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Interviews

PowderPeople | CĂ©lia Lucas, Lawinenwarnerin am SLF

PowderGuide im Gespräch mit Célia Lucas

von Christiane Eggert • 17.12.2019
Célia Lucas, 29, ist seit letztem Winter Lawinenprognostikerin beim WSL- Institut für der Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos. Im Interview erzählt sie, wie es sie aus Luxemburg in die Schweiz verschlagen hat, aus ihrem Berufsalltag am SLF und davon, wie sie ihr Beruf auch auf privaten Skitouren begleitet.

Vervollständige folgende Sätze:

..meinen ersten Kontakt mit Schnee hatte ich: schon von Geburt an waren wir im Winter immer in den Skiferien in der Lenzerheide. Das erste Mal auf den Langlaufki stand ich dann mit 3 Jahren.

..nach Feierabend mache ich am liebsten: Nachtskitouren

..mein Lieblingssport ist: Skifahren im Winter, im Sommer gehe ich gern biken

..Skifahren bedeutet fĂĽr mich: Freiheit und Ruhe

..das darf nicht auf einer Skitour fehlen: gute Begleitung und Sicherheitsmaterial

..nach einer Skitour gibt es nichts Besseres als: eine warme Dusche

..darauf kann ich verzichten: Städte

..ich träume heimlich von: einem Hund

..am liebsten verbringe ich meine Ferien in: den Bergen

..bei diesem Essen werde ich schwach: Schokolade

..diese Musik höre ich am liebsten: Oldies

..ich habe Angst vor: beim Klettern bin ich ein echter Angsthase

..in 10 Jahre bin ich: immer noch Lawinenprognostikerin

PG: Danke fĂĽr deine Zeit, CĂ©lia. Reden wir erstmal ĂĽber deinen Beruf. Wie kam es zu der Stelle als Lawinenprognostikerin?

Ich habe Geologie und Geophysik an der ETH in ZĂĽrich studiert und habe meine Dissertation teilweise beim SLF gemacht. Dort habe ich unter anderem an einem Projekt mit Radar und Gleitschneelawinen gearbeitet. Ich war daher schon ein paar Winter in Davos. Ich habe aber nach 3 Jahren die Dissertation abgebrochen und bin in die Privatwirtschaft. Ich habe ein Jahr in einem IngenieurbĂĽro im Wallis gearbeitet und habe dort einige Lawinenprojekte begleitet. Dann habe ich die Stelle beim SLF gesehen und mich einfach mal beworben. Ich habe nicht so fest damit gerechnet, dass es klappt, aber habe die Stelle bekommen und bin nun sehr glĂĽcklich, ein Teil von dem Team zu sein.

PG: Du bist in Luxemburg aufgewachsen. Wie kamst du in die Schweiz?

Nach dem Abitur war klar, dass ich zum Studieren ins Ausland gehe. Da meine Schwester auch schon in der Schweiz studiert hat und es mich sowieso immer schon in die Berge gezogen hat, lag es nahe, in die Schweiz zu gehen. Mittlerweile lebe ich seit 10 Jahren hier.

PG: Welche Aufgaben hast du neben der Herausgabe der Lawinenbulletins? Wie darf man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen?

Im Winter haben wir jeweils einen Dienstplan, in dem wir für die Herausgabe des Bulletins zugeteilt sind. Das füllt einen eigentlich im Winter völlig aus. Wir haben 9 Tage "Dienst" am Stück, davon 3 Tage als "Einsteiger", also quasi als Handlanger des Hauptverantwortlichen. Dann ist man 3 Tage selbst verantwortlich und 3 Tage ist man dann noch "Reserve" und unterstützt die Kollegen. Die 3 Tage Hauptverantwortung bedeuten rund- um-die Uhr Bereitschaft.

Ausserdem kümmern wir uns um unser Mess- und Beobachternetzwerk. Es gibt ca. 200 Personen in der Schweiz, die für uns beobachten und Messdaten übermitteln. Wir organisieren zum Beispiel Kurse und Schulungen für unsere Beobachter. Oder rekrutieren neue Beobachter, wenn jemand wegfällt. Aktuell haben wir eine neue Erfassungssoftware und schulen unsere Leute in der ganzen Schweiz.

PG: Was sind die Beobachter so fĂĽr Leute?

Ganz bunt gemischt. Oft sind es Bergführer, Bergbahnmitarbeiter, aber auch Bauern oder "Oma Erna", die für uns die Situation beobachten und melden. Die Beobachter melden neben ihrer subjektiven Einschätzung auch die Messdaten "ihrer" Station oder machen Schneeprofile. Eine Messtation kann z.B. ein kleines Messfeld im Garten sein. Die Herausforderung ist, dass im Winter jeden Tag um 7 Uhr morgens eine Meldung gemacht werden muss. Daher haben viele Beobachter eine Stellvertretung.

