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Abenteuer & Reisen

Die Lofoten mit Kajak und Ski

Kajak statt Helikopter – durch die Lofoten mit Ski und Paddelboot

von Lea Hartl 03.05.2014
Die Lofoten sind, nüchtern betrachtet, eine längliche Inselgruppe vor der Küste Norwegens. Sie liegen circa 200 Kilometer nördlich des Polarkreises, zwischen dem 67. und 68. Breitengrad. Der Golfstrom sorgt trotz der hohen Breite für ein relativ mildes Klima, geprägt von starken Stürmen aus Südwesten. Im Winter wandert der Kabeljau aus der Barentssee nach Süden um hier zu Laichen. Schon vor 6000 Jahren wurden die Inseln besiedelt, seit eh und je lebt man vom Fischfang.

Die Lofoten sind, nüchtern betrachtet, eine längliche Inselgruppe vor der Küste Norwegens. Sie liegen circa 200 Kilometer nördlich des Polarkreises, zwischen dem 67. und 68. Breitengrad. Der Golfstrom sorgt trotz der hohen Breite für ein relativ mildes Klima, geprägt von starken Stürmen aus Südwesten. Im Winter wandert der Kabeljau aus der Barentssee nach Süden um hier zu Laichen. Schon vor 6000 Jahren wurden die Inseln besiedelt, seit eh und je lebt man vom Fischfang. Weniger nüchtern betrachtet sind die Inseln zerklüftete Granitbrocken, die sich wie der schwarze, gezackte Rücken eines Seeungeheuers aus der weißen Gischt erheben. Die ersten Touristen, die im 19. Jahrhundert hierher kamen, waren Künstler und Schriftsteller. Sie malten das Meer und schrieben düstere Geschichten. Edgar Allen Poe beschreibt in „A Descent into the Maelström“ wie er mit einem einheimischen Bergführer auf einen Berg auf einer der Inseln steigt. Während der Autor sich auf einem ausgesetzten Stein verängstigt an Grasbüschel klammert, erzählt der Bergführer ihm anlässlich des Meerblicks von den starken Strömungen um die Inseln und dem berüchtigten Maelström, in den er einmal mit seinem Fischerboot geriet. Man liest das am besten nicht zur Einstimmung auf einen Wassersporturlaub.


                        Trollfjord

Wir besuchen unseren Bekannten Bret in seinem Haus bei Henningsvaer, einer Ortschaft auf der Lofoteninsel Austvågøy. Das Dorf liegt nicht etwa auf der großen Hauptinsel, sondern auf ein paar gar nicht sprichwörtlichen Felsen in der Brandung, die über zwei Brücken zu erreichen sind. Im Sommer ist Henningsvaer ein beliebtes Touristenziel, vor allem bei Deutschen und Holländern, die mit Camcordern aus ihren Wohnmobilfenstern heraus die Gegend filmen, aber auch bei Kletterern, die wegen der spektakulären Granitwände kommen. Im Winter ist wenig los, besonders wenn es in Strömen regnet und man zuschauen kann, wie der Schnee immer weniger wird. Es war ein schlechter Winter und die westlichsten Inseln sind so gut wie aper. Auf Austvågøy liegt immerhin ab etwa 100 m Schnee.


                        Keiner ist ertrunken!

Pläne, die wir irgendwann mal hatten, werden sich dieses Jahr nicht realisieren lassen. Während es draußen waagrecht regnet, studieren wir in Brets Wohnzimmer Karten und suchen nach alternativen Ideen. Bret arbeitet im Sommer bei der Outdoor Firma XXLofoten als Kajakguide und paddelt mit Touristen zum Kaffeetrinken ins Dorf. Er erwähnt, dass die Seekajaks viel Stauraum haben und dass er schon immer mal einen mehrtägigen Ski-Kajak Trip machen wollte. Boote gäbe es genug und das Paddeln wäre auch gar nicht schwierig. Wir haben zwar keine Ahnung von Kajaks, aber Brets Enthusiasmus ist ansteckend und nachdem einige Fragen geklärt sind, ist das Abenteuer beschlossene Sache: Wird man da nicht total nass? – Nein, wir haben Drysuits! Die kann man einfach über die normalen Sachen anziehen.  Was ist mit unserem Zeug, wird das nicht total nass? – Nein, die Luken sind wasserdicht und wir haben Drybags, falls sie es doch nicht sind! Die Ski werden nass, aber die kann man ja danach mit in die Dusche nehmen, dann rosten die Kanten nicht so vom Salzwasser.Was ist, wenn ich umkippe? Ich kann doch keine Eskimorolle! – Dann steigst du einfach aus dem Boot! Du musst nichtmal schwimmen, der Drysuit und die Schwimmweste richten das schon!   Am folgenden Regentag packen wir testweise unsere Sachen in die Kajaks. Es ist wirklich viel Platz, aber man muss ihn Tetris-mäßig ausnutzen. Einfach den vollen Rucksack irgendwo rein stopfen geht nicht und eine gewisse Sorgfalt ist auch angebracht, schließlich wäre ein nasser Schlafsack sehr unangenehm. Am nächsten Morgen wiederholen wir das ganze Prozedere am Strand – es geht los!


                        Endlich da!

