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Bergwissen

Schwachschichten in der Schneedecke: Ungewöhnliche Lawinenabgänge bei harter Frühlingsschneedecke

Schlechter Schneedeckenaufbau macht Lawinen auch bei hartgefrorener Schneeoberfläche möglich

von Stefan Neuhauser 24.03.2014
Der Bergführer Stefan Neuhauser erlebte bei einer Freeride-Tour mit einer Gruppe am 21. März 2014 im Aosta-Tal ein ungewöhnliches Lawinenphänomen: trotz hart gefrorener Schneedecke, bei der lediglich die obersten Zentimeter aufgesulzt waren, löste er mit seiner Gruppe eine Lawine aus. Die Lawinenauslösung passierte im Val di Rhemes, an der Cima le l'Entrelor im Aostatal (Italien). Bei der Lawine handelte es sich um eine Mischung aus Schneebrett und Gleichschneelawine.

Der Bergführer Stefan Neuhauser erlebte bei einer Freeride-Tour mit einer Gruppe am 21. März 2014 im Aosta-Tal ein ungewöhnliches Lawinenphänomen: trotz hart gefrorener Schneedecke, bei der lediglich die obersten Zentimeter aufgesulzt waren, löste er mit seiner Gruppe eine Lawine aus. Die Lawinenauslösung passierte im Val di Rhemes, an der Cima le l'Entrelor im Aostatal (Italien). Bei der Lawine handelte es sich um eine Mischung aus Schneebrett und Gleichschneelawine.

Eckdaten der Lawine

Datum und Uhrzeit: Freitag, 21.3.2014, ca. 13:30 Uhr
Exposition: Süd
Seehöhe 2400 bis 2200 Meter
Schneedecke: tragfähige, harte Schneedecke, deren Oberfläche 2 bis 4 cm aufgesulzt war 

Stefans Schilderung der Lawinenauslösung

Bei der Befahrung des oben beschriebenen Hangs löste ich von einem Safespot (kleines Plateau) durch Fernauslösung über eine Distanz von 30 bis 40 Meter ein Schneebrett aus. Der Schnee war ca. 2 bis 4 cm aufgefirnt und relativ hart. Auf dem Foto erahnt man rechts am Horizont noch drei Personen unserer Gruppe. Von dort setzte sich das Schneebrett in Bewegung. Weiterhin sieht man oberflächliche, kleine Nassschneerutsche vom Vortag und meine Abfahrtsspur.

Die Lawinenauslösung erfolgte für mich völlig überraschend, da es vorher keinerlei Warnhinweise gab. Der Schnee in der Südexposition war Beton hart gefroren: die Auffirnung war um ca. 12.00 Uhr fast noch gar nicht vorhanden. Deswegen stiegen wir nochmals auf, um den Hang ca. eineinhalb Stunden später ein zweites Mal zu befahren (Auffirnung zu dieser Zeit ca. 2 bis 4 cm). Bei der zweiten Befahrung löste ich die Lawine von oben kommend durch Fernauslösung aus. Auch in der Schweiz ist dieses Phänomen in letzter Zeit vermehrt  aufgetreten, sodass zu vermuten ist, dass solche Lawinenabgänge auch in anderen Regionen möglich sind. Siehe hierzu den lesenswerten Wochenbericht des SLF

Das Eidgenössische Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos verzeichnete einige bemerkenswerte Lawinenauslösungen und Lawinenunfälle, die sich alle bei oberflächlich tragfähig gefrorener Schneedecke ereigneten. Die meisten dieser Lawinen wurden ebenfalls fernausgelöst. Die Experten des SLF erklären diese ungewöhnlichen Lawinenauslösungen folgendermaßen: „Es ist selten, dass Personen Lawinen auslösen, wenn an der Schneeoberfläche eine tragfähige Schmelzharschkruste vorhanden ist. Es gibt aber immer wieder solche Ereignisse, vor allem bei sehr ungünstig aufgebauten Schneedecken. Eine hart gefrorene Schneeoberfläche vermittelt den Eindruck von Stabilität und Sicherheit. Die Beispiele zeigen aber, dass Lawinenauslösungen in sehr schwachen, kantig aufgebauten Schichten tief in der Schneedecke auch bei einer tragfähigen Oberfläche nicht ganz ausgeschlossen werden können. Das Risiko, eine solche Lawine auszulösen ist vermutlich in der Periode der ersten Anfeuchtung der oberflächennahen Schneeschichten am grössten.“  Anders als im Fall der Lawine von Stefan Neuhauser, die in einem eher schneereichen Gebiet ausgelöst wurde, gingen die Lawinen, die das SLF registrierte, allesamt in eher schneearmen Regionen ab, deren Schneedecke im Winter 2014 vielerorts schwach und instabil aufgebaut ist.

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