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Schnee von morgen

Schnee von morgen | PFC - Unser chemischer Fußabdruck

und was wir dagegen tun können!

von Lisa Amenda 04.11.2019
Die Detox-Kampagne von Greenpeace hat es gezeigt: Wir Outdoorsportler sind gar keine Umweltengel, sondern hinterlassen überall unseren Fußabdruck. Unter anderem in Form von per- und polyfluorierten Chemikalien – kurz PFC. Aber warum sind sie so schlimm und wie bringen wir PFC in die Umwelt?

Es war das Jahr 2015. Greenpeace schickte acht Teams nach Chile, China, Italien, Schweden, Norwegen, Finnland, Russland, in die Türkei, Slowakei und die Schweiz, um dort Schnee- und Wasserproben zu entnehmen. Ein unabhängiges Labor prüfte diese Proben und wies in allen Spuren von PFC nach. In Europa waren die Konzentrationen etwas höher als in Asien oder den Anden und doch ging sofort ein Aufschrei durch die Outdoorbranche. Denn diese hat maßgeblich damit zu tun.

Schließlich sind wir Outdoor- bzw. Wintersportler eigentlich ein Widerspruch in sich. Wir gehen raus, weil wir uns gerne in der Natur bewegen, die Freiheit und Unberührtheit genießen und genau dadurch nehmen wir ihr ein Stück dieser Unberührtheit. Mal mehr, mal weniger. Häufig können wir versuchen, so wenig Einfluss wie möglich auszuüben und beispielsweise unseren Müll wieder mitzunehmen, nicht abseits markierter Wege unterwegs zu sein oder sogar unsere Anfahrt zu kompensieren. Schwierig wird es allerdings, wenn uns unser Einfluss nicht einmal bewusst ist und wir uns nicht darüber im Klaren sind, dass wir hier gerade etwas zurück lassen. Wie etwa einen chemischen Fußabdruck, der über viele, viele Jahre bleibt.

Was sind PFC?

Einen solchen Fußabdruck hinterlassen wir mit per- und polyfluorierten Chemikalien, kurz PFC. Mehr als 800 verschiedene Stoffe stecken hinter diesem Kürzel, PTFE ist nur eins von vielen Beispielen. Und all diese Stoffe kommen so nicht in der Natur vor, sondern sind anthropogen, also vom Menschen gemacht. PFC bestehen aus einem Grundgerüst aus Kohlenstoffatomen und die angehängten Wasserstoffatome sind zum Teil oder gänzlich durch Fluoratome ersetzt. Sind die ursprünglichen Wasserstoffatome vollständig durch Fluor ersetzt, spricht man von perfluoriert. Sind nur Teile ersetzt, nennt man sie polyfluoriert. So ergibt sich auch der Name der Chemikaliengruppe. Oftmals ist auch die Rede von lang- und kurzkettigen PFC, weil die Kohlenstoffketten in unterschiedlichen Längen auftreten. Zum Beispiel als C8 (Kette von acht Kohlenstoffatomen) oder C6 (Kette von sechs Kohlenstoffatomen). Hinzu kommt, dass wenn Fluor an einem Kohlenstoffgerüst hängt, eine der stabilsten Verbindungen der organischen Chemie entsteht. Und das macht PFC auch so besonders.

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Was ist das Besondere an PFCs?

Häufig sind chemische Stoffe wasser- oder ölabweisend. PFC hingegen schaffen es Produkte wasser-, öl- und schmutzabweisend in einem zu machen. Und sie halten Temperaturen bis zu 250°C stand. Genau diese Eigenschaften machen sie so attraktiv für die Outdoorbranche, denn sie machen auch unsere Ausrüstung und Bekleidung wasser-, schmutz- und ölabweisend. Das ein oder andere Versprechen von namhaften Herstellern habt ihr zu diesen Eigenschaften sicher noch im Ohr. Und damit fing der Siegeszug der PFC an. Jacke, Hosen, Schuhe – alles mit PFC beschichtet. Und wir wurden in dem Glauben gelassen, damit ganz unbedenklich auf die größten Abenteuer aufbrechen zu können. Hinzu kommen Imprägniersprays, Pappbecher, Pizzakartons (klar, auch hier spielt ölabweisend eine Rolle) oder Skiwachs und Teflon. Klingt doch erstmal super! Warum sollten wir dennoch so wenig PFC wie möglich mit uns rumtragen?

Was macht sie so gefährlich?

