Lars Oelmann

Was sich anhört wie ein mit Weichzeichner gefilmter Erotikfilm aus den 70ern, den man früher im linearen Fernsehen auf den Privatsendern bestaunen konnte, ist leider die momentane Realität, denn auch wenn Ullr uns auf unsere Rekordverdächtige Basis oberhalb 2000m noch mehr Niederschlag schickt wird der geneigte Freerider heiße Tränen um den geschmolzenen Schnee der Mittleren Lagen weinen.

Das erste Mal seit Jahren öffnen Skigebiete früher anstatt später, es liegt mehr Schnee als Anfang März letzte Saison und kalt ist es auch. Kann es noch besser werden? Jein.

Man kennt es aus dem Fußball (das ist der Sport ohne Ski den angeblich viele Menschen toll finden. Habe ich mal im Fernsehen gesehen!), wenn eine Mannschaft einfach immer irgendwie alles hin bekommt, oder man selbst beim Skifahren immer an einem Tag die richtige Line fährt, dann ist das ein Lauf.

Sie alle sind gekommen, um zu bleiben.

Tof Henry, Freeride-Pro aus Chamonix, und der chilenische Bergführer Juan Señoret sind am 11. Oktober bei einer Befahrung des Vulkan Puntiagudo in Chile ums Leben gekommen. Henry war bekannt für spektakuläre Befahrungen der klassischen und weniger klassischen Steilwände rund um Chamonix. Er brachte den "Freeride-Stil" mit in die Eiswände und zog in hohem Tempo große Turns, wo andere umspringen. Tof Henry wurde 38 Jahre alt und hinterlässt einen Sohn.

Ich wollte eigentlich etwas über ein "letztes Hallali" oder "Ullrs letzten Angriff" schreiben, aber martialische Kriegs- und Jagdmetaphern haben nach dem letzten Jahr irgendwie einen schalen Beigeschmack.

Pünktlich zum Saisonende und zum ersten April beweist Ullr besonderen Humor und schickt uns noch einen Alarm. Man fragt sich, warum er die Frequenz der Alarme nicht schon bereits vor drei Monaten steigern konnte, aber die Jünger Ullrs sind geduldig und freuen sich über jegliche Segnung.

Mühsam ist dieser Winter, doch immerhin passiert jetzt im März nochmal etwas. Ullr hat es uns wahrlich nicht leicht gemacht dieses Jahr. Wenig Schnee, Wärme, Schwachschichten und so weiter. Doch das Frühjahr schickt sich an, zumindest halbwegs brauchbar zu werden. Wieder ein Dump im März, der sich sehen lassen kann und diesmal auch allen Schnee bringt! 

Der Alarm kommt mit einer massiven Gewitterlinie und wird den Alpen wieder etwas Powder bescheren. Diesmal mit weniger dicht gedrängten Warm- und Kaltluftmassen, die das vergangene Woche ganz schön kompliziert gemacht haben: Samstag hat der Westen am Powderroulettetisch verloren und der Norden gewonnen, Sonntag war es anders herum.

Wie angekündigt geht es nahtlos weiter mit dem Schneefall. Überraschenderweise ist die Schneefallgrenze für diesen Alarm niedriger als zeitweise befürchtet. Ullr mag uns doch noch! Eine straffe Westsströmung lädt auch ordentlich was ab, irgendwelche Kalifornischen Rekorde sind noch lange nicht in Gefahr.

Es ist wieder soweit! Dieser Tage beginnt die Powderschnäppchenjagd am Ende des Winters und Ullr dreht das Schneefallgrenzenroulette, während er gleichzeitig den Niederschlagsschlauch aufdreht.

Die Situation ist düster. Das Orakel hat die Mengen in den Voralpen derzeit unterschätzt, denn eigentlich hätte es dieses Wochenende in den Voralpen zum Alarm gereicht (5km in den Alpen drin aber nicht), aber den nächsten Alarm wollen wir nicht verpassen. Allerdings ist er weit, weit entfernt, wo die Mon Cherie Kirsche Angebaut wird. Und auch nur dort.