Eigentlich hatte ich keinerlei Erwartungen als ich zu diesem Pressetrip nach Livigno eingeladen wurde. Der Grund für meinen Besuch war die Kooperation mit unserem neuen Partner ALPsolut , die räumliche Nähe zu meiner Heimat und mein ureigenes Interesse an diesem besonderen Tal.
Schon die Anreise bietet die erste Überraschung, wenn man von Zernez kommend auf einmal vor einem schmalen Tunnel steht und einem die Ampel rot entgegen scheint. Ok, es ist dunkel, niemand ist da (auch die Grenzstelle ist nicht besetzt), wie läuft das hier mit dem Tunnel, gibt es spezielle Zeiten, muss ich irgendwo klingeln oder hupen...? Doch bevor zu viele Fragen unbeantwortet blieben, schaltete die Ampel auf grün und ich brauste durch den Tunnel. Auf der anderen Seite verlangte die freundliche Frau an der Schranke Wegzoll und schon ging es weiter entlang des Stausees nach Livigno. Livigno ist Zollfrei und eine Gemeinde der italienischen Provinz Sondrio in der Lombardei. Es liegt auf einer Höhe von 1.816 MüM und besitzt eine der Meereshöhe gleichnamige Hausbrauerei, so viel schon mal vorab.
Von Davos kommend wurde der Schnee zunehmend weniger und somit waren meine Erwartungen auf Powderruns und die Ausschöpfung des vollen Potentials des Gebiets eher gering. Aber ich war zum ersten Mal dort und war schon zufrieden einfach das Terrain zu sehen, um für spätere Besuche zu wissen wo es lang geht. Aber auch so viel schon mal vorab: auch wenn es keinen Powder hat, gibt es auf und neben der Piste viel zu tun und auch den Aperol sollte man natürlich nie aus den Augen verlieren.
Livigno gliedert sich auf in zwei Talseiten und auch Skigebiete: das sogenannte Carosello und auf der anderen Seite Motollino. Den ersten Tag verbrachten wir im Carosello 3000 Gebiet. Livigno tut jede Menge um Freeridern ihr grandioses Gelände näher zu bringen und vergisst hierbei nie das Thema Sicherheit. Ob es der Safetyspot am Ausgang der Bergstation ist, der Lawinenlagebericht der überall aushängt, oder auch die Guides, die jeden von uns auf eine komplette Sicherheitsausstattung checkten.
Wir beschränkten uns auf Grund der Schneelage darauf ein wenig durch das Gebiet zu cruisen und waren alle froh, als es zum ersten Pitstop ging. Die Kaffeepause ließ die eingefroren Glieder wieder auftauen, draußen war es klar, bitter kalt und stürmisch. Die „Locals" waren immer zur Stelle und gaben jede Menge offene und ehrliche Information zum Gelände und generell zu Livigno. Kurz vor dem Mittagslunch sprach mich Davide an, ob ich nicht ein wenig Lust hätte das „Hinterland" kennenzulernen. Ich war ehrlich gesagt skeptisch wegen der Verhältnisse und dachte an eine Brechstangenaktion, um irgendwie noch zu zeigen was das Gelände bei den richtigen Bedingungen für Potential zu bieten hätte. Ich sagte, das wäre absolut nicht notwendig bei den Schneeverhältnissen und ich könnte mir das sehr gut vorstellen - auf eine kombinierte Abfahrt aus Steinen und wildem Unterholz hatte ich nur begrenzt Lust. Als dann jedoch auch Francesco meinte, er wäre ebenfalls sehr gerne dabei, wenn er keine Gruppe hätte, ließ ich mich auf das Experiment ein und zog mit Davide los.
Die Abfahrt durch ein Couloir ins Val Fedaria war trotz den allgemein eher mageren Schneeverhältnissen grandios und wir gaben so richtig Gas und hatten Spass. Merci Davide! Das Grinsen war breit als wir zum allgemeinen Mittagstreff im La Stuvetta eintrafen.
Am Mittag wurde das Thema Sicherheit wieder aufgenommen und wir durften nach einem theoretischen Input als Gruppe eine Mehrfachverschüttung koordinieren und Bewältigen. Nahtlos ging es dann vom Berg in die heiligen Hallen von ALPsolut, wo wir von den Lawinenwarnern mehr zur Entstehung eines Lawinenlageberichts erfuhren, sowie über allgemeine Besonderheiten der Bergwelt von Livigno.
