Mittlerweile ein alter Hut: Der Bruch und die Schneebrettlawine
Die Hauptursache für Schneebrettlawinen sind Brüche innerhalb der Schneedecke beziehungsweise innerhalb einer Schwachschicht. So wie Porzellan oder Glas auseinanderbricht, bricht in unserem Fall der relativ feste Schaum aus Eis: also ein Gerüst aus Eis umgeben von Luft = Schnee. Brüche erzeugen wir bei jedem Schritt in der Schneedecke, zwischen einzelnen Kristallen. Brechen nicht nur die Verbindungen zwischen einzelnen, direkt betroffenen Kristallen unterhalb unseres Skis oder unserer Fußstapfen, sondern auch die umliegenden, die nicht von unserem Gewicht, also der Zusatzbelastung direkt beeinflusst werden, sprechen wir von der Bruchfortpflanzung. Damit sich ein Bruch fortpflanzen kann, muss die „Konsistenz“ des Schneebretts – also der relativ härteren Schicht - mit der „Konsistenz“ der relativ weicheren Schwachschicht darunter zusammenpassen. Ein zu lockeres „Brett“ führt zwar zu Brüchen, aber da das lockere Brett die Spannungen zu schlecht übertragen kann, kommt es schwerer zur Bruchfortpflanzung und zur Schneebrettlawine. Beim ECT (Extended Column Test) bekommt man das Ergebnis ECTN (= No propagation) also einen Bruch über einen Teil des Blocks ohne Bruchfortpflanzung.
Dann gibt es noch die Möglichkeit, dass das Brett zwar für eine Bruchfortpflanzung gut geeignet wäre, aber die Schwachschicht sich wieder etwas verfestigt hat oder einfach noch zu gering ausgeprägt ist und somit ebenfalls keine Bruchfortpflanzung stattfindet – in diesem Fall liegt die niedrige Bruchfortpflanzungstendenz eher an der Schwachschicht als am überlagernden Brett. Die Beschaffenheit von Schwachschicht und darüber lagerndem Schneebrett muss also zusammenpassen um eine Lawine zu ermöglichen.
Massiv ausgeprägter Schwimmschnee wird ohne entsprechendes, überlagerndes Schneebrett niemals zu Problemen führen. Dafür wird der Cocktail aus extrem schwach gebundenem Schnee - der in der Abfahrt kaum bis gar nicht vom wirklich ungebundenen, also bindungslosen Pulverschnee unterscheidbar ist, lagernd auf Oberflächenreif bereits zu massiven Problemen führen: Eingeschneiter Oberflächenreif ist aufgrund seiner Kristallgröße, -härte, dem Luftanteil und der geringen Schichtmächtigkeit eine der heikelsten Schwachschichten überhaupt. Hier kann schon ein überlagerndes Schneebrett von „untypischer“ (weicherer) „Konsistenz“ ausreichen, um Lawinen auszulösen.