Skitour total?
"Das Finsteraarhorn ist mit 4274 m der höchste Berg der Berner Alpen. Es dominiert die Panoramen der gesamten Zentral- und Ostschweiz!" Das klingt nicht nur unglaublich – ist es auch so? Aus diesem Grund war das Finsteraarhorn ganz oben auf unserer Hitliste der Schweizer 4000er.
Geplant, getan ? das Wetter
Wer in den Bergen unterwegs ist, weiß, dass Touren dieser Größenordnung gut geplant sein sollten. Vor allem das launische Wetter kann schnell einen Strich durch alle Pläne machen. In jeder freien Minute und bei diversen Kaffees und Meetings wurde die Wettersituation beobachtet und besprochen. Dummerweise änderte sich das Wetter stündlich. Aber wenn man sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, ist es schwer wieder davon weg zu kommen.
Geplant, getan, ging es in aller Frühe los in Richtung Autoverlad Kandersteg. Bis zu diesem Zeitpunkt machte das Wetter einen stabilen Eindruck. Im Rhone-Tal hingen die Wolken jedoch schon deutlich tiefer. Aber hoch motiviert und voller Tatendrang packten wir auf dem Parkplatz der Talstation Eggishorn unsere Rucksäcke und starteten. Vorbei am grauen Bildschirm der Gipfel-Webcam, "Just in Time" in die Gondel und ab nach oben!
Doch wie das so ist mit dem Wetter...!
Man konnte die Hand vor Augen nicht sehen. Wir versuchten anhand der Karte den Einstig unserer Tour zu finden, doch schnell wurde uns klar, das ist ein aussichtsloses Unterfangen!
Da auch das Skifahren bei diesen Bedingungen keine Freude bereitete, entschlossen wir uns trotz der schlechten Sicht wenigsten den Einstig zu suchen. Stundenlang irrten wir mehr oder weniger orientierungslos durch das Einheitsgrau, keine Ahnung wo oben und unten ist. Da der Nachmittag eine Wetterbesserung versprach, machten wir ausgiebig Mittagspause an einer eingeschneiten Almhütte. Bei dieser Gelegenheit testeten wir schon mal unsere Eisgeräte im kombinierten Almhütten-Gelände?
Wetterbesserung zeigte sich in kurzen Momenten der Aufhellung. Die Orientierung wurde dadurch enorm erleichtert, und letztendlich fanden wir sogar den Einstieg zu unserer Tour: Bei guter Sicht ganze zwei Minuten von der Bergstation Eggishorn entfernt! Frischen Mutes machten wir uns durch Nebel auf den Heimweg und erfreuten uns einer rassigen Talabfahrt mit einzelnen Spaßpassagen.
Die Klamotten wurden abends bei einer Krisensitzung im Keller einer kleinen Pizzeria getrocknet. Nachdem wir uns versichert hatten, dass der Wetterbericht für die nächsten Tage Besserung vorhersagte, obwohl es am Abend heftig schneite, entschlossen wir uns, am nächsten Tag einen weiteren Versuch zu starten. Nach einem wohlverdienten Bier richteten wir unser Schlafdomizil auf dem Parkplatz der Talstation ein.
Finsteraarhorn, Tag zwei
Tatsächlich, der erste Blick gen Himmel ließ einiges erwarten; blauer Himmel und weiß gepuderte Berge. Auf ein Neues wurden die Rucksäcke gepackt und wieder gings mit der Gondel nach oben. Im Gegensatz zum Tag davor mit strahlend blauem Himmel. Einmal kurz die grandiose Aussicht genossen und schon befanden wir uns in einer knapp über 30 Grad steilen Rinne.
Erst das Vergnügen dann die Arbeit!
Nach der schönen Aufwärmphase zogen wir die Felle auf, um in Richtung Tälligrat zu spuren. Dort angekommen bot sich uns eine grandiose Aussicht auf die letzten Abbrüche des Fieschergletschers und vor uns auf den Märjelensee und den imposanten Aletschgletscher, dem nächsten Ziel. Nachdem es die Nacht über geschneit hatte und auch vom Vortag noch frischer Powder übrig war, konnten wir es uns nicht verkneifen ein paar fette Lines auf dem Weg zum größten Alpengletscher zu hinterlassen?
Am Gletscher angekommen richteten wir unsere Sicherheitsausrüstung, Gurt und Seil, und machten uns, umgeben von einer traumhaften Kulisse auf den Weg. Vor uns wartete ein siebenstündiger Aufstieg über den flachen Gletscher zur Finsteraarhornhütte. Die erste Pause legten wir auf halber Wegstrecke auf dem Konkordiaplatz unterhalb der Konkordiahütte ein; mit Blick auf Aletschhorn, Jungfrau, Trugberg, ...
Frisch gestärkt starteten wir in den zweiten, zunehmend steiler werdenden Teil unserer Tour. Der Weg zur Grünhornlücke erwies sich als Konditionstest. Noch dazu zogen von Nordwesten dunkle Wolken auf. Wie es in den Bergen so ist, waren diese schneller als gedacht und pünktlich in der aussichtsreichen Grünhornlücke standen wir wieder im Nebel. Glücklicherweise war unser Endziel, die Finsteraarhornhütte auf der andern Talseite noch einigermaßen zu erkennen. Die Querung des Fieschergletschers glich dann allerdings einer Achterbahnfahrt. Völlig ohne Konturen ging es anfangs in steilerem Gelände, später flach auslaufend bergab Richtung Hütte (3048 m).
Mit letzter Kraft und den Ski auf dem Rücken kämpften wir uns den Klettersteig bis zur Hütte empor (70 Höhenmeter), wo man uns schon mit einer leckeren Suppe erwartete.
Nach längerem Beratschlagen mit dem Hüttenwart, Hans Winterberger-Lohner, und trotz der Tatsache, dass der Finsteraarhorn-Gipfel seit Wochen nicht bestiegen wurde, entschieden wir uns für einen Versuch am nächsten Morgen. Wir fielen völlig geschafft in die Betten in unserem "eigenen" Zimmer – keiner hatte es gewagt bei diesen Wetterkapriolen zur Hütte aufzusteigen und wir waren die einzigen Gäste. Die unruhige Nacht auf 3048 m Höhe reichte nicht wirklich aus, um sich zu erholen – die Blasen an den Füßen brannten, die Waden zwickten als wir uns zum zeitigen Frühstück trafen.