Wer auf klassischen Apreskischranz steht - mit auf den Tischen tanzen, zehn nackten Friseusen, oben ohne, trinken bis der Arzt kommt - der findet genug Auswahl. Wir beschränkten uns auf ein gepflegtes Bier in gemütlicher Runde, diese Gesinnung gibt es ebenfalls. Wer einen gemütlichen Abend mit gutem Essen, Wein und örtlichen flüssigen Spezialitäten oberhalb von Livigno erleben möchte, besucht am besten das Ristoro Scialket. Die Zufahrt mit dem Auto ist nur mit Bewilligung möglich, aber am schönsten ist der Zustieg mit Schneeschuhen oder am Rand der Piste (Achtung wenn Pistenfahrzeuge im Einsatz! am Rand laufen!)
Livigno bietet nicht nur für erfahrene Freerider eine Spielwiese, sondern auch für Offpiste Anfänger. Wer sich allein noch nicht ganz sicher ist, kann sich ohne Sorge in die Obhut der erfahrenen Guides geben, jede Menge dazu lernen, Powder cruisen und sich vielleicht schon bald auf die abgesteckten Skitouren trauen. Diese zwei abgesteckten Touren in Livigno geben klar die Richtung vor und erleichtern die Orientierung, sind aber dennoch nicht vor alpinen Gefahren (Lawinen) gesichert und setzten ein gewissen Know-How voraus.
Der Tag im Skigebiet Mottolino zeigte uns ebenfalls das Potential des Gelände, obwohl wir das diesmal leider auf Grund des Schneemangels nicht ausprobieren konnten. Nach einer kurzen Eisklettersession mit den Guides war es auch schon bald Zeit für die Weinprobe. Die Weingüter Casa Vinicola Nera und Azienda Agricola Caven verwöhnten uns mit Köstlichkeiten aus den steilen Anbaugebieten des Valtellina, bevor es zum Nachtessen ins Restaurant Stalet ging. Nach gutem Wein und gutem Essen konnte dies nur noch eine geniale Pubnacht mit Livemusik toppen. Diese fanden wir im Marcos Pub. hier spielt so gut wie jeden Abend eine Liveband, mal chillig und mal zum anschnallen.
Den letzten Tag ließen wir alle ganz gemütlich bei einem ausgedehnten Frühstück angehen, bevor wir uns mit den Guides gen Klettersteig und Tiroline begaben. Es hatte einen besonderen Charm, denn über Nacht hatte es einige Zentimeter geschneit´und so wurde es eine Art Winterbesteigung im kombinierten Gelände. Wer dies alles überstanden hat, der sollte auf jeden Fall sein Lunch im agriturismo La Tresenda einnehmen und wenn es nur ein Espresso ist. Kleiner Tipp: nicht erstaunt sein wenn auf ein Mal ein Lama im Restaurant steht, denn Livigno ist immer für eine Überraschung gut.
Ich bedanke mich für die genialen Tage im Namen von PowderGuide bei der Tourismusorganisation Livigno (Martina), bei Georgia, bei den Guides Alberto, Davide und Francesco, sowie bei allen anderen die zu diesem tollen Erlebnis beigetragen haben.
Details:
Land: Italien (Zollfrei)
Homepage: https://www.livigno.eu/de/home-inverno
Einwohner: ca. 6.250
MüM: 1.816
Schlafen: Endlose Möglichkeiten, Hotel, Appartment, Couch surfing, Frau/Mann kennenlernen
Essen: Von Fastfood, bis Haut cuisine
Einkaufen: Neben Lebensmitteln in verschiedensten Läden, alles was den „gemeinen Shopper" glücklich macht
Aktivitäten: Freeride, Ski Alpin, Langlauf, Fatbike, Wellness/Erlebnisbad, Eisklettern, Heliski, Nachtkultur und gemütliches Beisammensein
Guides: http://guidealpine.info/, www.whitelineguides.com, www.valgoi.eu
Nicht verpassen: La Skieda das beste, verrückteste und einzigartigste Telemarkfestival on the planet. Diese Veranstaltung wäre ein eigener Artikel wert....