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Materialtests

Materialtest | Dynafit Hoji Free

Ein Schuh für alles?

von Tobias Huber 25.02.2020
Nachdem wir bereits letzte Saison den Hoji Pro für euch ausprobieren konnten, wurde uns heuer von Dynafit der neue Hoji Free zum Testen zur Verfügung gestellt. Das „Free“ kann man dabei auch auf die Freiheit bei der Bindungsauswahl beziehen, denn der Schuh passt im Gegensatz zum „Pro“ Modell dank seinem normalen Schnabel vorne in alle gängigen Touren- und Hybridbindungen.

Gleichzeitig stellt der Hoji Free das Top Freeridemodell, also den abfahrtslastigsten Schuh in der Kollektion von Dynafit dar, und verspricht kompromisslose Abfahrtsperformance mit hervorragenden Aufstiegseigenschaften. Ich habe daher versucht, den Schuh seinem Einsatzgebiet entsprechend zu nutzen. Zudem musste er sich mit meinen gewohnten Skischuhen, den Lupo Modellen von Dalbello, vergleichen lassen.

Tester und Testprodukt

Ich bin 189cm groß und 80kg schwer, fahre eher verspielt, springe viel und bin auch mal schneller unterwegs. Ich gehe, wenn der Schnee passt, überall am Berg skifahren. Wenn er nicht passt, bin ich eher im Park. Ich gehe auch hin und wieder Skitouren, meist in interessantes Gelände, weniger auf bestimmte Gipfel. Ich habe den Hoji Free mit meinem gewohnten Ski Setup getestet, einem K2 Catamaran mit CAST Bindungssystem, sowie mit meinem „Pistenski“, einem Faction Prodigy 4.0 mit STH2 Bindung. Das CAST System erlaubt das Verwenden von Tourensohlen wie jener des Hoji Free mit dem Pivot Vorderbacken und die STH Bindung nimmt durch die Höhenverstellung des Vorderbackens auch Tourensohlen auf, wobei mir bewusst ist, dass letzteres so nicht unbedingt vorgesehen ist, aber es funktioniert (auf eigenes Risiko). Für mich war wichtig zu erfahren, wie sich der Schuh im Vergleich zu meinen anderen Schuhen mit meinem gewohnten Ski Setup schlägt.

Details zum Testmodell

Dynafit Hoji Free 2019, MP 27,5, Sohlenlänge 310mm, original Innenschuh, aufgebacken und angepasst; Keine zusätzlichen Spoiler verbaut oder Modifikationen vorgenommen.

Erster Eindruck

Wie anfangs erwähnt, ist der Hoji Free die Evolution des Hoji Pro (zum Test). Der Hoji Free soll weniger Allrounder sein, sondern eher die aggressiven, abfahrtsorientierten Skifahrer ansprechen, dabei aber trotzdem alle guten Aufstiegseigenschaften beibehalten, mit denen der Hoji Pro bereits überzeugen konnte.

Da der Hoji Free in eine große Bandbreite an Bindungen passen soll, musste Dynafit für dieses Modell von der „Speed Nose“ abrücken und dem Schuh einen klassischen Schnabel verpassen, damit er mit der ISO 9523 Norm in alle gängigen MNC Bindungen passt und somit seinem angedachten Einsatzbereich entsprechend gefahren werden kann. Da dafür ohnehin neue Gussformen für die Hauptschalen notwendig waren, konnte man das Feedback zum Hoji Pro berücksichtigen und in die überarbeitete Hauptschale einfließen lassen. Während der Schaft funktional identisch bleibt und hier für den Hoji Free, der einen „130er“ Flex aufweisen soll, nur steiferer Kunststoff verwendet wurde, hat die Hauptschale generell etwas weniger Volumen. Dadurch ist der Schuh etwas schmäler (Leistenbreite 102mm) und über den Zehen sowie im Fersenbereich etwas enger. Außerdem wurde der Knöchelbereich auf das Feedback zum Hoji Pro hin - was wir auch schon in unserem Test geben mussten - überarbeitet. Diese Änderungen sollen eine sportlichere Fahrweise ermöglichen und bekannte Schwächen des Hoji Pro, gerade in der Passform, ausmerzen. Die Sohlenlänge ist bei der Free Variante durch den Schnabel wieder etwas länger als beim Pro, aber dennoch sehr kurz. Während mein Dalbello Lupo bei MP 27,5 317mm misst, liegt der Hoji Free bei gleicher MP Größe bei 310mm. Hätte ich einen reinen Tourenschuh gesucht, wäre ich vielleicht auf die nächst größere Schale gegangen, für einen Allroundskischuh wollte ich aber eine eher knappere Passform. Ich trage bei Straßenschuhen ca. Größe 43,5-44, habe aber eher dünnere, nicht allzu breite Füße mit ein paar skischuhbedingten Überbeinen.