Weil ihre Besonderheit gleichzeitig ihre Crux ist: Es gibt keinerlei natürliche Prozesse, die in der Lage sind, diese stabilen PFC vollständig abzubauen. Bereits während der Produktion gelangen die Stoffe in die Umwelt und auch über unsere Waschmaschine zuhause. Denn wenn wir beobachten, dass das Wasser auf unserer Jacke nicht mehr so schön abperlt, dann ist ein Teil der Beschichtung verloren gegangen und die PFC haben sich abgelöst. In Kläranlagen können sie nicht vollständig herausgefiltert werden und so gelangen sie in den Wasserkreislauf und in die Nahrungskette. Von Plankton, über Fische, bis zu uns. Sie können hormonelle Wirkungen auslösen, Abbauprozesse in der Leber blockieren und werden sogar in Verbindung mit erhöhten Krebsraten gebracht. Das Umweltbundesamt hat 2009 bereits herausgefunden, dass die Halbwertszeit von PFC im menschlichen Körper vier Jahre beträgt. Zwar kann laut Bayerischem Landesamt für Umwelt bisher nur über schädliche Auswirkungen in größerem Maße auf Ökosysteme und Natur spekuliert werden, da es noch kaum Untersuchungen gibt, allerdings sollten wir PFC nicht mit einem kurzen Wegabkürzer auf dem Wanderweg gleichsetzen. Die Pflanzen, die wir dort vermutlich kaputt treten, können nachwachsen. PFC jedoch sind sehr stabil, das mag für unsere Bekleidung super sein, aber sie sind auch noch sehr stabil, wenn wir sie bereits nicht mehr auf der Kleidung haben und bleiben entsprechend lange in der Natur – vielleicht sogar so lange bis Konzentrationen erreicht sind, die dann doch schädliche Auswirkungen haben.

Was wir gegen PFC tun können

Die mögliche Gefahr von PFC hat mittlerweile aber auch die Outdoorbranche erkannt und sie arbeitet daran, wasserabweisende Materialien und Membranen auf anderem Wege herzustellen. Einige Brands sind auf kürzerkettige PFC umgestiegen. Also von C8 auf C6. Dazu gehören unter anderem Gore, aber auch der selbsternannte Umweltaktivist Patagonia oder beispielsweise Norrona. Das Umweltbundesamt steht dem allerdings kritisch gegenüber, weil über die Giftigkeit dieser Stoffe noch wenig bekannt ist. Auch C6 bleiben in der Umwelt und können toxische Wirkungen auf Natur und Lebewesen haben.

Dennoch gibt es bereits zahlreiche Hersteller, die ganz auf PFC verzichten oder sich der Greenpeace Detox-Kampagne angeschlossen haben und bis 2020 auf per- und polyfluorierte Chemikalien verzichten wollen. Das sind unter anderem Pyua, deren eigenes Laminat Climaloop aus recycelten Materialien besteht und FC- sowie PTFE-frei ist oder Vaude, die seit der Sommerkollektion 2018 komplett PFC-freie Bekleidung herstellen und seit Winter 2018 auch bei ihren Rucksäcken und Schuhen auf eine PFC-freie Imprägnierung umgestellt haben. Bis 2020 soll das gesamte Produktsortiment PFC-frei sein. Auch der Öko-Vorreiter Houdini hat bereits 2018 alle Fluorcarbone aus seiner Kollektion verbannt und der Outdoor-Riese The North Face stellt mit dem neuen, hauseigenen Futurelight seit dieser Saison ein Material her, das komplett neue Wege geht: Futurelight wird mit Nanospinning-Technologie unter anderem aus Recyclingmaterialien hergestellt. Es soll enorm atmungsaktiv und wasserdicht sein und es kommen weniger Chemikalien bei der Produktion zum Einsatz. Unter anderem wird kein PFC verwendet. Auch weitere Hersteller kommen teilweise oder ganz ohne PFC aus: Klättermusen, Haglöfs, Schöffel, Fjällräven, Paramo, Nikwax etc. Und fast jeder Hersteller hat mittlerweile PFC-freie Stücke in seinem Sortiment. Diese sind auch meistens als PFC-frei gekennzeichnet, so dass ihr sie als Konsumenten schnell erkennt. Da noch nichts über die Auswirkungen von kurzkettigen PFC bekannt ist und Greenpeace und Umweltbundesamt davor warnen, sollten wir uns aus unserer Sicht beim Kauf von neuem Equipment lieber nach einer PFC-freien Alternative umschauen und damit langsam unseren chemischen Fußabdruck weiter verkleinern. Denn sind wir einmal ehrlich: Selbst im übelsten Schneesturm müssen wir uns nicht vor Wasser, Öl und Schmutz gleichzeitig schützen und können da ohne weiteres auf den PFC-Cocktail verzichten.

Quellen:

Bayerisches Landesamt für Umwelt (2018): Das PFC-Paradoxon

Umweltbundesamt (2018) Per- und polyfluorierte Chemikalien

Greenpeace (2017): Outdoor-Branche: Zukunft ohne gefährliche PFC

Greenpeace (2019): Detox Outdoor

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