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Schnee von morgen

Schnee von morgen | Bergsport ist Motorsport?!

Die schönsten Abenteuer beginnen mit den Öffis

von Josef Pichler ‱ 17.02.2020
Wanderer, Bergsteiger und Skitourengeher – mit diesen Begriffen sind alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen – gelten eigentlich als naturverbundene und ökologisch orientierte Zeitgenossen: Sie suchen Freiheit, Bewegung und Natur abseits großer touristischer Zentren. Dennoch ist vor allem ihr Reiseverhalten weder naturverbunden noch ökologisch, da die meisten mit dem Auto in die Berge aufbrechen.

Angesichts der drohenden Klimakrise stellt sich die Frage, ob „Bergsport ist Motorsport“ auch heute noch gilt. Oder sollte man besser fragen: Wann war der Parkplatz an der Talstation oder dem Ausgangspunkt der Tour mal nicht ĂŒberfĂŒllt? Gehen wir gemeinsam auf sie Suche nach den Antworten und den passenden Lösungen...

Eigentlich ist die Sache mit dem ökologischen Fußabdruck und der persönlichen CO2-Bilanz ganz einfach: Alle AktivitĂ€ten verlangen einen Energieeinsatz, der wiederum mit der Emission von CO2 und dessen Äquivalenten zusammenhĂ€ngt. Mit anderen Worten – was liegt, das pickt, und was wiegt, das hat‘s!

Beim Thema MobilitĂ€t und Verkehr ist das nicht anders. Beides steht fĂŒr eine OrtsverĂ€nderung: Wer mobil sein will, muss sich zwischen vorhandenen Verkehrsmitteln und attraktiven Verkehrswegen entscheiden. Wie diese Entscheidung ausfĂ€llt, hĂ€ngt von vielen – meist subjektiven – Einstellungen ab und kann per se schwer pauschalisiert werden. BedĂŒrfnisse, die nicht vor Ort gestillt werden können, wecken einen Wunsch nach OrtsĂ€nderung und fĂŒhren zu einer Nachfrage an MobilitĂ€t.

Folgendes Beispiel ist bestimmt allen bekannt: Hat man Hunger, so geht man Lebensmittel einkaufen oder ruft sich den Pizzaservice herbei. Ist der Supermarkt an der Ecke attraktiv und geöffnet, so gehe ich dort einkaufen. Ist der Pizzaservice besser und billiger, so entscheide ich mich fĂŒr diesen. Ob nun GĂŒter (die Pizza) oder Personen (ich) transportiert werden, wird unwichtig: Beide Verkehrstypen befriedigen direkt oder indirekt BedĂŒrfnisse. Die letztendliche Entscheidung beruht zunĂ€chst auf den eigenen BedĂŒrfnissen, richtet sich jedoch nach dem vorhandenen Angebot.

Wenn MobilitĂ€t das BedĂŒrfnis nach OrtsverĂ€nderung ausdrĂŒckt, ist Verkehr das Instrument, das sie ermöglicht. Auf sportliche BedĂŒrfnisse umgemĂŒnzt bedeutet das, dass eine Rodelpartie in fußlĂ€ufiger oder mit Öffis erreichbarer NĂ€he das BedĂŒrfnis nach Sport und Bewegung bei wenig Verkehrsaufwand stillt. Umgekehrt bedeutet die Tourenwoche in Norwegen eine ebenso hohe Deckung des SportbedĂŒrfnisses, jedoch mit einem bei weitem höheren Verkehrsaufwand – 1:0 fĂŒr die lokale Rodelpartie.

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Wir WISSEN, dass es ökologisch, sozial und ökonomisch untragbar ist, allein im Auto in die Berge aufzubrechen. Dennoch HANDELN wir oft konsequent entgegen unserem Wissen und nutzen das Auto fĂŒr Strecken oder Erledigungen, die eigentlich auch ohne machbar wĂ€ren. Öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen oder die aktive MobilitĂ€t, sprich Gehen oder Radfahren, wĂŒrde das Verkehrsaufkommen reduzieren, die Verkehrssicherheit erhöhen, die schĂ€dlichen Emissionen reduzieren, eine finanzielle und politische StĂ€rkung der Öffis herbeifĂŒhren und lebenswerte Regionen ohne BeeintrĂ€chtigung durch tourismusinduzierten Verkehr ermöglichen.

