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Interviews

Interview | Wie wird man Parkshaper?

Ein Gespräch mit den Shapern des Davoser Jatzpark

von Christiane Eggert 10.12.2020
Der Jatzpark auf dem Jakobshorn in Davos ist nicht nur bei der lokalen Freestyle-Szene beliebt, sondern auch über die Kantons- und Landesgrenzen für seine kurzen aber intensiven Runs bekannt. Auch die Davoser PG-Crew ist hier vor allem in der Frühsaison gerne mal unterwegs, wenn der Powder noch auf sich warten lässt.

Wir haben uns schon öfter gefragt, wer dafür sorgt, dass die vier Lines des Parks immer top in Schuss sind und haben uns bei den ShapernChristian "Hitta" Accola, Sandro Sprecher und Martin Stänz genauer erkundigt, wie ihr Tagesablauf aussieht und wie sie zum Shapen gekommen sind. Ein Interview von Christiane Eggert.

PG: Wie wird man Shaper und wie eignet man sich das Knowhow an?

Sandro: Ich komme eigentlich aus dem Skilanglauf und bin sogar Rennen gefahren. Mit 14 Jahren habe ich dann aber das Freestyle für mich entdeckt und die Disziplin gewechselt. Seither bin ich eigentlich immer im Park anzutreffen. Dort habe ich Hitta kennengelernt und er hat mich eines Tages gefragt ob ich nicht Lust hätte zu Shapen. So hat das alles angefangen. Eine offizielle Ausbildung zum Shaper gibt es nicht. Hitta hat mir sein Knowhow weitergegeben und natürlich ist es auch hilfreich, wenn man selbst im Park fährt und gleich testen kann, was man shaped.

Martin: Mir hat vor 8 Jahren ein guter Freund den Job als Shaper in Davos vermittelt. Erst an meinem ersten Arbeitstag habe ich dann Hitta gestehen müssen, dass ich nicht so gut Ski fahre! Dank meiner Erfahrung aus dem Trail- und Schanzenbau beim Biken konnte ich mich aber recht schnell einbringen. Alles, was ich heute kann, habe ich von Hitta gelernt oder mir selbst angeeignet.

Hitta: Ich bin früher selbst viel im Park gefahren. Vor 13 Jahren gab es in Davos noch keine eigenen Shaper für den Park. Das hat der Pistendienst nebenbei gemacht. Das ist natürlich besser als nichts, aber die Qualität des Parks ließ zu wünschen übrig. So habe ich mich als Shaper beworben. Anfangs hatte ich einen schwierigen Stand bei den Bergbahnen. Niemand hat verstanden, was ich mache und warum das so lange dauert. Als die Unfallzahlen stark zurückgingen, wurde meine Arbeit mehr und mehr angesehen und mittlerweile habe ich die volle Unterstützung der Bahnen.

PG: Wie lange seid ihr schon dabei?

Sandro: Dieses Jahr ist es bereits meine 5 Saison.

Martin: Für mich ist es der 8. Winter.

Hitta: Ich bin seit 13 Jahren dabei.

PG: Fahrt ihr auch selbst im Park?

Sandro: Ja, ich fahre selbst sehr gerne im Park und teste auch alles. Das ist natürlich ein toller Aspekt des Jobs. Nur für den großen Kicker holen wir lieber jemand aus dem Sportgymnasium…

Martin: Ich bin zwar immer noch nicht der beste Skifahrer, aber mittlerweile fahre ich sehr gerne unsere Rails.

Hitta: Ja, daher kommt auch mein Interesse am Park. Schon früher habe ich Schanzen mit meinen Kumpels im Garten gebaut. Mittlerweile fahre ich allerdings immer seltener. Man wird nicht jünger und verletzen möchte man sich auch nicht. Aber ab und zu lass ich es mir nicht nehmen und mach auch mal einen Run auf der Medium Line.

PG: Trifft man euch auch Offpiste im Powder?

Sandro: Nein, eher nicht, mich trifft man hauptsachlich im Park.

Martin: Ja, immer mehr, ich habe auch gerade neue Powderlatten und werde sicher diesen Winter auch Offpiste unterwegs sein. 

Hitta: Ja, auf jeden Fall!

PG: Kann man vom Shapen leben?

Sandro: Jein. Wir sind bei den Bergbahnen auf Stundenbasis angestellt. Wir haben genug Arbeit, dass man davon leben kann, reich wird man nicht. So einen Job macht man aber auch nicht wegen des Geldes, sondern wegen der Leidenschaft zum Freestyle!

