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Schneegestöber

SchneeGestöber 6 2017/18 | Die kompakte Schneedecke

kompakt = stabil -> stabil = kompakt?

von Lukas Ruetz 09.02.2018
Eine Schneedecke ohne relevante Schwachschichten bildet sich vor allem in den inneralpinen Regionen im Früh- und Hochwinter sehr selten aus. In der laufenden Saison finden wir diese Konstellation in weiten Teilen des Alpenbogens. Die Schneedecke ist oft kompakt und der Altschnee stabil.

Juhuu! Endlich ein Winter mit mächtiger Schneedecke und vor allem einem großflächig kompakten Schneedeckenaufbau in den Alpen. Zuletzt wurden wir dieser Ehre im Winter 2011/12 und 2005/06 zuteil. Stabile Verhältnisse gab es allerdings auch in den Wintern dazwischen oft genug. Denn „stabil“ heißt nicht „kompakt“, umgekehrt allerdings heißt „kompakt“ meist „stabil“. Im Folgenden klären wir, warum.

Definition kompakt & stabil

Wenn wir von einer „kompakten Schneedecke“ sprechen, meinen wir immer eine Schneedecke die durchgehend relativ hart ist (außer den Schichten an der Oberfläche). „Hart“ bedeutet in diesem Fall immer härter als Härtegrad 2-3. Das bedeutet, dass keine Schicht mehr mit vier gleichzeitig drückenden Fingern einer Hand durchdringbar ist. Erst wenn man einen Finger oder gar einen Bleistift oder ein Messer verwenden muss, um durch alle einzelnen Schneeschichten durchzukommen, kann man von einer „kompakten“ Schneedecke sprechen.

Das heißt nicht, dass es in einer kompakten Schneedecke keine alten Schwachschichten geben kann. Diese können vorhanden sein, sind allerdings durch Druck der oberen Schneemassen und abbauende Umwandlung wieder derart versintert, dass sie härter werden und sich in ihnen keine Brüche mehr fortpflanzen können. Sehr wohl besteht die Möglichkeit, Teilbrüche bei Stabilitätstests in einer kompakten Schneedecke zu erzeugen, allerdings eher selten und nur bei größerer Belastung. Eine kompakte Schneedecke besteht immer zum Großteil aus rundkörnigen Kristallen, eventuell in Kombination mit Schmelzkrusten oder kantig-abgerundeten Formen. Nur direkt an der Oberfläche können sich andere, also weichere Kristallformen befinden.

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Schwachschichten, in denen sich Brüche fortpflanzen können und sich damit Schneebrettlawinen bilden, sind im trockenen Zustand immer gleich weich oder weicher als Härtegrad 2-3. Eine Schneedecke die man als „kompakt“ bezeichnet, ist demnach immer durchgehend (bis auf die Oberfläche) relativ hart und weist keine prägnanten Schwachschichten auf.

Weitgehend stabile Verhältnisse gibt es auch in einer nicht-kompakten Schneedecke: Wenn die Schwachschichten durch verschiedenste Gründe keine Relevanz mehr für den Skifahrer haben. Stabile Verhältnisse in einer schwachschichtreichen Schneedecke sind zugegebenermaßen relativ selten, stellen sich allerdings meist im Frühjahr zumindest für einige Tage ein – obwohl die Schneedecke im gesamten Winterverlauf niemals als „kompakt“ bezeichnet werden konnte:

  • Zuerst aufgrund der aufbauend umgewandelten Schwachschichten
  • Dann aufgrund der ersten Durchfeuchtung dieser Schichten und dem damit verbundenen Festigkeitsverlust.
  • Darauffolgend aufgrund der weichen und bindungsarmen Schmelzformen im weiteren Verlauf des Frühjahrs.

Also immer weiches Zeug mit Möglichkeit zur Bruchfortpflanzung, allerdings unter Umständen teils so tief in der Schneedecke,

  • dass nicht relevant,
  • oder Bruchfortpflanzungstendenz derart gering, dass kaum relevant,
  • oder von derart harten Schichten überlagert, dass kaum relevant weil nicht auslösbar.

