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Materialtests

Materialtest | Arc'teryx Voltair 20

High-tech Airbagrucksack von Arc’teryx

10.10.2017 von Lorenzo Rieg
Mit der Voltair-Reihe sind die Kanadier von Arc'teryx letzte Saison in den boomenden Markt für Lawinenairbagrucksäcke eingestiegen. Dabei zeichnet sich der hier getestete „kleine" Voltair mit 20l Fassungsvermögen nicht nur durch das batteriebetriebene Airbagsystem aus, sondern bietet Freeridern auch zahlreiche andere Vorteile.

Erster Eindruck

Der kleine Rucksack kommt in unauffälligem Schwarz, wobei auch einige Farbakzente ins Auge stechen. Das planenartige, wasserdichte und sehr robuste AC²-Material ist mir von den leider nichtmehr produzierten Arrakis-Modellen bekannt und einfach top (und ja, es ist wasserdicht und hält wirklich ewig).
Bei genauerem Betrachten des Airbagsystems fällt schnell auf, dass man sich hier wirklich Gedanken gemacht hat. Alles ist optimal verstaut und das System nimmt im Rucksack kaum Platz weg, was bei Airbagrucksäcken nicht selbstverständlich ist. Der flache Akku ist solide am Rückenpanel verstaut und sorgt so für einen günstigen Schwerpunkt, der Airbag und die Venturi-Einheit zum Aufblasen desselben sind erstaunlich platzsparend ausgefallen. Der auf den ersten Blick etwas seltsam anmutende Auslösegriff erweist sich als sehr praktisch und gut zu greifen. Genial gelöst ist auch die Beinschlaufe, sie wird einfach mittels eines kleinen Karabiners am rechten Teil des Hüftgurtes festgeklippt, womit nerviges Fädeln entfällt und zudem der Rucksack auf- und abgesetzt werden kann, ohne die Beinschlaufe öffnen und wieder schließen zu müssen.

Ist der Akku geladen und das Airbagsystem scharfgestellt (Schalter am Akku und Griff auf „On"), ist der Airbag durch einen beherzten Zug am Griff gut auszulösen und füllt sich wirklich schnell unter ohrenbetäubendem Krach. Der Airbag umgibt dabei den Kopf von den Seiten her, was zwar das Sichtfeld leicht einschränkt, dem Kopf aber auch etwas Schutz bietet.

Generell ist der Rucksack eher minimalistisch gestaltet. Der Stauraum ist über einen etwas kurz geratenen Reißverschluss zugänglich und reicht eben für das Nötigste. Wenn ich im Aufstieg die Jacke außen befestigt habe, hat mir der Rucksack für Tagestouren gereicht. Neben dem Fach für die Sicherheitsausrüstung, welches sich innen im Rucksack befindet, gibt es eine kleine Innentasche für Wertsachen, sowie zwei Straps außen zur Befestigung von was auch immer nicht mehr in den Rucksack passt.

Tester und Testbedingungen

Ich fahre viel Ski und gehe auch viele Skitouren, trotzdem war ich bisher meist ohne Airbagrucksack unterwegs. Nicht weil ich die Idee schlecht finde oder das Mehrgewicht scheue, sondern einfach weil ein Großteil der Airbags leider in (meiner Meinung nach) wenig tauglichen Rucksäcken verbaut ist. Das dies beim Arc'teryx Voltair 20 anders ist, konnte ich ausgiebig testen und eines gleich vorab: Den Rucksack möchte ich nur ungern wieder hergeben. Ich habe ihn seit Mitte Februar 2017 im Gebrauch und an zahlreichen Tagen im Skigebiet und auf Skitouren getestet. Dabei war eigentlich alles an Bedingungen dabei, was man sich in einer Skisaison so vorstellen kann. Lediglich für lange Skihochtouren bei denen Gletscherausrüstung notwendig ist, war mir der kleine Voltair dann eben doch zu klein.