Martin: Da stimme ich Sandro zu. Es reicht zum Leben, aber ich mache es vor allem wegen der Lebensqualität. Ich meine: jeden Abend Sonnenuntergang und jeden Morgen der Erste auf dem Berg zu sein - das hat schon was, oder?

Hitta: Ich lebe auch davon und liebe es, im Winter zu shapen und mit der Maschine unterwegs zu sein. Wenn wir weniger im Park zu tun haben, helfe ich sonst auch mal dem Pistendienst aus und präpariere Pisten. 

PG: Was macht ihr im Sommer?

Sandro: Ich bin gelernter Schreiner und arbeite im Sommer für eine Schreinerei in Davos.

Martin: im Sommer arbeite ich für einen Trailbau-Firma und baue Wanderwege und Mountainbiketrails.

Hitta: Ich habe einfach alle meine Hobbies zum Beruf gemacht! Nach einer Bike-Saison in Whistler durfte ich bei dem Re-Shape der Gotschna-Freeride BikeStrecke in Klosters mitgestalten. Das hat mir mega Spass gemacht. Nach 2 Jahren im Bikepark in der Lenzerheide bin ich in den Parkbau nach Davos zurückgekehrt. Mittlerweile habe ich mich mit meiner eigenen kleinen Maschinen-Flotte selbstständig gemacht.

PG: Ihr seid ein Team aus 2 Handshapern und 1 Headshaper. Wie sieht euer Arbeitsalltag als Shaper aus? 

Martin: Es ist nicht so, dass wir einen "nine-to-five-Job" haben. Unser Tag beginnt meist sehr früh und endet spät abends, für Hitta sogar erst oft nachts. Wir haben vor allem bevor die ersten Fahrer kommen zu tun und machen den Feinschliff von Hittas Maschinen-Arbeit. Tagsüber helfen wir, wo wir können, mal am Lift, beim Pistendienst, oder machen kleine Korrekturen bzw. Reparaturen im Park. Die richtige Arbeit startet aber für uns, wenn die Bahnen schliessen, dann geben wir Vollgas. Hitta sitz im Bully und macht die grobe Arbeit. Sandro und ich machen dann das "Finish". Das Ganze ist dann Handarbeit mit Schaufel und Pickel. Wir ergänzen uns sehr gut. Und was ich noch erwähnen möchte: obwohl Hitta als Headshaper das letzte Wort hat, sind wir alle 3 gleichwertig und bei uns gibt es keine Hierarchie.

PG: Wie lange dauert es, bis euer Park entsteht?

Hitta: Wir fangen mit der Beschneiung so früh an wie möglich. Da der Park so hoch liegt, können wir oft bereits im Oktober Schnee produzieren. Kurz vor Eröffnung des Skigebiets geben wir dann mit unseren 6 Schneekanonen Vollgas und brauchen dann ungefähr ein- bis zwei Wochen bis der Park aufgebaut ist.

PG: Welche Arbeit können nur Maschinen übernehmen und wie hoch ist der Anteil, der noch in Handarbeit erfolgt?

Hitta: Das kommt darauf an: In der Vorbereitung mach ich mehr mit dem Bully. Besonders ist vielleicht bei uns, dass ich auch die Kicker-Absprünge mit der Maschine mache, das ist nicht in allen Parks Standard. Sandro und Martin machen bis es für sie am Berg losgeht Bestandsaufnahme der Rail-Elemente und schweissen teilweise auch noch selbst Rails zusammen. Wir sind also richtige Allrounder! Wenn der Park aber mal steht, ist die Aufteilung "fünzig-fünzig" würde ich sagen. Zwar kann mein Bully einiges, aber die Kanten und der Feinschliff, besonders bei der Rail-Line, müssen von Hand gemacht werden.

PG: Ist das ein ganz normaler Pistenbully, mit dem ihr da den Park shaped?

Hitta: Nein, das ist ein spezieller Park-Bully. Er hat einen viel grösseren Arbeitsbereich im Schubarm. Die Snow-Sat Technik hilft mir im Aufbau der Kicker, die Schneetiefen per GPS zu messen und so effizient wie möglich den Schnee zu platzieren.

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PG: Wird als "Unterbau" nur Kunstschnee genutzt? Gibt es einen Unterschied zwischen Kunstschnee und "echtem" Schnee?

Hitta: Für den Aufbau des Parks arbeiten wir eigentlich nur mit Kunstschnee. Unterbau aus Erde, wie beispielsweise bei der Halfpipe, gibt es bei uns nicht. Alle Elemente sind nur mit Schnee aufgebaut- ausser natürlich die Rails und Boxen. Mit "echtem" Schnee arbeiten wir, wenn er da ist. Der bindet auch etwas besser als Kunstschnee. Bei starkem Schneefall nutzen wir den Schnee wo es geht, aber eigentlich sind wir dann eher damit beschäftigt, den Schnee wegzuschieben als zu verbauen.

