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TourenTipps

TourenTipp | Rimpfischorn II

Auf dem Gipfel

von Totti Lingott 20.10.2008

Um halb vier Uhr morgens klingelt der Wecker.

Trotzdem sind wir froh endlich aufstehen zu können, da wir durch das laute Schnarchen unserer Zimmerkollegen (obwohl wir mit Ohrenstöpseln ausgestattet sind!) uns mehr hin und her gewälzt als geschlafen haben. Nach spartanischem Frühstück starten wir mit der ersten Gruppe um halb fünf bei unangenehmen Temperaturen.

Um halb vier Uhr morgens klingelt der Wecker.

Trotzdem sind wir froh endlich aufstehen zu können, da wir durch das laute Schnarchen unserer Zimmerkollegen (obwohl wir mit Ohrenstöpseln ausgestattet sind!) uns mehr hin und her gewälzt als geschlafen haben. Nach spartanischem Frühstück starten wir mit der ersten Gruppe um halb fünf bei unangenehmen Temperaturen.

Das grandiose Bergpanorama entschädigt jedoch schnell und wir genießen das monotone, metallische Knirschen der Harscheisen. Zügig geht es voran und bald sehen wir die ersten Sonnenstrahlen das Matterhorn auf der anderen Talseite beleuchten. Wie mit einem Spotlight wird es angestrahlt. In solchen Momenten kann man gut verstehen, weshalb dieser Gipfel so große Anziehungskraft auf die Bergsteigerwelt ausübt?

Von der Hütte aus führt die Tour (Nr. 574 der SAC-Skitourenkarte 284S) auf sanften Hängen Richtung Osten zum Chummiboden (2886 m), bevor man in etwas steilerem Gelände den Alphubelgletscher bis auf ca. 3400 m aufsteigt. Hier trennt sich nun die Rimpfischhorn- von der Alphubel-Tour und man muss sich rechts (Südosten) Richtung Punkt 3421 halten. Zu unserer Überraschung wenden sich nur wenige Seilschaften mit uns in diese Richtung, obwohl doch das Rimpfischhorn als "Primärziel" der Täschhütte gilt. Uns sollte es Recht sein?

Am P.3421 angelangt müssen wir für die kurze Abfahrt (ca. 200 Höhenmeter) zum Mellichgletscher die Felle abziehen. Die Gletscher, sowohl letztgenannter als auch der Alphubelgletscher, befinden sich in ausgezeichnetem Zustand, so dass man sich um die Sicherheit wenig Sorgen machen muss; wegen unserem zeitigen Start an der Hütte waren wir schon um sieben Uhr am Mellichgletscher und können weiterhin auf tragfähigem Harschdeckel empor steigen. Weiter ging es im Schatten von Feechopf und Allalinhorn Richtung Süden. Nur unterhalb des Allalinpasses blinzeln wir in die ersten Sonnenstrahlen des Tages, schon einige Meter weiter befinden wir uns wieder im Schatten.

Auf knapp 3600 m Höhe errichteten wir an einem markanten Felsrücken unser eigenes kleines Materialdepot und lassen allen, für den Gipfelaufstieg unnötigen Ballast zurück. Wir haben uns dazu entschieden bei der Abfahrt nicht nochmals zum Alphubelgletscher aufzusteigen, sondern anstatt dessen die alternative direkte Abfahrt ins Täschalp Grund (568a) und dann am Mellichbach entlang nach Täschalp abzufahren.

Auch die letzten 400 Höhenmeter auf der vergletscherten Westflanke des Rimpfischhorns bis zum Skidepot auf dem Rimpfischsattel (4001 m) sind schnell bewältigt und wir genießen die grandiose Aussicht: Im Westen Strahlhorn, Fluchthorn und das Saastal, Richtung Süden das Monte Rosa-Massiv mit seinen 4000ern und im Osten das Zermatter Tal mit dem dominierenden Matterhorn, dem fernen Zinalrothorn und weiter nördlich dem massiven Weißhorn. Nur Richtung Nord/Nordwesten ist die Sicht durch den Gipfelaufbau versperrt, der leider seit einiger Zeit immer wieder im Nebel verschwindet.

Vom Skidepot aus läuft die Route über ein Couloir zum Südwestgrat,

den man dann weiter folgt. Noch etwas unsicher zwecks der veränderten Lauftechnik mit Steigeisen steigen wir als vierte Seilschaft in den Couloir ein. Entgegen der beiden vor uns laufenden Seilschaften halten wir uns jedoch strikt an die Beschreibung des Skitourenführers, steigen das Couloir nur ein Viertel empor und klettern dann nach links auf den Grat. Von hier geht es in leichter, aber ständig ausgesetzter Kletterei (II-III, einzelne Stellen IV) in kombiniertem Gelände weiter. In regelmäßigen Abständen sind Schlaufen angebracht, die man zur Absicherung ruhig nutzen sollte, da ein Sturz in so steilem Gelände mit Sicherheit unangenehme Folgen hätte. Nach wenigen Metern kommt uns dann schon die erste Seilschaft vom Gipfel entgegen und wir sind in der angenehmen Situation nun die ersten zu sein, wodurch wir die Sicherungsstellen immer unbesetzt vorfinden und schnell vorankommen.