Materialtests
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Praxistest

Der Rucksack ist durch das verhältnismäßig große Hauptfach gut zu bepacken, möchte man etwas mehr Ausrüstung mitnehmen (ich habe meist eine recht große Spiegelreflexkamera dabei) muss man beim Packen schon schauen, dass man alles unter bekommt, generell kann ich aber sagen, dass in den Rucksack mehr reinpasst als ich zunächst vermutet habe. Auch das kleine Fach für Wertsachen fasst neben Geldbeutel und Schlüssel noch eine Packung Tempos, ein Buff und ein paar Riegel. Für einen Tag im Skigebiet reicht der Rucksack leicht aus, auch für normale Skitouren komme ich gut damit klar, hier muss ich allerdings wie erwähnt im Aufstieg meine Jacke außen befestigen, da sie innen keinen Platz mehr hat. Das Fach für die Sicherheitsausrüstung ist offen ins Hauptfach eingesetzt, was etwas weniger aufgeräumt ist, als wenn ein außen angesetztes Fach verwendet wird, dafür ist der Zugriff auf Schaufel, Sonde und Erste Hilfe Paket schnell möglich und es wird Platz und Gewicht am Rucksack gespart.

Natürlich ist der Rucksack schwerer als ein Modell ohne Airbagsystem, allerdings sitzt er sehr gut am Körper, hat einen angenehmen Schwerpunkt und trägt sich wirklich gut. Mir ist das Mehrgewicht im täglichen Gebrauch praktisch nicht aufgefallen, ein großes Like dafür!

Die Haupteigenschaften eines Rucksackes erfüllt der kleine Voltair also problemlos, doch auch an den airbagspezifischen Merkmalen sind mir ein paar Dinge positiv aufgefallen. Gerade die Beinschlaufe ist einerseits einfach, andererseits aber auch genial gelöst. Dadurch, dass sie rechts von der Hauptschnalle am Hüftgurt mit einem kleinen Karabiner eingeklickt wird, muss man nicht bei jedem Auf- und Absetzen des Rucksackes die Beinschlaufe wieder einfädeln, was gerade beim Freeriden mit viel Liftbenutzung klasse ist. Ein noch wichtigerer Effekt dieser Lösung ist, dass es ermöglicht wird, eine normale Schnalle am Hüftgurt zu verwenden. Damit existiert endlich ein Airbagrucksack, bei dem sich nicht permanent der mit dicken Handschuhen kaum zu bedienende Hüftgurt lockert. Überhaupt sitzt der Rucksack insgesamt sowohl im Aufstieg als auch bei der Abfahrt sehr gut am Körper und stört somit in keinster Weise.

Auch der durch ein einfaches Drehen zu blockierende Auslösegriff ist eine Spitzenidee. So schnell und einfach hat man wohl bei keinem anderen Airbagsystem die Kontrolle über scharfgestellt und entschärft. Kein fummeliges Verpacken (oder gar Abnehmen) des Griffes, kein Hantieren mit Reiß- oder Klettverschluss. Vor dem Einsteigen in die Gondel, das Auto oder den Skibus einfach drehen, nach dem Aussteigen zurückdrehen und gut ist. Durch den grünen Punkt ist auch visuell leicht erkennbar, ob der Rucksack scharfgestellt ist und ausgelöst werden kann.

Der Airbag ist mit einem Ruck am Griff gut auszulösen und bläst sich wirklich schnell auf, wobei anzumerken ist, dass dies mit ziemlichem Lärm geschieht. Einmal aufgeblasen wird der Airbag durch das System für einige Zeit mit Luft versorgt und so prall aufgeblasen gehalten. Das Ablassen der Luft erfolgt manuell durch das Einsetzten eines kleinen Plastikrohrs, was zunächst etwas unpraktisch erscheint, prinzipiell aber problemlos funktioniert. Mit ein wenig Stopfen ist der Airbag dann auch schnell wieder in seinem Fach verstaut und bereit für den nächsten Einsatz.

