Nachdem die Schneemengen in unserer Heimatregion dem Allgäu nach wie vor eher spärlich sind und uns immer nur mit der Suche nach ein paar Pulvrigen Rinnen beschäftigten, musste nun eine Abwechslung her. Kurzentschlossen brachte uns die Suche nach mehr Schnee ins Aver Tal, einem Nebental des Hinterrheins. Dieses Tal bietet Touren von 1300 Meter Startpunkt bis auf knapp 3400 Meter.
„Und wenn's nix isch – dann fahren wir halt weiter" verbleiben wir noch telefonisch am Vortag. Doch schon kurz nach der Abzweigung in Rofla nach Außerferrera, dem Eingang ins Avers Tal, war zu sehen, dass wir bezüglich Schneemenge nicht weiter fahren mussten. Frau Holle hatte die letzten Wochen ihre Kissen in der Region sehr engagiert ausgeschüttelt. Die letzten Schneefälle waren gerade mal zwei Tage her, mit 20 bis 30 cm auf gut gesetzter Unterlage von 2-3 Meter Schnee. Die Lawinensituation in der Region ging von Stufe 3 auf 2 herunter.
1. Gletscherhorn (3.101 m)
Im Ort Avers Juppa auf 1.998 Meter machten wir unseren ersten Stopp. Kurzer Blick auf die Hänge – Ok südseitig hat die Märzsonne und die Minus Temperaturen über Nacht einen Harschdeckel auf den 30 cm Neuschnee herbeigeführt. Also Nordhänge – Blick in die Karte – wir brauchen einen Gipfel mit Nordabfahrt.
Aufstieg
Wir wollten uns den Talzustieg mit der Auffahrt des einzigen Skilifts im Tal etwas verkürzen. Und ließen uns mit dem ersten Bügellift zum Preis von 8 CHF auf knapp 2.600 m befördern. Die ersten Schwünge ins Bergalgatal bestätigte unsere Schneeanalyse, vor etwa einer Stunde: Leichter Deckel. Aber egal, mit riesigen Turns geht es Südseitig durch den Harsch hinunter ins Bergalgatal. Unten angelangt stellten wir fest, genaue 30 Höhenmeter hat uns der Lift gespart. Aber egal, Photograph Martin musste sowie seine neuen Ski einfahren...
Die Tour zum Gletscherhorn führt weiter Tal einwärts. An der Chalberhütte über Masügg und weiter in südöstlicher Richtung in der Mulde parallel des Felsbandes Richtung Passo Predarossa , in den Sattel auf 2.987 m und über den steilen Schlusshang hinauf zum Gipfel.
Abfahrt
Für die Abfahrt wählen wir die fast unberührte Nordrinne mit traumhaftem Pulverschnee. Wir ziehen unsere Schwünge bis auf 2.400 m hinunter, fellen nochmal auf und steigen in das Nordkar oberhalb des Passo Predarossa bis auf knapp 2.800 m. Abfahrt wieder mit super Pulver wieder runter ins Bergalgatal üner die letzten flachen Meter geht es auf der Loipe zurück nach Juppa.
Informationen
Ausgangspunkt: Avers Juppa
Schwierigkeit: ** (Mit Abfahrt durch Nordrinne ***)
Exposition: N, O
Höhenmeter Start und Ziel: 1. 998 m | 3.101 m
Höhenmeter bergauf und bergab: 1.100 m (1.800 m mit zusätzlichem Aufstieg)
Dauer: 5,5 Stunden
Zur Quartiersuche fragten wir kurzerhand einen jungen Landwirt im Tal, er empfahl uns, das von der Alp Genossenschaft geführte „Hotel Bergalga". Leider waren alle Zimmer belegt aber im Massenlager 1 wären noch ein paar Plätze frei. Für Schweizer Verhältnisse ist der Preis mit leckeren Biofrühstück und Abendmenü mehr als fair, weswegen wir hier unser Lager aufschlagen.
2. Piz Timun (3.209 m)
Nach einer üblen Nacht mit einem Schnarcher im Massenquartier, geht es nach einem zeitigen und leckeren Frühstück mit dem Auto wieder Tal auswärts nach Innerferrera auf 1.480 Meter.
Aufstieg
Startpunkt ist am Parkplatz vor dem Sägewerk. Nach dem Sägewerk geht es auf dem Alpweg zur Alp Niemet auf 1.899 m. Ab dort pfeifft eine steiffer Wind über die Hänge, die Schneeverfrachtungen lassen die Aufstiegspuren unser Vorgänger nur erahnen. Weiter talwärts bis zu den zwei Bachläufen, dann nach Süden ausholend hinauf in eine kleine Steilmulde auf 2.385 m, von dort hinauf auf 2.465 m. Weiter durch ein Tälchen bis auf 2.705 m, auf den Gletscher da Niemet und über den immer steiler werdenden Nordhang hinauf bis in die Gratlücke. Mit den Ski auf dem Rücken den Grat entlang auf den Gipfel.
Abfahrt
Die Abfahrt führt kurz unterhalb des Gipfels in den sehr steilen Nordhang, bei uns mit hartem Pressschnee, in das Kar hinein. Dort legen wir unsere Linien im verfestigten Pulver, bevor es weiter durch eine natürlich Halfpipe mit super Pulver runter zur Alp und im Wald immer kreuz und quer über Pillows rechts haltend Richtung Startpunkt am Sägewerk.
Informationen
Ausgangspunkt: Innerferrra
Schwierigkeit: ** (mit Abfahrt ĂĽber Gipfelhang ***)
Exposition: N, O
Höhenmeter Start und Ziel: 1. 998 m | 3.101 m
Höhenmeter bergauf und bergab: 1.800 m
Dauer: 6 Stunden
3. Piz Platta (3.329 m)
Nach erneut durch Schnarchattacken gestörter Nacht geht es mit Auto zum Startpunkt in Avers Bach auf 1.890 m.
Aufstieg
Von dort steil im noch harten Südosthang bis auf knapp 2.600 m zum Bandsee, weiter links haltend Richtung Tälihorn. Durch das erste steile Couloir (Nord 45°) mit Ski am Rücken zum Ausstieg auf 3.140 m. Jetzt geht es durch die Gletschermulde nach Norden an den Beginn des W-Grates. Nun wieder Ski am Rücken durch das Süd Couloir (ebenfalls 45°) direkt auf den Gipfel des Piz Platta.
Abfahrt
Abfahrt mit Ski durch die (nun hoffentlich weichgewordene) Rinne. Dann geht es entlang des Aufstieges wieder hinüber zur nächsten Rinne. Einfahrt mit Ski, die ersten Meter aktiv Seitrutschen auf harter Unterlage. Nach unten hin finden wir wieder verfestigten Pulverschnee. Jetzt links hinüber querend über einen kurzen Firnhang runter und über den Bandsee. Von dort den nun (hoffentlich) perfekt aufgefirnten Hang über 700 Höhenmeter am Stück hinunter nach Avers Bach.
Informationen
Ausgangspunkt: Avers Bach
Schwierigkeit: *** (Bei Befahrung der Rinnen ****)
Exposition: N, W, S
Höhenmeter Start und Ziel: 1. 890 m | 3.329 m
Höhenmeter bergauf und bergab: 1.650 m
Dauer: 4,5 Stunden
Nach drei schönen Tagen geht es für uns wieder zurück Richtung Allgäu. Super Hänge und Rinnen gesucht – und diese mit super Schnee, von Pulver bis Firn, gefunden. Und das in einem üblicherweise „sanften" Skitourental…