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SpotCheck | Johnsbach im Gesäuse

Das Bergsteigerdorf als Skitourenstandort: "Auch im Winter wenn es schneit"

von Helmut Gassler 12.02.2022
Aus Sicht der Schweiz, Deutschlands und auch der westlichen Bundesländer Österreichs hören für die meisten die Alpen bzw. deren skitechnisch "interessanter" Teil mit dem "Fast-Dreitausender" Dachstein auf. Die Gebiete weiter östlich werden selbst von Kennerinnen und Kennern (wie z.B. der PowderGuide-Community) allgemein als Alpenostrand bezeichnet und zu Unrecht als skifahrerisch unbedeutend eingeschätzt.

Natürlich sehen das BewohnerInnen im Osten Österreichs (und auch in Ungarn, Tschechien oder der Slowakei) ganz anders. Für diese Gruppe beginnen hier die Alpen! Aus der Perspektive der ungarischen Tiefebene überragt z.B. der Schneeberg (an schönen Tagen gut von Westungarn oder auch vom Neusiedlersee aus zu sehen) den eigenen Standort um fast 2000m.

Tatsächlich finden sich in diesem Teil der Alpen etliche Talschaften bzw. Bergregionen, die in der alpinen Skihistorie ihren verdienten und prominenten Platz einnehmen und bis heute das Herz aller kundigen Powderfreaks höher schlagen lassen.

Eine dieser Regionen ist das Gesäuse, das seinen Namen vom Geräusch der ungezähmt durch die tief eingegrabenen Felsschluchten fließenden Enns hat. Die Berge rechts und links überragen die Enns in steilen Felswänden. Das Hochtor als höchster Gipfel erreicht 2369m und überragt das Flusstal also um fast 1800 Höhenmeter! Seit dem Jahr 2002 weist dieses Gebiet als Nationalpark Gesäuse besonderen Schutz auf. Berühmt wurde das Gesäuse schon im späten 19. Und frühen 20. Jahrhundert als Klettergebiet, wo sich vor allem die damalige Wiener und Grazer Kletterelite mit teilweise berühmten Routen verwirklichen konnte.

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Im westlichen Teil der Ennsschlucht zweigt ein kleines Tal ab, zwängt sich durch eine enge, felsige Schlucht zwischen Reichenstein und Ödstein und verläuft dann parallel zur Enns direkt südlich berühmter Gesäusegipfel wie Ödstein, Festkogel und Hochtor. Einziger Ort dieses kleinen Tals ist Johnsbach, dessen Weiler und einzelne Häuser sich über das ganze Tal verstreuen. Von Johnsbach aus wurden viele der Wände und Routen des Gesäuses erschlossen. Traurige Manifestation dieser Alpinismusgeschichte findet sich im "Bergsteigerfriedhof" Johnsbach, wo berühmte Alpinisten wie der Maler und Alpinist Gustav Jahn (verunglückt am sogenannten Preuß-Quergangs an der Ödsteinkante) ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.

Die „Bergsteigerdörfer“-Initiative des Alpenvereins hat bereits sehr früh Johnsbach als "Bergsteigerdorf" geadelt. Meiner Meinung nach mehr als zu Recht, tummeln sich hier denn zu allen Jahreszeiten Menschen, die sich den Bergen sportlich annähern wollen, sei es beim Wandern, Klettern oder Skifahren. Massentourismus findet sich hier hingegen keiner.

Winter im Johnsbachtal

Johnsbach ist ein sehr beschaulicher Ort mit gerade mal 150 Einwohnern, verteilt über das ganze Tal und gezählten drei (!) Gasthöfen (daneben gibt es einige Unterkunftsmöglichkeiten in Privatquartieren, Ferienwohnungen bzw. Urlaub am Bauernhof). Trotz der niedrigen absoluten Höhe (von ca. 800 bis an die 1000m) ist selbst im Tal Schneesicherheit vorhanden, da die Region noch im Staubereich der Nordwestwetterlagen liegt. Die im Vergleich zu den Nachbarn hohen Gesäuseberge sorgen dann dafür, dass die Niederschlagswolken ihre begehrte Fracht hier abladen. Da das Gebiet im erweiterten Einzugsbereich von Wien, Graz und Linz liegt, ist gerade an Wochenende einiges los. Umso ruhiger ist es dann unter der Woche, wo wir schon paarmal die einzigen Nächtigungsgäste im Gasthof waren und auf Tour den ganzen Tag über niemand anders angetroffen hatten.