Wir wollen in eine Art breiten Kanal zwischen zwei der Inseln und uns dort nach einem Zeltplatz mit Skipotential umsehen. Dazu müssen wir zuerst ein Stück offenes Wasser überqueren. Die Wellen rollen zwar sanft, sind aber so hoch, dass die anderen Boote nicht zu sehen sind, wenn ein Wellenberg dazwischen liegt. Erleichtert erreichen wir nach etwa einer Stunde den geschützteren Kanal, wo auch die Brandung nicht so donnernd ans Ufer kracht. Hier kann ich mich langsam genug entspannen, um meinen Klammergriff am Paddel etwas zu lockern und die Gegend zu genießen. Links und rechts erheben sich Granitzacken 1000 Meter aus dem Meer. Hinter jedem Rücken, an dem wir vorbei Paddeln, kommt mehr steiles, schönes Gelände zum Vorschein. Die Lawinensituation ist durch den Regen der letzten Tage leider ziemlich angespannt und wir lassen einige attraktive Couloirs links und rechts liegen. Nach gut vier Stunden legen wir an einem kleinen Strand an, hinter dem sich ein langes Kar gen Himmel zieht. Das sieht machbar aus.


                        Hart aber griffig

Wir gehen vom Strand aus mit Ski los, hier auf der geschützteren Inselseite liegt Schnee bis zum Wasser. Der Aufstieg ist nach den Stunden im engen Kajak eine Wohltat. Die Abfahrt fällt eher in die Kategorie Survival Skiing. Wir haben es mit übelstem Bruchharsch zu tun, aber die Aussicht hinunter in den Fjord und die ungewohnte, spektakuläre Umgebung sorgt für beste Stimmung. Zurück am Strand schauen wir beim Abendessen dem Mond beim Aufgehen zu.


                        Mondaufgang

Am nächsten Tag paddeln wir bei Gegenwind und gelegentlichen Regen- und Graupelschauern weiter zum Trollfjord. In den Alpen würde man von einem engen Seitental sprechen, dass sich vom Haupttal abspaltet. Hier ist es eben ein enger Seitenfjord. Wir paddeln an einer fast senkrechten, kilometerlangen Granitwand vorbei. Bei einer kurzen Pause entdecke ich einen Seestern, der am Fels klebt und auf die Flut wartet. Kurz bevor wir anlegen, beobachten wir zwei Fischotter, die den Fjord durchschwimmen. Wir ziehen die Kajaks ein Stück den Strand hinauf und steigen in der Dämmerung gut 300 Höhenmeter zur Trollfjordhütte auf. Der gemütliche Unterschlupf inklusive Sauna wird vom Norwegischen Alpenvereins-Äquivalent betrieben und ist ein idealer Stützpunkt für allerlei anspruchsvolle Skitouren. Man erreicht die Hütte auch von einer Straße aus, der Zustieg ist dann aber wesentlich länger und komplexer. Nach dem anstrengenden Paddeltag genießen wir das knisternde Feuer und schlafen fast am Tisch ein, während der Wind um die Hütte heult. 


                        Wer sieht die Kayaks?

Leider hat sich die Lawinensituation weiter verschlechtert und so können wir das Gelände um die Hütte kaum ausnutzen. Flache Touren sind Mangelware. Nach einem kurzen Aufstieg fahren wir an der Hütte vorbei ab, zurück zu den Booten. Man kann mit Ski ins Meer fahren. Da die Wettervorhersage miserabel ist, rufen wir Brets Kollegen von XXLofoten an und vereinbaren einen Treffpunkt an der Straße auf der anderen Seite des Fjords, welche wir nach zwei Stunden entspanntem Paddeln erreichen.


                        3, 2, 1 dropping

Nach einigen klassischen Skitouren in der Gegend um Narvik kehren wir eine Woche später bei bestem Wetter nach Henningsvaer zurück. Vom Dorf aus sieht man ein Traumcouloir hinter einem Bergzacken hervor lugen. Eine Straße oder einen Weg gibt es nicht, zu Fuß würde man mehrere mühsame Stunden mit dem Zustieg verbringen. Wir paddeln gemütlich nach dem Frühstück los und sind in unter einer Stunde dort. Auf dem Weg sehen wir einen jungen Seeotter, der auf den Felsplatten am Ufer erstaunliche Kletterkünste beweist. Über dem spiegelglatten Wasser kreisen Seeadler. Das Anlegen am felsigen Ufer gestaltet sich diesmal etwas anspruchsvoller. Wir stellen fest: Die Drysuits funktionieren perfekt. Man kann sich problemlos ins brusttiefe Wasser stellen und das Kajak hinaus hieven. Nach dem vielen schlechten Wetter finden wir hier, was wir uns von den Lofoten erhofft haben: Ein steiles, ästhetisches Couloir mit griffigem Schnee und beeindruckende Tiefblicke auf das in der Sonne glitzernde Meer. Die Boote wieder ins Wasser zu bekommen ist wegen der extrem glitschigen Steine am Ufer noch mal eine gewisse Herausforderung, aber das trägt nur zum gelungenen Abenteuer-Feeling dieses Tages bei. Auf dem Heimweg legen wir einen Stopp im Dorfzentrum ein für Kaffee und Waffeln. Unsere unförmigen Drysuits, über die wir uns immer noch amüsieren, weil sie so seltsam fremd wirken, würdigt hier niemand eines zweiten Blickes. In der Abendsonne paddeln wir nach Hause. Am Horizont zeichnen sich die weißen Berge des Festlandes ab, während die Kette der Lofoteninseln von der untergehenden Sonne erleuchtet wird. Ich gleite mühelos durchs Wasser und nehme mir vor, in einem besseren Winter wieder zu kommen. Das Potential auf den Lofoten ist schier unendlich und Kajaks sind die besseren Hubschrauber. 
 

Nützliches und Sonstiges

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