Nun Socken aus, alle Präparate von den Füßen ab, Socken wieder an und wieder rein in den Skischuh. Ja, irgendwie besser, aber das ist noch lange nicht alles. Bevor wir uns der Schale annehmen, müssen wir noch meinen Unterschenkeln, mit den nicht vorhandenen Waden, mehr Führung in der Schale geben. Denn bevor ich den mittlerweile montierten, breiteren Atomic-Racebooster spüre, habe ich nach vorne und nach hinten noch fast einen Finger Platz zum Skischuhrand. Also wieder raus und wir kletten an die dafür vorgesehene Rückseite des Mimic-Liner den erhältlichen Atomic-Heckspoiler und ich steige wieder ein. Besser, noch nicht fertig. Die oberen Schnallen schließen vorne nur über die äußeren Flanken des Schienbeins. Wieder raus und wir kleben ein hartes Schaumpad aus Benis Zubehörequipment auf die Zunge. Wieder einsteigen und oha, jetzt kommt die Vorspannung auch wirklich auf der Wade an und ich kann fleißig in die Schale drücken, welche mir deutlich die verbleibenden Punkte zur Anpassung aufzeigt.
Mit Hitze gehörig Druck abbauen
Nachdem wir uns für eine Reihenfolge der Punkte entschieden habe, darf ich abwechselnd noch mindestens dreimal aus und wieder einsteigen. Die Schale wird hierzu ohne Innenschuh eingespannt und es werden lokal mit der Heißluftpistole die Stellen erwärmt, wo mein Fuß sich noch etwas Platz wünschte. Die Atomic-Schale aus recyceltem Polyurethan (PU) lässt sich relativ gut lokal drücken, meint Beni. Und so passen wir Schritt für Schritt die Punkte in der Schale an. Nachdem dann die Großzehengrundgelenke und der äußere Knöchel schon gut angepasst waren, stellte sich bei Laufversuchen mit offenem Gehmodus noch heraus, dass mein dicker Zeh es an die Schale schaffte. So wurde zuletzt die Schale lokal sogar ein wenig verlängert.
Ich steige ein vorletztes Mal in den Schuh, denn nachdem alle seitlichen Druckstellen nun beseitigt sind, kann ich auch zum ersten Mal das Aufkanten nachempfinden. Bevor ich es selber merke, dass ich etwas hin und her eiere, fragt mich Beni schon, ob ich, wie es sich in meinen alten Schuhen bewährt hatte, auch wieder seitliche Fersenkeile probieren möchte. Natürlich, die haben mir immer sehr gut geholfen. Und so steige ich nochmal aus, und die Kunststoff-Keile aus seinem Werkstattrepertoire werden unter dem Innenschuh auf die Brandsohle geklebt. Sie helfen innenseitig, dem Einknicken des Sprunggelenks entgegenzuwirken. Der Innenknöchel meines Senkfußes bewegt sich somit spürbar weniger und bleibt in der Schale, wo er hingehört. Der Unterschenkel hat viel direkteren Einfluss und man liegt seitlich merklich satter im Schaft. Das Aufkanten ist deutlich direkter. Dennoch mag ich jetzt endgültig raus aus dem Schuh und will erst wieder einsteigen zum ersten Test auf Schnee, auf den ich jetzt große Hoffnung habe. Alle aufkommenden Detailprobleme können dann in weiteren Sitzungen noch angegangen werden, stimmt mir Beni zu.
Skischuh an! Skischuh aus! Nachhaltig?
Auch wenn meine Füße nach dem ‘ewigen Rein und Raus ‘eine Pause brauchten, verging die Zeit, bei den begleitenden intensiven Gesprächen über Equipment, Erfahrungen im Skisport und den weiterentwickelten Sportartikeln, wie im Flug. Mir bleiben neben den Detaileindrücken meiner Füße bzw. der Drücke dieser in den unbehandelten Skichuhen nachhaltig seine Perspektiven in Erinnerung. Während ich noch über die Reparierbarkeit von meinen alten Skischuhen nachdenke, um möglichst nachhaltig und lange damit unterwegs zu sein, sind seine Präferenzen andere: „Ein großer Schritt zum nachhaltigen Outdoorsport wäre zum Beispiel alle Etiketten und Anhängezettel an jedem noch so kleinen Teil zu reduzieren bzw. durch digitale Lösungen zu ersetzen“.
Das Argument sitzt für mich mindestens so gut wie der jetzt angepasste Skischuh. Eine Bootfitting-Werkstatt, die die Einzelteile des Schuhs individuell austauscht und vor allem bei anderen Kunden wiederverwendet, würde auch mit geringerem Verpackungsmaterial und schlussendlich weniger Bestand an ungebrauchten Teilen bei den Anwendern zu Hause und in der Werkstatt für Rohstoffeffizienz sorgen.
Seitdem bin ich erst ein weiteres Mal dort gewesen, um die Zunge des Liners zu tauschen, da die erste über dem Fußrücken noch zu viel Volumen für den Verschluss offen ließ. Die alte Zunge habe ich vorerst mitgenommen, um noch ein, zwei Mal zu probieren, aber dann hab ich schon angekündigt, dass Beni sie in sein Werkstattrepertoir übernimmt, um sie hoffentlich schon beim nächsten Geplagten verbauen zu können.
Die jetzige Atomic Low-Volume Race Zunge ist dicker und wurde einfach über den Klettverschluss am Liner befestigt; der BOA-Verschluss ist seitdem deutlich direkter. Zudem ist die Druckverteilung aufgrund der dickeren Zunge am Schienbein noch einmal gleichmäßiger bei geschlossenen Schnallen. Abschließend hatte Beni noch erwähnt, dass eine weitere Versteifung am Schaft durch eine zusätzliche Platte unter den Schnallen nochmals Verbesserung hervorruft, sollte mir das derzeitige Setup noch nicht reichen. Die restliche Saison habe ich fleißig den Schuh getestet und werde bald darüber berichten.