Während der Rucksack also wirklich überzeugen kann, muss ich doch ein Detail kritisieren. Leider ist das Tragen von Ski am Rucksack nämlich eher suboptimal. Natürlich kann man die Ski hinten an den Riemen befestigen, wirklich gut tragen sie sich da aber nicht, zudem wird bei meinem üblichen Tourengepäck der Platz dann wirklich knapp, da ja bereits die Jacke und der Helm hinten außen befestigt sind. Natürlich lassen sich kurze Aufstiege mit Ski am Rucksack problemlos erledigen, längere Aufstiege mit Ski am Rücken, etwaschneefreie Zustiege im Frühjahr oder Couloiranstiege, sind aber einfach nicht so angenehm. Natürlich gehören diese Unternehmungen nicht in den Kernkompetenzbereich des Voltair 20, aufgrund seines recht großen Einsatzspektrums würde ich sie aber trotzdem mit ihm angehen, wenn sich denn die Ski besser befestigen ließen.

Zuletzt sollen auch die generellen Vorteile des elektrisch betriebenen Airbagsystems nicht unerwähnt bleiben. Dadurch, dass man den Airbag mehrmals auslösen kann und eine Auslösung auch nicht mit Aufwand oder Kosten verbunden ist, gibt es keine Hemmschwelle beim Üben, der Ablauf prägt sich also gut ein. Zusätzlich sollte es zu weniger Problemen bei Flugreisen kommen (Vorsicht, der Akku muss ins Handgepäck) als mit einem Airbagsystem, bei dem eine Kartusche mit hohem Druck mitgeführt werden muss. Das System ist relativ zügig geladen und man kann es wirklich problemlos mehrfach auslösen.

Fazit

Trotz der genannten kleinen Nachteile ist der Rucksack für mich wirklich top. Durch die Kombination aus hohem Tragekomfort, durchdachten Details und robustem Material liegt spielt er bei den Airbagrucksäcken ganz vorne mit. Aufgrund der kleinen Größe kommt er schwerpunktmäßig sicher beim Freeriden im Skigebiet zum Einsatz, bei Skitouren muss ich schon etwas auf das mitgeführte Material schauen. Für normale Tagestouren ist der Rucksack ausreichend, allerdings würde ich mir auch hier die größere Version wünschen.

Vorteile

  • Verhältnismäßig leicht
  • Sehr gut zu tragen
  • Beinschlaufe exzellent gelöst
  • Robustes und wasserdichtes Material

Nachteile

  • wenige Taschen und Fächer
  • sehr teuer

Details

UVP €1150.-
Sicherheitstasche innen
Wasserdichte Innenhülle für Schaufel, Sonde, Säge und Felle
Die Fähigkeit zur mehrfachen Auslösung ermöglicht auch Trainings- und Probeanwendungen
Das System sorgt für zusätzliche Luftzufuhr, damit der Airbag auch bei kleineren Rissen vollständig aufgeblasen bleibt
Die Batterie ermöglicht mehrere Entfaltungen, ohne dass sie neu aufgeladen werden muss; sie eignet sich für Flugreisen und funktioniert auch bei Temperaturen von bis zu -30 °C
Handschuh-freundliche, an einem Bein zu befestigende Sicherheitsschlaufe mit Hüftgurtkarabiner ermöglicht schnellere Kleidungswechsel
Batterie (separat erhältlich) lässt sich zwecks Flugzeugtransport oder Austausch leicht entfernen
Mechanischer Auslöser für unkomplizierte, intuitive Entfaltung kann während Reisen oder Liftfahrten in Aus-Position verriegelt werden
AC²-Verbundaufbau (Advanced Composite Construction) mit Nahtversiegelung für überragende Wasserfestigkeit
Das Voltair-System kann dank wiederaufladbarem Ventilator mit Lithium-Ionen-Polymer-Batterie schnell aufgeblasen werden

Hier geht es zur Website von Arc'teryx mit weiteren Informationen.

Der Rucksack wurde PowderGuide für den Testzeitraum vom Hersteller leihweise zur Verfügunggestellt. Wie wir testen, erfahrt ihr in unserem Test-Statement.

Fotogalerie

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