Der Rest des Schuhes ist wie gesagt identisch mit dem ursprünglichen Modell. Es komm auch der ausgetüftelte Gehmodus von Fritz Barthel, dem Erfinder der Tech-Bindung, zum Einsatz, bei dem das Umlegen von nur einem Hebel die nötige Umstellung vom Geh- in den Skimodus ermöglicht.

Der Schuh kommt, ähnlich wie sein indirekter Vorgänger, der Dynafit Vulcan, und eben auch wie die Fulltilt oder Dalbello Krypton/Lupo Schuhe, im dreiteiligen Cabrio Design, welches sich ursprünglich von den Raichle Flexon Modellen ableitet. Die mittlere Schnalle, die für den Fersenhalt sorgt, ist als Ratschen-Riemen ausgeführt. Der Strap oben ähnelt einem Booster Strap und der Verschluss kann komfortabel und sehr schnell entriegelt werden. Öffnet man den Hebel auf der Rückseite vom Abfahrts- in den Tourenmodus, wird dadurch gleichzeitig die obere Schnalle sowie der PowerStrap geöffnet und die Schaftrotation auch nach hinten freigegeben. Die Zunge ist zweigeteilt und flext nur, wenn der Schuh richtig geschlossen ist. Somit ist im Gehmodus, wenn die obere Schnalle und der Strap entspannt sind, nach vorne viel Bewegungsfreiheit vorhanden.

Ein wesentlicher Unterschied des Hoji Frees zum Hoji Pro ist der Innenschuh. Dieser wurde in Zusammenarbeit mit der Marke Sidas speziell für den Schuh designt. Er ist sehr leicht, will trotzdem aber noch genug Dämpfung, Komfort und Kraftübertragung bieten, wie man es von einem Alpinschuh kennt. Außerdem ist er thermisch anpassbar. Ich persönlich bin großer Fan der dickeren Intuition Wrap Innenschuhe. Natürlich habe ich auch sofort versucht, einen solchen Innenschuh im Hoji Free zu verwenden, allerdings hat ein (neuer) Intuition Pro Wrap einfach zu viel Volumen und ich bekomme den Schuh damit kaum noch geschlossen. Generell macht der Sidas Innenschuh aber einen qualitativ hochwertigen Eindruck und steht meiner Meinung nach anderen leichten Toureninnenschuhen in nichts nach.

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Praxiseinsatz

Ich habe den Schuh bisher an ca. 5 Tagen auf mittellangen Skitouren (maximal 1000hm) benutzt, dazu kommen noch einige Tage beim reinen Freeriden im Skigebiet und ein kurzer Abstecher in den Park (Kicker). Den Innenschuh konnte ich problemlos aufbacken. Ich habe das schon öfter zu Hause gemacht und dafür auch alle notwendigen Zehenkappen und zusätzliche Spacer für Köchel und Überbeine parat. Das Aufbacken hat sich wirklich positiv bemerkbar gemacht, vor allem im Knöchelbereich und beim Zehenvolumen. Der Schuh kommt mit recht einfachen Einlegesohlen, ich selbst verwende angepasste Sidas Einlegesohlen, damit stehe ich etwas gerader und dadurch mein innerer Knöchel höher, was für mich deutlich besser zur Schalenform passt wie wenn ich nur die mitgelieferten Einlegsohle verwende. Nach dem Aufbacken und mit den Einlegesohlen hat mein Knöchel jedenfalls viel besser in die Schale gepasst als davor.

Der Einstieg in den Schuh klappt problemlos, wobei man die scharfen Kanten der Schale am Rist etwas zu spüren bekommt. Legt man die Zungen vom Innenschuh der Schale drüber und schließt die mittlere Ratschenschnalle, fügt sich aber alles so zusammen wie es gehört und auch die Ferse findet guten Halt. Die vordere Schnalle musste ich bisher nur auf der ersten Stufe schließen, die zweite Stufe wäre viel zu fest. Am Schaft finde ich guten Halt mit der vorgegebenen, mittleren Platzierung der Schnalle. Bei anderen Schuhen muss ich diese dank meiner dünneren Unterschenkel gleich mal versetzten, um den Schuh fest genug schließen zu können.

