Apropos Teilnehmer: Der Blick auf die Teilnehmerliste, die ich vorab erhalten habe, entspannt mich: Ich bin nicht die einzige Teilnehmerin. Vor Ort stelle ich dann aber fest, doch mal wieder das einzige Mädel zu sein. Schade, dass es vielmehr Jungs/Männer gibt, die sich auch alleine zu so einem Camp anmelden und so wenige Mädels/Frauen, die diesen Schritt machen. Automatisch setze ich mich selbst unter Druck: Die sind sicher alle viel schneller. Die werden super genervt sein, wenn das Mädel die Gruppe runter bremst. Die fahren sicher alle nach dem Motto „steil ist geil" usw. Schon der erste Tag auf den Skiern vertreibt meine Zweifel aber sofort.
Der Blick verändert sich
Die 3 Camp Tage stehen unter dem risk'n'fun Motto „wahrnehmen – beurteilen – entscheiden". Dabei wird unsere 8er Gruppe von einer Bergführerin und einem Trainer begleitet. Aber statt uns schulmeisterhaft Theorien oder Lehrmeinungen einzutrichtern unterstützen sie uns darin, uns selber unser Bild zu machen. Nach und nach verändert sich der Blick. Während ich am ersten Tag am Hang nur potentielle Powderlines wahrnehme springen mir nun auch Windverfrachtungen, Lawinenkegel und potentielle Steinschlaghänge ins Auge. Nicht, dass ich diese davor nicht gesehen hätte – aber eben nicht auf den ersten oder zweiten Blick. Nach einem Tag sind wir auch schon als gute Gruppe unterwegs. Das Niveau ist recht homogen und auch die Zielsetzung: bei dem wenigen Schnee doch lieber mehr Üben als uns und das Material am Stein hängen zu lassen. Leider bleibt beides nicht völlig aus. Aber das gehört eben auch mit dazu. Toll ist, dass sich keiner scheut seine Anliegen vorzubringen und dass die Gruppe auch immer einen Konsens findet.
Der zweite Tag begrüßt uns mit -15 Grad und Wind oben auf dem Gletscher. Kameradschaftlich wird die Kälteschutzcreme in der Gondel geteilt und ich bin nicht die Einzige, die irgendwann mit zitternden Beinen dasteht. Also ab ins Warme und LVS Theorie machen bevor es nochmal in die Kälte zum Buddeln geht. Den schlechten Schneedeckenaufbau können wir bei unserer LVS Übung dann gut erkennen. Das Bild mit der Schwachschneeschicht bliebt mir nachhaltig hängen. Die Abendsession verbringen wir dann damit, gemeinsam in Kleingruppen unsere Strategie für den morgigen Tag zu erarbeiten. Wir werden in 2er Teams die Führung der ganzen Gruppe übernehmen – das gilt es vorzubereiten.
Wo war nochmals der Sammelpunkt?
Der dritte Tag ist gnädig mit dem Wetter. Nun denn: wir führen die Gruppe. Eine einfache Entscheidung a la „da fahren wir rein, da ist's geil" wird die Gruppe nicht akzeptieren. Also nochmals Hangneigung, Umgebung, Windzeichen und Lawinenbericht reflektieren und entscheiden, wie wir in den Hang fahren und wo wir uns sammeln. Da wir dies zu zweit machen, lerne ich auch durch die Diskussion mit meinem Partner nochmals viel dazu. Natürlich läuft nicht alles perfekt. Vor lauter Begeisterung für einen Hang vergessen wir völlig zu vereinbaren, wo der Sammelpunkt ist. Aber wenigstens fahren wir nacheinander.