Wie entsteht eine kompakte Schneedecke?

Wie im SchneeGestöber 5 erwähnt, bilden unter anderem Starkschneefälle wie die der aktuellen Saison homogene Schichten innerhalb der Schneedecke und begünstigen die weitere Entwicklung der Schneedecke im Hinblick auf den Abbau von Schwachschichten bzw. die abgeschwächte Tendenz zur Bildung von neuen Schwachschichten. Eine kompakte Schneedecke bildet sich nur bei regelmäßigen und vor allem intensiven Schneefällen im Frühwinter ohne langer Schönwetterphasen aus.

Warum viel Schnee positiv zu werten ist – ein Vergleich

Brüche in einem Gestein (ebenso ein Feststoff wie Schnee bzw. Eis) kann man am leichtesten in porösen, wenig verfestigten Bereichen erzeugen. Es hängt also von der Beschaffenheit ab des Materials ab, nicht von dessen Mächtigkeit. Gleiches gilt für den Schnee: Egal ob eine 50cm mächtige Schneedecke oder eine 5m mächtige Schneedecke – ist sie kompakt, also durchgehend hart, nicht porös, dann kann man darauf herum trampeln wie man möchte, es wird nichts brechen. Befinden sich irgendwo poröse Bereiche, kann man sie zum Bruch bringen. Poröse Bereiche bilden sich durch den Temperaturgradienten eher in einer geringmächtigen Schneedecke aus, nicht in einer mächtigen…

Beispiel 2011/12

Im Winter 2011/12 war die Schneedecke ebenfalls kompakt und die Erwärmung im Frühjahr war derart dezent - das heißt langsam ablaufend und mit meist geringer Luftfeuchtigkeit verbunden - dass in der Heimat des Schneestöberers allseits bekannte, jährlich wiederkehrende Grundlawinen im gesamten Winterverlauf niemals abgegangen sind. Dies war seit Dorfältesten-Gedenken noch nie der Fall. Es gab praktisch keine alten bzw. bodennahen Schwachschichten die durch eine Durchfeuchtung im Frühjahr geschwächt werden konnten.

Damit kommen wir zu einem weiteren Punkt: Intensive Niederschlagsphasen am Anfang des Winters. Im Herbst 2011 gab es im gesamten November keinen Niederschlag und warme Temperaturen. Erst Anfang Dezember fiel der erste, nennenswerte Schnee der Saison. Es folgten regelmäßige und teilweise intensive Schneefälle. Bis Mitte Jänner konnte sich so eine relativ mächtige und de facto altschneeproblemlose Schneedecke aufbauen – denn es gab nur wenige Strahlungstage bei der noch geringmächtigen Schneedecke, also Tage mit schönem Wetter und einer massiven, oberflächlichen Abkühlung.

Die markante Kältephase Anfang Feber 2012 (mit letztmalig tagelang unter -20°C in den besiedelten Gebieten Tirols) konnte dann nur oberflächlich und kurzzeitig bedeutende Schwachschichten in der Schneedecke bilden. Die Schneedecke war inzwischen zu mächtig, um sich in tieferen Bereichen aufbauend umzuwandeln. Bezüglich Schneedeckenaufbau ist damit spätes Einschneien mit anschließend anhaltend starken Schneefällen wünschenswert. Denn sobald es danach zu Bedingungen zur Schwachschichtbildung kommt, wandeln sich i.d.R. nur oberflächennahe Schichten aufbauend um und bereiten in weiterer Folge meist nur kurzfristig Probleme. Dies hängt direkt mit der Schneedeckenmächtigkeit zusammen: Viel Schnee – schwächer ausgeprägter Temperaturgradient – schwächere aufbauende Umwandlung.

In diesem Sinne: Ein Hoch ebenfalls auf 2017/18!

Merke: Stabile Verhältnisse gibt es in jedem Winter, spätestens im Frühjahr – eine durchwegs kompakte Schneedecke allerdings nur in einem Bruchteil aller Saisonen.

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