Ich treffe Helias, Alex, und Thomas auf der Terrasse einer Bar in Cham am späten Nachmittag. Sie kommen gerade von einem 3 tägigen Tour mit Klienten zurück, bei dem Sie auf dem Glacier du Argentière biwakiert haben. Ihre Gesichter strahlen gleichermassen Zufriedenheit und Erschöpfung aus. Ein guter Moment, um mit ihnen bei Bier und Pizza über Ihre Expedition im Yukon Territory zu sprechen, auf der sie den Mount Logan, den zweithöchsten Berg Nordamerikas, bestiegen und mit Ski, Snowboard und Monoski befahren haben.
Jan: Erzählt mir doch bitte mal, wie es zu Eurer Idee kam.
Helias: Das ist eine langen Geschichte, die ein paar Jahre reifen musste. Es gab in der Vergangenheit bereits zwei Versuche, diese Expedition auf die Beine zu stellen, die aber unter Anderem daran scheiterten, dass sich niemand finden ließ, der bereit war sich auf dieses Abenteuer einzulassen. Ich denke es war einfach zu groß, zu gewaltig. Bis ich dann Thomas und Alex getroffen habe! Als ich mit Thomas auf der Zabardast Expedition in Pakistan war, habe ich ihm davon erzählt. Er war sofort super motiviert.
Thomas: Das stimmt nicht ganz. Als du mir das Projekt vorgeschlagen hast, dachte ich zuerst: Typ, du hast sie nicht mehr Alle!
Alex: Bei mir war es dagegen recht einfach. Helias hat mir davon in Cham bei einem Bier erzählt. Das hat gereicht und ich habe sofort zugesagt.
Helias: Aber die ursprüngliche Idee für diese Expedition wurde eigentlich auf einem Trip in Alaska geboren. Der Logan Glacier speist den in den Copper River und mündet 300km weiter in den Pazifik. Ich überlegte mir, ob es wohl möglich sei, den Berg Sea to Sea zu überschreiten.
Jan: Wie lange hat es gedauert, die Expedition vor zu bereiten?
Helias: 3 Jahre (Lacht). Nein, im Ernst, nachdem das Team komplett war haben wir innerhalb von 3 Monaten alles vorbereitet.
Jan: Eure Expedition war nicht nur aufgrund der Abgeschiedenheit sondern auch wegen der notwendigen Logistik eine Herausforderung. Immerhin habt ihr das gesamte Equipment sowie Verpflegung für die geplanten 40 Tage zu dritt auf Schlitten transportieren müssen! Was ging in euren Köpfen vor, als euch bei Ankunft bewusst wurde, dass ihr aufgrund des trockenen Winters das gesamte Gepäck anstatt zu ziehen nun für mehrere Tage tragen musstet, um zur Gletscherzunge zu gelangen?
Alex: Es hatte 20 Grad Ende April und keinen Schnee. Das war im ersten Moment ernüchternd. Was uns dabei geholfen war Tagesziele zu definieren.
Thomas: In den ersten Tagen konnten wir nur 5 Km pro Tag zurücklegen, weil wir unser Gepäck in Etappen transportieren mussten. Das war extrem ermüdend aber gleichzeitig waren wir auch super happy, an diesem unglaublich schönen Ort zu sein.
Alex: Der Gletscher ist extrem riesig. Der Einsatz unserer Drohne war daher sehr hilfreich, um den Weg durch die von Moränen zerklüftete Landschaft zu finden. Einmal mussten wir uns auch 3 Tage lang entgegen unseres eigentlichen Zieles bewegen, um eine geeignete Passage zu finden. Das war wirklich irritierend.
Jan: Zu Beginn euers Trips hattet ihr nicht nur mit Schneemangel zu kämpfen, sondern auch mit mehrtägigem Regen. Wie habt es es geschafft, trotzdem eine positive Einstellung zu behalten?
Alex: Das war nicht ideal aber nachdem wir uns bereits 3 Tage zu Fuß durch die Steinwüste zum Gletscher gekämpft hatten, konnte uns das nicht bremsen.
Jan: Habt ihr den Regen ausgesessen oder seid ihr weiter gelaufen?
Thomas: Zuerst ja, aber als es dann stärker anfing zu regnen, haben wir gezeltet damit nicht alles komplett nass wurde.
Alex: Und zusätzlich zum schlechten Wetter konnten wir den Pass nicht finden über den wir zum Basecamp gelangten.
Thomas: Und als ob das nicht genug wäre, entdeckten wir dann mitten auf dem Gletscher Bärenspuren, die uns offensichtlich folgten! Das war mental herausfordernd.
Jan: Aber ich denke, dass ihr euch im Klaren darüber gewesen seid, dass ihr früher oder später Bären begegnen werdet?
Thomas: Natürlich hatten wir damit gerechnet. Vor allem zu Beginn des Trips, aber nicht weit draussen auf dem Gletscher. Ich bin total ausgeflippt als ich das entdeckt habe. Lacht
Jan: Ihr hattet 40 Tage für euere Expedition eingeplant. Wie habt ihr eure Vorräte kalkuliert, nachdem sich der Weg zum Basecamp länger hinzog als ursprünglich geplant?
Thomas: Wir hatten Essen für 45 Tage dabei. Der Weg zum Basecamp hat doppelt solange gedauert wie angenommen. Aber wir hatten auch mehrere Tage im Basecamp eingeplant, die wir zum Skifahren und zum akklimatisieren nutzen wollten. Als wir dann im Basis Lager ankamen war klar, dass wir nur einen Versuch hatten Mount Logan zu besteigen.
Alex: Ein weiterer Grund, direkt und ohne Akklimatisation aufzusteigen war die Wettersituation. Es zeichnete sich ab, dass die Chance auf ein weiteres Wetterfenster in den nächsten Tagen unwahrscheinlich war. Deshalb haben wir uns dann nur 2 Tage im Basecamp vorbereitet und sind los. Für den Aufstieg über den Grat haben wir dann nur 7 Tage gebraucht