Das Skitourengebiet von Johnsbach hat ein doppeltes Gesicht. Im Süden dominieren sanftere Hänge und feine Skimulden bzw. -kare, die mittels langer Zugangsgräben (meist über Forststraßen) erreicht werden. Die Gipfelhöhen belaufen sich auf um die 2000m. Dank der Nordausrichtung der Hänge und Kare ist hier lange flockiger Pulverschnee zu finden und einige der Touren sind oft schon ab Dezember mit den ersten, ergiebigen Schneefällen möglich. Hier finden sich einige typische Schlechtwetter- bzw. Ausweichziele, die auch bei unsicheren Verhältnissen noch gut möglich sind.

Im Norden hingegen dominieren die berühmten Felsriesen aus Kalkgestein und bilden einerseits die beeindruckende Szenerie für die gemütlichen Skitouren des Südteils und andererseits ambitionierte Skiziele selbst mit langen und steilen, südseitig orientierten Abfahrten. Auch einige "Extremabfahrten" finden sich hier. Etwas aus dem Rahmen fällt der "Paradeskiberg" des Gesäuses schlechthin, der Lugauer (2206m, auch als "steirisches Matterhorn" bezeichnet), da er skitechnisch zwar nicht schwer, dafür aber mit seiner Aufstiegslänge von insgesamt ca. 1800 Hm (Gegenanstieg zwingend) als Konditionstest gilt. Seine ebenmäßige, von der Ferne „kirchturmsteil“ wirkende Gipfelflanke von fast 600 Höhenmeter ("Lugauerplan") verrät auf den ersten Blick, warum der Lugauer seinen Ruf als Skiberg "par excellence" aufweist.

Heute werden bei guten Bedingungen viele dieser Gesäuseberge auch im Hochwinter gemacht. Allen voran die Steilabfahrt vom Festkogel (2269m) und die (gemütlicheren) Gipfel wie Stadelfeldschneid (2092m) und Gsuchmauer (2116m). Der höchste Gipfel, das Hochtor (2369m), ist mit seiner extrem steilen und gefährlichen Tour über das Schneeloch (Bewertung: S4, 48°, alpinistisch AD, R4) im Winter (bzw. Frühjahr) ein sehr elitäres Ziel.

Fazit

Johnsbach hat seinen Ruf als "echtes" Bergsteigerdorf auch im Winter durchaus verdient. Die Auswahl an Tourenmöglichkeiten ist auch für einen längeren Aufenthalt groß genug und auch für ausgesprochene Schlechtwettertouren ist gesorgt (z.B. Gscheideggkogel oder Spielkogel über die Mödlinger Hütte). Das Fehlen von den sonst so üblichen Infastrukturen des Massen(ski)tourismus trägt zudem zur Entschleunigung bei.

Zusätzliche Informationen:

Nationalpark Gesäuse (nationalpark-gesaeuse.at)

Das Bergsteigerdorf Johnsbach im Gesäuse, Steiermark (bergsteigerdoerfer.org)

oedsteinblick.at | Gasthof Pension in der Steiermark | Rafting

Willkommen im Gasthof Kölblwirt in Johnsbach im Nationalpark Gesäuse - Gasthof Kölblwirt in Johnsbach im Nationalpark Gesäuse Obersteiermark (koelblwirt.at)

donnerwirt.at

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Blaseneck

Ich war in den letzten Jahren mehrmals für einige Tage im Johnsbachtal und fand – selbst in "schwierigen" Wintern – immer gute bis sehr gute Verhältnisse vor. Aus der Vielzahl möglicher Touren kann ich hier nur einige wenige auswählen. Ich konzentriere mich dabei auf Touren, die eher im Hochwinter angesiedelt sind und auch bei weniger idealen Verhältnissen machbar sind.

Das Blaseneck (1969m) ist ein völlig unspektakulärer Berg, vom Johnsbachtal ist der Gipfel eigentlich gar nicht zu sehen. Das bemerkenswerteste daran ist vielleicht, dass auf seinem Nebengipfel eine Windmeßstation des steirischen Lawinenwarndiensts steht. Ja, und dann ist da noch was. Wohnt man nämlich im GH Ödsteinblick (wie ich es hier üblicherweise tue), dann kann man praktisch und bequem direkt vom Frühstückstisch (bzw. vom Skikeller) losgehen, „Ski in and Ski out“ also, während man sonst für die meisten anderen Touren hier im Johnsbachtal eine kurze Autoanfahrt zum Ausgangsparkplatz der jeweiligen Tour benötigt. Bei der Tour auf das Blaseneck über den Sebringgraben hingegen genügt es, die Straße zu überqueren und dann eben zur südlichen Seite des Johnsbachtals zu schieben und schon steht man am Eingang des Sebringgrabens, durch den man auf einer langen Forststraße bis zum Grabenende aufsteigt. Die Gipfelhänge werden dann von Westen über die Kainzenalmhütte und einen schütter bewaldeten Rücken erstiegen. Am Gipfel lohnt dann ein schöner Ausblick auf die Felsgipfel- und -wände des Gesäuses, der einen markanten Kontrast zum Tiefblick auf das breite Palfental mit der Industriestadt Trieben bietet.