Im Mittelstück kann man, wenn man sich in eisigem Gelände gut zu Recht findet und sicher fühlt, im steilen Westcouloir einiges an Zeit gut machen, bevor man dann wieder durch Felskletterei den südlichen Vorgipfel erreicht. Nun trennt uns nur noch ein schmaler Grat mit Schwindel erregenden Ausblicken vom eigentlichen Gipfel des Rimpfischhorns. Das Wetter hat es für die Gipfelsicht nicht so gut gemeint. Die ganze Zeit hängt eine Wolke um den Gipfel und man kann nur hin und wieder etwas von der Tiefe sehen. Nach sicherem Tritt über den Grat werden die letzten paar Meter hoch gesprintet und um halb zwölf Uhr stehen wir dann endlich auf dem Gipfel! Schnell die Gipfelschokolade ausgepackt, ein paar Bilder gemacht und dann kommt auch schon die nächste Seilschaft.

Wir beschließen vor den anderen noch aufsteigenden Seilschaften wieder über den Grat zu balancieren und möglichst schnell zum Skidepot abzusteigen, um nicht an den Sicherungspunkten warten zu müssen und zu viel kostbare Zeit zu verlieren.


Beflügelt von dem Gipfelerlebnis gelangen wir zügig zum Skidepot, wo wir nur kurz unsere Sachen zusammenräumen und dann gleich zum Materiallager abfahren.

Wir sind überrascht wie gut sich der Schnee noch anfühlt; auf dem Firnfeld unterhalb des Skidepots ziehen wir sogar noch ein paar "first lines" vor beeindruckender Gletscherkulisse! Von dem Felsrücken aus geht es erst noch entlang der Aufstiegsroute nach Norden auf den Mellichgletscher und dann auf dessen Gletscherzunge nach Westen. Dabei sollte man die Seitenmoräne am Felsrücken "vor der Wand" meiden und lieber etwas weiter südlich zum Mellichsand abfahren. Das obere Stück entlohnt die Aufstiegsmühen ja noch mit einer schönen Firnabfahrt, ab einer Höhe von ca. 2700 Metern schwamm man allerdings nur noch in meterhohen Sulzschnee. Uns kommt es mehr wie Wasserskifahren vor. Vor allem sollte man nicht den Fehler machen, wie wir, in einem von Sulzschnee bedecktem Bachbett abzufahren; bis zu den Knien stecken wir immer wieder im durchnässten Schnee. Und Bernie machte aus Rücksicht gegenüber seinen Skiern den noch größeren Fehler abzuschnallen?

Im Mellichsand des Täschalp Grunds angekommen, bekamen wir wieder mal die ganze Gewalt der hochalpinen Spielwiese zu Gesicht als, keine 100 Meter von uns entfernt, auf der anderen Seite des Mellichbaches der Nordosthang der Sparrenflue vollständig als Nassschneelawine abgeht. Wir halten uns deshalb auf unserem Weg hinunter zur Täschalp möglichst auf der rechten Seite des Tales, da auf den Südwesthängen kein Schnee zum Abrutschen mehr vorhanden ist. Hier droht eher Steinschlag. Wenn man dabei von "hinunter fahren" überhaupt sprechen kann. Auf zwei Kilometern hat der Täschalp Grund ganze 200 Meter Gefälle! Was das bei ca. einem Meter tiefem Sulzschnee heißt, kann sich jeder vorstellen. Alle paar Meter bricht man ein und muss sich mühsam wieder aus dem schweren Schnee ausgraben! Bis zu diesem Zeitpunkt sind wir schon zwölf Stunden seit dem Morgengrauen unterwegs! Da hat man keine Lust und Kraft mehr für solche Spielchen und will nur noch runter?

Das stellt sich allerdings leider als ziemlich schwierig heraus: Die letzten warmen Tage haben dafür gesorgt, dass weit mehr Schnee geschmolzen ist als wir uns hätten vorstellen können. Ständig müssen wir Abschnallen, oder besser: hätte man Abschnallen müssen, um durchnässte Wiesen und aufgeweichte Kuhfladen zu durchqueren. Im Dorf Täschalp schnallen wir die Skier nicht mal mehr für kurze Stücke auf der Betonstraße ab?
 

Rimpfischhorn, Rimpfischhorn, RINDVIEHHORN.

Immer wieder geht uns in der Hitze der Name des bestiegenen Gipfels durch den Kopf; mit den Anstrengungen des Tages und den schmerzenden Füßen wird dieser jedoch mehr und mehr überblendet: Rimpfischhorn, Rimpfischhorn, RINDVIEHHORN. Erst zuhause sollten wir dann erfahren, dass im Wallisdeutsch genau dies die Bedeutung des Berges ist! Wahrscheinlich wurde der Gipfel erst auf dem Nachhauseweg von seinen Erstbesteigern benannt....

Der Weg entlang des Tällibaches ist überhaupt nicht mehr erkennbar. Der restliche Schnee muss kurz vor uns als riesiger Erd-, Schlamm-, Nassschneerutsch mitsamt Bäumen und Felsbrocken ins Tal abgegangen sein. Zum Glück dauerte unsere mühsame Abfahrt so lange? Völlig abgekämpft erreichen wir schließlich das Auto und können nach 14 Stunden endlich unsere Füße aus den Skischuhen befreien.

Ein würdiger Saisonabschluss eines grandiosen Winters. Nun können wir voller Zufriedenheit unseren Bus für unsere Surf- und Klettertour in das spanische Asturien packen!

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