PG: Kann man einen Park überall bauen? Wie wichtig ist das Terrain, Landschaft und Gefälle? 

Sandro: Theoretisch kann man einen Park überall bauen, flaches Terrain kann man mit entsprechenden Aufbauten ausgleichen. Bei zu steilem Gelände wird es etwas schwieriger. 

Das Gelände bei uns am Jatzpark ist gerade so an der Grenze der Steilheit. Das Problem eines zu starken Gefälles merkt man besonders bei der Rail-Line.  Die Fahrer bremsen dann etwas zu viel und das bedeutet für uns mehr Arbeit.

Hitta: Relevant ist aber nicht unbedingt das Gelände, sondern auch die Exposition sowie die Höhe des Parks. Ein harter Absprung und weiche Landung wäre am besten, also wäre eine südliche Ausrichtung des Parks ideal. Der Jatzpark ist eher nach Süden/Westen ausgerichtet. Das ist je nach Sonneneinstrahlung nicht ganz ideal. Da der Park aber so hoch liegt, betrifft uns das meist nur in den letzten 2-3 Wochen der Saison

PG: Wie abhängig seid ihr von Wetter- und Witterung? 

Hitta: Natürlich sind wir von der Witterung abhängig. Da unser Park jedoch auf 2500 Meter Seehöhe ist, können wir eigentlich immer Beschneien und den Park aufbauen. "Schnee-Schwund" gibt es nur sehr selten. 

PG: Findet eine Zusammenarbeit und Austausch mit den Fahrern statt, oder könnt aus eigener Erfahrung schöpfen? 

Martin: Tagsüber beobachten wir immer wieder die Fahrer. Wenn viele Unfälle oder Stürze vorkommen sollten, müssen wir dies natürlich ernst nehmen. Beim grossen Kicker sind wir sehr auf das Feedback der Fahrer angewiesen und arbeiten auch eng mit ihnen zusammen, denn kleinste Änderungen beim Shapen können da einen riesigen Unterschied machen.

PG: Arbeitet ihr auch mit der Wissenschaft oder Forschung zusammen?

Sandro: Bisher nicht. Das machen eher die Fahrer, wenn es um ihr Material und den Service des Materials geht. Wir sind ein eingespieltes Team ohne Beratung von "aussen". Wenn Contests bei uns im Park stattfinden oder wie letztes Jahr das "Davos Open" ausgetragen wird, holen wir uns punktuell auch mal Unterstützung. 

PG: Es gibt ja eigentlich in eurer Branche, also dem Freeski, 3 Kategorien: Slopestyle, Big Air und Halfpipe. Seid ihr für alle Disziplinen zuständig oder sind das jeweils unterschiedliche Shaper?

Martin: Wir sind für die 4 Lines im Jatzpark zuständig. Die Halfpipe im Tal unten wird von einem Pistenbully mit einer speziellen Fräse geshaped, da gibt es gar keine Handshaper.

PG: Welche Contests gab es in euren Parks bereits und gibt es im Fall von Contests Shaper- Unterstützung (z.B. von SwissSki?)

Sandro: Früher gab es große Contests wie beispielsweise das O'Neil Evolution. In den letzten Jahren haben wir das Davos Open ausgetragen. Im letzten Jahr war der Big-Air-Contest etwas zuschauerfreundlicher, unten im Tal. Das Setup für den Contest hat auch unser Team aufgebaut. Es war eine tolle Abwechslung, aber auch anspruchsvoll, da das Gelände sehr steil ist. 

PG: Es gibt ja einige erfolgreiche Rider, die beispielsweise aus dem Slopestyle kommen und später bei der Freerideworld-Tour mitfahren. Wie häufig erlebt ihr eine Entwicklung von Freestyle zum Freeride?  Seht ihr hier Parallelen oder gebt gar eine Empfehlung ab als Training/ Vorbereitung fürs Freeriden erstmal in den Park zu gehen? 

Sandro: Es gibt viele gute Freerider, wie beispielsweise Sammy Carlson, die aus dem Freestyle kommen. Der Vorteil vom Park ist: die Bedingungen sind fast immer gleich. Du kannst Sprünge üben und verinnerlichen und diese dann im Gelände anwenden. 

PG: Das ist somit eine Einladung an alle Freerider, auch mal eine Session im Park zu verbringen. Vielen Dank für eure Zeit und das nette Gespräch!

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