Bei ungünstigen Bedingungen erfolgt die Abfahrt ungefähr entlang der Aufstiegsroute. Bei guter Schneelage bilden die breiten, licht bewaldeten Westhänge des Rotkogels am Nordwestgrat des Blasenecks lohnendes Powdergelände. Die direkte Westflanke bietet bei günstiger Lawinensituation eine etwa steilere Variante (bis um die 35 Grad). Auch das nördlich gelegene Bärenkar (Einfahrt bis an die 40 Grad) bietet sich als Abfahrtsvariante über die Hinterleitneralm (auf Forststraße zurück zum Sebringgraben, bei genug Schnee schöne Direktmöglichkeiten im Wald) an.

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Leobner

Der Leobner (2036m) ist wohl der am meisten begangene Skiberg des Johnsbachtals. Gleich mehrere Abfahrtsvarianten in verschiedensten Himmelsrichtungen stehen zur Auswahl zur Verfügung. Am besten erreicht man den Gipfel vom Ausgangspunkt am Parkplatz (ca. 1080m) direkt am Talende (hinter dem Gehöft Gscheidegger, u.U. Ketten erforderlich, man kann aber auch früher parken und sich das steilere Straßenstück ersparen). Gemütlich geht es über die Grössingeralm den Sautrog (schön zu fahrender, schlauchartiger Graben) hinauf zum Leobner Törl (1739m) und dann den Ostrücken hinauf zum Gipfel mit tollem Ausblick auf die Gesäuseberge und v.a. auch den markanten Lugauer. Als Abfahrten bietet sich die Aufstiegsroute (bzw. das Ostkar unter der Leobner Mauer), die Nordflanke oder die Nordwestflanke in die sogenannte Ploden an. Bei letzterer kann man mit einem Gegenanstieg auch noch den Sonnleitenkogel (1908m) mitnehmen und erhält als Draufgabe nochmal einen schönen, nordseitigen Hang, wo man auf unberührte Pulverhänge hoffen kann. Die weitere Abfahrt entlang der Forststraße durch die Ploden führt rund um einen breiten Bergrücken zurück zum ersten Teil der ursprünglichen Aufstiegsforststraße.

Stadelfeldschneid, Gsuchmauer

Die Stadelfeldschneid (2092m) und die Gsuchmauer (2116m) sind zwei sehr lohnende Skigipfel, die direkt Teil der Gesäuseberge sind und somit "engere" Tuchfühlung zu den bekannten Felsbastionen bieten. Der beste Anstieg erfolgt von Süden durch die sogenannte "Klamm" (inklusive kleinem Tunnel) und über die Pfarralm durch das weite Südkar (bei entsprechenden Verhältnissen auch als Abfahrt lohnend) in die Scharte zwischen den beiden Gipfeln (ca. 2010m). Je nach Verhältnissen hier Skidepot. Mir persönlich gefällt die Abfahrt nach Westen über das weite Stadelfeld am besten. Diese Abfahrt (nur bei sicheren Bedingungen und guter Sicht!) bietet zunächst die weiten, flachen Westhänge des Stadelfelds zum Cruisen. Dann macht man  – bei ca. 1840m - eine scharfe Kehre nach Norden und fährt in eine steiler und enger werdende rinnenartige Mulde (Achtung die endet in felsigen Abbrüchen) um dann wieder um ein Eck in steile, westseitige Hänge unterhalb von Felswänden einfahren zu können. Vorbei an der Unteren Koderalm geht es dann auf einen meist ausgefahrenen Skiweg durch den Wald ins Johnsbachtal, das man direkt beim Gasthof Kölbl erreicht. Hier kann man entweder gleich einkehren oder ein paar Hundert Meter auf den Wiesen neben der Straße  zurück zum Gasthof Ödsteinblick schieben (idealerweise hat man ein zweites Auto zur Verfügung um nicht zum Ausgangspunkt am Talende zurückgehen zu müssen).

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