Der Hebel zum Wechseln in den Gehmodus ist massiv ausgeführt, man benutzt ihn wirklich gerne. In meinem Fall bei fast jeder Gelegenheit, wenn man nicht gerade bergab Ski fährt. Es geht schnell und macht wirklich einen riesigen Unterschied beim Herumlaufen aber auch beim Rumstehen. Weiteres zum Gehmodus haben wir bereits im Test zum Hoji Pro besprochen. Ich finde die Schuhe zum Aufsteigen hervorragend, lasse dabei am liebsten die unteren beiden Schnallen leicht geschlossen und fühle mich auch beim Traversieren auf hartem Schnee mit breiten Ski ziemlich gut unterstützt. Die längere Prozedur,  die ich von meinen Lupos gewohnt bin (öffnen aller Schnallen, Hebel umlegen, Zunge entnehmen, verstauen, Schuh wieder halb schließen und dann vor dem Abfahren daran denken, den Hebel hinten wieder zu fixieren) vermisse ich keinesfalls, vor allem wenn ich zusätzlich auch noch das CAST System umbauen muss. Der Hoji Free lässt sich eben wirklich schnell von Aufstieg auf Abfahrt umbauen.

Dem Test hier muss ich voranstellen, dass ich nun seit über 12 Jahren ausschließlich mit Fulltilt und Dalbello Schuhen und Intuition Wrap Innenschuhen unterwegs bin und sich für mich dadurch fast jeder andere oder neue Skischuh fremd anfühlt. Ich müsste wohl noch viel mehr und länger mit dem Hoji Free fahren, um diesen wirklich komplett neutral bewerten zu können. Ich kann demnach nur die für mich spürbaren Unterschiede beschreiben, ohne diese unbedingt als schlechter/besser hinzustellen.

Zunächst ist mir aufgefallen, dass sich der Flex des Schuhs relativ steif anfühlt. Gleichzeitig ist die Schafthöhe etwas niedriger als bei den Dalbellos. Zusätzlich ist mir (erst nach ein paar Tagen) klar geworden, dass der Drehpunkt des Schaftes beim Hoji Free, wie bei praktisch allen Tourenschuhen, deutlich höher platziert ist als bei meinen gewohnten Schuhen. Dadurch übt man eine andere, etwas schwächere Hebelwirkung auf den Skischuh aus, wenn man Druck nach vorne ausübt. Vermutlich kommt mir der Hoji Free dadurch nicht ganz so progressiv vor wie ich es gerne hätte und gewohnt bin. Der relativ aufrechte Schaftwinkel, zusammen mit dem eher steifen und ungedämpften Grilamid Material und dem erwähnten höheren Drehpunkt, benötigt eine andere Krafteinwirkung, um den Flex so abzurufen, wie ich es gewohnt bin. Der Schuh ist zwar im Cabrio Design ausgeführt, der Flex wird aber zusätzlich über den Verriegelungsmechanismus und den Schaft beeinflusst. Ob der für mich nicht ganz ideale Flex nun am steilen Schaftwinkel, am Schalenmaterial, an der zweigeteilten Zunge, die nicht ganz allein für den Flex verantwortlich sein kann, oder am Hoji-Lock Mechanismus liegt, kann ich nicht genau sagen.

Ich bin den Schuh noch nicht allzu viel im Skigebiet gefahren. Ich könnte mir vorstellen, dass er mit der Zeit ein wenig weicher und damit zumindest für mich und meine Fahrweise angenehmer zu fahren wird, außerdem werde ich mich wohl auch eher an die Unterschiede gewöhnen. Der Hoji Free hat mich jedoch interessanterweise beim Pisteneinsatz am meisten überzeugt: Er bietet wirklich eine sehr gute laterale Kraftübertragung des Schafts, fährt sich sehr direkt und Carven macht mir damit richtig viel Spaß. Der Schuh hat mich viel Kantengrip auf Höhe der Ferse aufbauen lassen. Auch im Powder konnte ich nach einer kurzen Eingewöhnungsphase alles machen, lediglich in ausgefahrenen, unregelmäßigen Buckeln mit schwierigem Schnee fühlte sich der Schuh für mich etwas seltsam an. Ich denke, dass ich den aufrechten Schaft nicht so richtig gewohnt bin und ich fand mich dadurch öfter als sonst in Rücklage wieder, da hinten an der Wade der gewohnte Widerstand fehlte. Hier möchte ich aber vielleicht noch mit einem zusätzlichen Spoiler nachhelfen, um mehr Vorlage bzw. schnelleres „Feedback“ nach hinten zu erhalten.

