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TV-Tipp | Schnee von gestern - Schnee von morgen, oder: Jeder Winter beginnt im Sommer

Eine ORF Dokumentation mit einem bemerkenswert vielschichtigen Blick auf den Wirtschaftsfaktor Wintersporttourismus und seine conditio sine qua non – den Schnee.

von Patrick Wehowsky • 17.11.2017
Die Dokumentation "Der Schnee von morgen" ist 2016 produziert und zum ersten Mal ausgestrahlt worden. Durch Zufall bin ich gestern in der Mediathek von 3sat über eine Wiederholung gestolpert, welche noch ein paar Tage zu sehen ist. Falls ihr also am Wochenende 70 Minuten Zeit übrig habt: hier ist sie gut investiert, denn die Dokumentation bietet einen panoptischen Blick auf den Wintertourismus in den Alpenländern.

Die Grundlage für die Erfolge der Athleten/innen der alpinen Sportarten im winterlichen Wettbewerb wird in den Trainingseinheiten des Sommers gelegt. Das gilt in ähnlicher Weise für die Wintersportindustrie. Die jährlichen Investitionstätigkeiten in neue, komfortablere Anlagen, bessere Beschneiungsanlagen oder eine Skigebietsvergrößerung entsprechen hierbei dem Grundlagentraining der Wintersport-Athleten.

Die Dokumentation "Der Schnee von morgen" ist in vielerlei Hinsicht sehenswert. Vom vielbeschworenen Arlberg bis hin zu den östlichen Ausläufern der Alpen in der Nähe von Wien, es werden die Gemeinsamkeiten des teilweise Gegensätzlichen in den Blick genommen. Ob große Skischaukel oder alteingesessenes Kleinstskigebiet – die Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels und die jährlichen Tourismusströme werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln gezeigt und kritisch kommentiert. Dabei kommen von lokalen Unternehmern über Tourismusexperten bis hin zu Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Fachbereichen mannigfaltige Perspektiven und Hinsichten auf das Phänomen Wintertourismus zur Sprache.

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Eine Industrie, die termingenau – Stichwort Weihnachts – und Faschingsferien – liefern muss, um ihre Attraktivität und damit Zukunftsfähigkeit zu behalten und die von ihr abhängigen Dienstleistungsberufe zu sichern, kann und darf sich nicht mehr von der Natur abhängig machen. Die Konsequenz der Beschneiung ist aus industrieller, ökonomischer Perspektive gut begründet. Technische Beschneiung – so der spezifische Fachausdruck – ist nicht immer Folge des fehlenden Schnees, sondern notwendige Grundlage, um sich selbst in schneereichen Gebieten, wie dem Arlberg, von den Unwägbarkeiten des Wettergotts zu immunisieren. Denn nur der dichtere Kunstschnee kann die Beständigkeit der Piste für die täglichen Tourismusmassen in halbwegs kontrollierbarer Qualität sicherstellen. So lautet zumindest die Problemanalyse von branchenspezifischen Entscheidern, wie dem „Schneepapst“ von Lech am Arlberg. Naturschnee ist für ihn nettes Bei- oder Blendwerk für den stimmigen Gesamteindruck beim Wintersporttreibenden, aber eher hinderlich für die Sicherstellung qualitativ hochwertiger Pisten.

Damit tritt ein inhärenter Widerspruch des Massenskilaufs offen zu Tage: Einerseits werden die Werber nicht müde, neben den technischen Neuerungen die einzigartige Naturerfahrung anzupreisen. Andererseits ist diese Naturerfahrung, verstanden als Erlebnis, welches gerade von der Unwägbarkeit der vorgefundenen Bedingungen ihren Anreiz erhält, in jener hochtechnisierten und menschlich überformten Gebirgslandschaft kaum mehr möglich.

Man könnte also – in leichter Abwandlung von Max Weber – von einer "Entzauberung der Naturerfahrung" sprechen. Natur im Sinne eines vorgefundenen, teilweise unwägbaren Systems wird – zumindest in großen Teilen der Branche -  nahezu aufgegeben für eine berechenbare Serviceleistung zur Optimierung ökonomischer Kennziffern.

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