PG: Weichen die Meldungen von Mensch und Maschine ab?

Mensch und Maschine melden nur teilweise die gleichen Daten. Meistens gibt’s da aber schon ein halbwegs stimmiges Bild. Beides ist für die Abbildung des Bulletins gleichwertig wichtig, die Rückmeldungen und Beobachtungen aus dem Feld fliessen jeweils in die Verifikation des Bulletins ein. Es kann also gut sein, dass die Gefahrenstufe anhand der Rückmeldungen von draussen im nächsten Bulletin korrigiert wird. Schnellschüsse aufgrund einer Meldung gibt es aber eher nicht.

PG: Der Lawinenwarndienst ist eher männerdominiert. Wie hast du dich als Frau im Team eingefunden? Muss man sich als Frau erstmal beweisen?

Wir sind 2 Frauen und 6 Männer im Team. Ich bin jetzt 1 Jahr dabei und habe nie das Gefühl gehabt, mich besonders beweisen zu müssen. Wir ergänzen uns wunderbar.

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PG: Wie hast du deinen ersten Winter als Lawinenwarnerin in Davos erlebt?

Der vergangene Winter war durch und durch besonders. NatĂĽrlich, weil ich viel gelernt habe und in der Ausbildungsphase war, aber auch weil es eine Lawinenstufe 5 gab. Das gab es zwar das Jahr zuvor auch, aber sonst gibt es das nur sehr selten, zuvor zuletzt 1999. Das war spannend, vor allem in der Kommunikation. Es gab viele Medienanfragen und diese alle zu bedienen war eine Herausforderung.

PG: Lass uns da mal ein bisschen noch über Dich persönlich sprechen. Bist du selbst auch viel unterwegs in den Bergen?

Ja, ich bin wann immer möglich in den Bergen unterwegs.

PG: Wo trifft man dich an? Im Skigebiet oder beim Skitouren?

Ich bin lieber auf Skitour und geniesse die Ruhe. So wähle ich auch meine Touren aus, möglichst wo nicht gerade "Alle" hochrennen. Eine gute Abfahrt und wenig Leute auf der Tour sind mir wichtiger als ein prominenter Gipfel.

PG: Was sind den deine „Tools“ für den Schnee? Welche Ausrüstung ist immer mit dabei?

Natürlich Sicherheitsmaterial und meine fette Daunenjacke. Ich bin ein richtiges "Gfrörli".

PG: Bist du durch deinen Beruf eher defensiv unterwegs?

Das werde ich oft gefragt. Ich frag mich das selbst manchmal, aber ich würde schon sagen, dass meine Arbeit mein Verhalten etwas beeinflusst, ich weiss aber ehrlich gesagt noch nicht genau in welche Richtung. Einerseits hat man ein besseres Verständnis von der Schneedecke wegen der ganzen Infos, andererseits wird man aber auch täglich mit den ganzen Unfällen und Lawinenabgängen konfrontiert

PG: Wie verhältst du dich in einer Gruppe beim Touren? Wird von dir immer der "Profi" erwartet?

Bei Menschen, die mich schon lange kennen, spielt das keine Rolle. Wenn "Fremde" in der Gruppe sind, dann merke ich schon, dass von mir ein entsprechendes Wissen erwartet wird. Ich finde das etwas heikel und auch störend, denn letztendlich sollte auf Tour unter Freunden und Bekannten jeder selbst Verantwortung übernehmen können und wollen.

PG: Hast selbst schon Bekanntschaft mit Lawinen gemacht?

Glücklicherweise nein. Also weder selbst etwas ausgelöst, noch in einer Lawinensituation gewesen. Auch musste ich noch nie Hilfe leisten. Ich hoffe das bleibt auch so.

PG: Du stehst ja im regen Austausch mit Frau Holle. Was sind deine Prognosen fĂĽr diesen Winter?

Also, wünschen würde ich mir so ein geilen Winter wie letztes Jahr. Letztes Jahr gab es ja zuerst im Süden viel Niederschlag und dann nur noch im Norden. Dieses Jahr hat wieder gleich angefangen mit den Südniederschlägen. Muss also jetzt nur noch die Richtung auf Norden wechseln und dann bin ich optimistisch, was häufigen "Powderalarm" angeht (lacht).

PG: Célia, vielen Dank für das Gespräch.

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