Apropos Spoiler: Dynafit gibt auf seiner Website an, dass der Schuh 11° Vorlage hat und man den Winkel mit Hilfe eines Spoilers auf 17° wechseln kann. Mir ist jedoch nicht klar, mit wieviel Vorlage ich den Schuh getestet habe und ob der Spoiler schon verbaut ist, oder noch nachzurüsten wäre. Ein Shop, der sämtliche Hoji Modelle vorrätig hatte, konnte mir hier auch nicht weiterhelfen. Ich konnte lediglich sehen, dass der Hoji Free gegenüber dem Pro ohnehin schon einen dickeren Spoiler im Wadenbereich verbaut hat. Mitgeliefert wurde nichts, eine Anleitung diesbezüglich fehlte leider auch. Hier wäre eine eindeutigere Kommunikation seitens des Herstellers, gerade für Endkunden und Shopmitarbeiter, wünschenswert. Ich habe nun selbst eine Schraube am Hebel vom Gehmodus leicht herausgedreht, damit der Hebel im geschlossenen Zustand etwas länger ist, was etwas mehr Vorlage bedeutet.

Im Großen und Ganzen kann ich mit dem Schuh das gleiche machen wie mit meinen bisherigen Schuhen auch, nur gestaltet sich das Aufsteigen deutlich angenehmer. Ich kann Springen und Tricks angenehm landen, ohne Angst zu haben, mir die Füße kaputt zu machen. Nosebutters gehen auch, ohne aus der Ferse zu rutschen. Der Innenschuh bietet aber leider trotzdem deutlich weniger Dämpfung zur Außenschale hin als ein Intuition Wrap Liner. Hatten mich die 102mm Leistenbreite zunächst noch abgeschreckt, da ich sonst in Schuhen mit 98mm Leisten fahre, kann ich jetzt sagen, dass mir der Schuh dennoch nicht zu breit ist und ich guten Halt habe.

Fazit

Der Hoji Free ist ein super Skitourenschuh mit exzellenten Aufstiegseigenschaften, mit dem es sich im sehr sportlichen Stil abfahren lässt. Der Hoji Lock Mechanismus ist sehr komfortabel und funktioniert einwandfrei. Die leichten Schwächen hinsichtlich der Passform des Hoji Pro wurden zum großen Teil ausgemerzt, so bietet die Schale besseren Halt bei einer engeren Passform und einen überarbeiteten Knöchelbereich. Für mich ist der Schuh die erste Wahl, wenn es um reines Skitouren geht. Aber leider kann er zumindest für mich auf Grund seines nicht ganz so progressiven Flexverhaltens, der eher niedrigen Schafthöhe und dem hohen Drehpunkt nicht so schnell zum einen Skischuh werden, mit dem ich alles kompromisslos machen kann und will. Dennoch kann ich ihn als einzigen Skischuh für einen Trip einpacken, bei dem jegliche Art von Skifahren betrieben wird. Ich denke, dass der Hoji Free für Skifahrer wie mich, die aus dem Alpin- und Freestylebereich kommen und einen Allround Skitourenschuh suchen, gut funktioniert, er lässt aber noch kleine Wünsche nach mehr Dämpfung und Vorlage offen. Für Skifahrer, die aus dem Tourenbereich kommen und einen Allround Schuh für alles, inkl. Freeride- oder Pistentage im Skigebiet suchen, kann er sehr gut funktionieren und ist sehr vielseitig einsetzbar.

Vor- & Nachteile

+ Stabilität im beim Abfahren auch für breite Ski

+ akzeptables Gewicht für einen Schuh in dieser Klasse

+ Gute Schaftrotation im Gehmodus

+ Stabiler Hebel und einfachster Umbau vom Geh-zum Fahrmodus

+ robuste Tourensohle

+ gute Verarbeitung

+ Quick-Step-Inserts zum noch einfacheren Einsteigen in Pin Bindungen

+ Fährt sich annähernd wie ein Alpinschuh

+ Guter Seitenhalt auch im Aufstieg

- Flex nicht durch tauschbare Zungen einstellbar

- Flex könnte progressiver sein

- Schafthöhe etwas niedrig für großgewachsene FahrerInnen

- relativ Aufrecht, Unklarheit über Vorlagewinkel und Spoiler

Details:

Schaftrotation: 55°

Vorlage im Abfahrtsmodus: 11° (es wird offiziell auch noch 17° angegeben, was lediglich durch einen Spoiler möglich ist)

Inserts: Dynafit Quick-Step-In

Sohle: Formula Pomoca Climb

Gewicht: 1550g

Innenschuh: Sidas Custom light

Material Schaft: Grilamid ® + Fiberglass

Material Hauptschale + Spoiler: Grilamid ®

UVP: 750 €

Größen: MP 25 - 29.5

Konstruktion: Cabrio Design/3-Piece Design

Leistenbreite: 102mm

Hier geht es zum Schuh auf der Dynafit Website.

Der Schuh wurde PowderGuide zum Zweck des Tests kostenlos vom Hersteller zur Verfügung gestellt. Wie wir testen, erfahrt ihr hier. 

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