Der Frühling ist momentan leicht mit Sommer zu verwechseln, vor allem auf schweißtreibenden Skitouren in schwarzer Gore-Tex-Kleidung und mit Merino-Wollunterwäsche, die man sich nur auf Grund gewisser sozialer Normen nicht vom Leib reißt und in die nächste Gletscherspalte schmeißt.
Lage und Aussichten
Die Alpen befinden sich unverändert im Einflussbereich eines großen Hochs über Westeuropa. In den nächsten Tagen bewegt sich dieses Hoch leicht regressiv nach Westen, wodurch Störungen aus Nordosten Zugang zum Alpenraum erhalten. In der Nacht auf Freitag streift eine Kaltfront die Ostalpen und das Wochenende wird im Vergleich zu den letzten Tagen deutlich kühler und wechselhaft. Dauerhaft ist die Rückkehr der annähernd winterlichen Verhältnisse nicht, der Frühling lässt sich nicht mehr vertreiben und ist wohl schon Anfang nächster Woche zurück. Nichtsdestotrotz könnte sich im Osten am Wochenende der ein oder andere Powder-Turn ausgehen; ergiebiger als die Graupelschauer am letzten Wochenende dürfte das ganze allemal werden.
Rückblick
Überhaupt, das vergangene Wochenende: Es ist schon ein etwas komisches Gefühl, wenn man durch besten Powder spurt, während sich Quellwolken bilden, wie sonst im Juli. Die Strahlungsbilanz ist seit einiger Zeit wieder positiv. Das bedeutet, dass sich die Erde tagsüber stärker erwärmt, als sie nachts auskühlt, was logischerweise förderlich für konvektive Prozesse ist. Die negative Strahlungsbilanz im Winter begünstigt stabile Atmosphärenschichtungen bis hin zur Inversion, bei denen Konvektion unterdrückt wird. Wird ein Luftpaket gehoben, kühlt es bis zum Kondensationsniveau trockenadiabatisch mit ca. 1°C pro 100 Höhenmeter ab, darüber feuchtadibatisch mit nur noch ca. 0,6°C pro 100 Meter. Bei einer stabilen Schichtung ist die Temperatur des Luftpakets ab einem gewissen Punkt niedriger als die der Umgebung (siehe Grafik). Selbst wenn sich ein Luftpaket am Boden so stark erwärmt, dass es ein Stück aufsteigen kann, wird es hier gebremst oder ganz gestoppt. Bei einer labil geschichteten Atmosphäre ist das Luftpaket dagegen bis in große Höhen wärmer als die Umgebungsluft und kann ungehindert aufsteigen. Im Sommer entstehen Quellwolken oft nur, weil die Sonne den Boden stark erwärmt. Letztes Wochenende sorgte ein Kaltlufttropfen für etwas zusätzliche Labilität und damit hat es für die ersten Wärmegewitter des Jahres gereicht. Wer also genug vom Winter hat, wird sich nicht mehr allzu lang gedulden müssen. Alle anderen seien damit getröstet, dass die Tage schon ab dem 21. Juni wieder kürzer werden.