas Vorlage sehr unangenehm, weil das Feedback des Boots hier besonders fehlt und man dadurch zu einem Überschlag nach vorne neigt. Der Hersteller hat uns zu diesem Punkt folgendes Feedback gegeben: "Der Flex ist im Vergleich zu Mitbewerbern härter" . Wir haben keine Möglichkeit dieses Feedback objektiv zu bewerten (Messung o.ä), basierend auf (subjektiven) Erfahrungswerten mit vielen anderen Modellen teilen wir die Meinung des Herstellers in diesem Punkt nicht.
Im Aufstieg macht sich das hohe Gewicht des Boots bemerkbar. Dieses ist laut Hersteller auf das anpassbare Material der Schale und den Fokus auf die Abfahrtsperformance zurückzuführen. Ungeachtet dessen sind fast 5kg pro Paar für Aufstiege größer 1000 hm auch für Konditionskaiser eine Herausforderung und im Vergleich zu ähnlichen Modellen der Konkurrenz schleppt man fast ein Kilogramm mehr Gewicht den Berg hoch. Der Gehmechanismus ist mit geöffneter vierter Schnalle/Strap für kurze Aufstiege ausreichend. Mit geschlossener vierter Schnalle/Strap ist er sehr gering ausgefallen und es passiert schon einmal, dass man erst nach der Line bemerkt, dass man gerade im Gehmodus durchs Gelände gepflügt ist. Wie schon beim ersten Eindruck angemerkt, hat der Verschluss der Gehfunktion so viel Spiel, dass man dieses beim nach vorne Lehnen deutlich bemerkt. Das fällt vor allem bei Belastungswechseln von hinten nach vorne durch einen gewissen Totbereich auf, in dem man zuerst ohne Widerstand nach vorne fallt, um dann abrupt den Flex des Boots zu spüren. Das ist vor allem nervig, belastet aber auch den Gehmechanismus mechanisch ordentlich. Wir haben auch schon von abgerissenen Gehfunktionen gehört. Dazu haben wir folgendes Feedback vom Hersteller erhalten: "Jeder Walkmode benötigt allerdings etwas Spiel um korrekt schließen zu können, bei den aktuellen Schuhen ist dies aber nochmal optimiert worden." und "Die Materialhärte des Catch (Metallteil des Synchro-Interlock) ist bei
den aktuellen Pinnacle Modellen nochmal deutlich erhöht worden."
Die Schnallen sind mechanisch gut ausgeführt und schließen gut. Mit dickeren Handschuhen können diese aber schwer oder gar nicht geöffnet werden, weil man einfach nicht zwischen Schale und Schnalle kommt, um die Schnalle zum Öffnen nach vorne zu drücken.
Langzeittest
Der K2 Pinnacle 130 verliert im Langzeittest nicht merklich an Performance. Funktional gibt es am Boot auch keine Abnützungserscheinungen, lediglich die Beschichtung der Schnallen begann nach einiger Zeit großflächig abzugehen. Deutlich stärker waren die Abnützungerscheinungen bei den Touren-Wechselsolen: Diese waren nach 10 Tagen im Gelände bereits sehr Stark abgenutzt. Laut Hersteller handelte es sich dabei allerdings um Muster und die Härte der aktuell ausgelieferten Sohlen sei deutlich höher.
Die Kombination mit dem Strap an der vierten Schnalle hat sich in der Praxis leider nicht bewährt. Zwar erhöht, wie angedacht, die offene vierte Schnalle den Rotationswinkel im Schaft beim Aufsteigen deutlich, leider ist der Strap dann über die Schnalle nur lose mit der Schale verbunden und löst sich oft von dieser, dann baumelt die vierte Schnalle am Strap zwischen den Beinen. Im besten Fall ist dass nervig und stört einfach. Im schlimmsten Fall kann man z.B. beim Hiken auch über den gelösten Strap stolpern und abstürzen. Wenn man deshalb diese Funktion auch nicht weiter nutzt, muss man sich mit einem sehr kleinen Rotationswinkel im Gehmodus zufrieden geben.
Fazit
Das Konzept eines abfahrtsorientierten Freeride Boot mit in der Schale integrierten Tech-Inserts würde überzeugen, in der Umsetzung des Konzepts durch K2 in Form des Pinnacle 130 hat es aber leider viele Schwächen. Der bequeme Innenschuh konnte zwar im Test überzeugen, das Verhältnis Gewicht / Steifigkeit und die Schwächen in der Aufstiegsperformance sowie die Mängel des Gehmechanismus trüben aber den Gesamteindruck doch deutlich. Für jemanden, der einen bequemen Boot für maximal kurze Aufstiege oder eine gute Ergänzung für sein Cast Touring System sucht, ist der Pinnacle eine Option.
Informationen
- UVP €529,95
- Gewicht: 4,99 kg mit Alpinsohle (bei Größe 28.5)
- Flex: 130 (Herstellerangabe)
- Größen: 25,5 - 30,5 (in ganzen Schritten)
- Leistenbreiten: 97 mm und 100 mm
Schale:
- Vierte Schnalle in den breiten Strap integriert
- Direkt in die Schale integrierte Tech-Inserts
- Wechselsohle: DIN Sohlen und Vibram Tourensohlen
- Profil im Mittelfußbereich zwischen den Wechselsohlenteilen
- PowerFuse SpYne Verstärkung an der Wade
- Einstellbare Wadenausrichtung
Inneschuh:
- Thermoanpassbarer INTUITION Liner
- Abnehmbare Power Wedge im Bereich der Wade zur Anpassung der Vorlage
- Thermoverformbare asymmetrische Zunge
- Schnürung ist möglich
Hier geht es zur Website des Herstellers mit weiteren Informationen, hier könnt ihr den Schuh bei unserem Partnershop Bergzeit.de bestellen.