Diese vielen logischen GrĂŒnde werden meist mit diesen drei gĂ€ngigen Gegenargumenten ausgeblendet:

  1. zu lange;
  2. zu teuer;
  3. zu umstÀndlich.

Werfen wir einen genaueren Blick auf diese Argumente.

Zum Faktor Zeit: Zwar dauert die Fahrt mit den Öffis lĂ€nger, aber sind die paar Minuten bis hin zur halben Stunde wirklich wichtig? Stellen wir unser FreizeitvergnĂŒgen unter einen solchen zeitlichen Druck?

Was die Kosten betrifft: Ganz klar, Einzeltickets zu kaufen trĂŒbt den Spaß, weil von Beginn weg erstmal Geld ausgegeben werden muss, wĂ€hrend das Auto scheinbar ganz ohne diesen Initialaufwand gestartet werden kann. Schon richtig, wenn da nicht der regelmĂ€ĂŸige Besuch der Tankstelle, die jĂ€hrliche Abbuchung der Versicherung und wiederkehrende Besuche bei WerkstĂ€tten wĂ€ren. Nicht zu vergessen sind die zu entrichtenden ParkgebĂŒhren. Verbundkarten hingegen (z.B.: die Tirol Card, Salzburg Card
) ermöglichen meist einen sozialen, ökologischen und ökonomischen Transport von A nach B und entsprechen den Zielkriterien der Nachhaltigkeit. FĂŒr weit entfernte Ziele bieten sich Fernreisebusse und –zĂŒge an; frĂŒh gebucht sind diese Verbindungen auch erschwinglich.

Zum Vorwurf der UmstĂ€ndlichkeit: Klar, hier muss noch viel Arbeit in die Etablierung von Rahmenbedingungen einer lĂŒckenlosen und einfachen Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel gesteckt werden. Aber ehrlich gesagt, eine jede noch so kleine Reise ist ein Abenteuer – und wollen wir nicht alle Geschichten erleben, die es sich zu erzĂ€hlen lohnt?

Dann lieber umstĂ€ndlich angereisen und dabei neue Leute kennen lernen und gute GesprĂ€che fĂŒhren, oder einfach noch etwas Schlaf nachholen, als in der Blechkiste im Stau stehen! Eigentlich ist es doch umstĂ€ndlicher, wieder zurĂŒck zum geparkten Auto zu mĂŒssen, als die vielversprechende Überschreitung ins angrenzende Tal zu unternehmen...!

Der langen Rede kurzer Sinn: Es gibt kein Patentrezept, um die gegenwertige MobilitĂ€ts- und Verkehrsproblematik zu lösen. Die politisch gewĂ€hlten EntscheidungstrĂ€ger*Innen mĂŒssen die Rahmenbedingungen fĂŒr eine Trendwende schaffen. Es liegt jedoch stĂ€rker als es viele wahrhaben wollen in den HĂ€nden der Gesellschaft, liebgewonnene Angewohnheiten des Alltages im Generellen und unseres MobilitĂ€tsbedĂŒrfnisses im Speziellen zu ĂŒberdenken und bestenfalls zu Ă€ndern – nicht theoretisch, sondern mit konkreten Handlungen: Von A wie Anreise zur Lieblingstour mit öffentlichen Verkehrsmitteln ĂŒber K wie Konsum klimafreundlicher und fair produzierter Outdoorbekleidung bis hin zu Z wie zĂŒnftige Einkehr im lokalen Gasthaus nach erfolgreicher Tour!

Leider liegen viele Tourengebiete und Sehnsuchtsorte nicht unmittelbar vor der eigenen HaustĂŒr und es mĂŒssen entsprechende Distanzen ĂŒberwunden werden. Dabei liegt es bei jeder und jedem Einzelnen, sich fĂŒr eine nachhaltige und zukunftsfĂ€hige MobilitĂ€tsform zu entscheiden. Weite Strecken können mit der Bahn zurĂŒckgelegt werden. Um die letzte Meile vor Ort zu ĂŒberwinden, gibt es das lokale Öffi-Netz und Mikro-ÖV-Angebote (z.B.: Anrufsammeltaxis 
). Ist uns der Transport der eigenen AusrĂŒstung zu anstrengend, findet sich bestimmt ein netter lokaler Rentalshop mit den neuesten Modellen, die nur darauf warten, ausgefĂŒhrt zu werden. Be gentle, it is a rental!

Der Alpenverein mit seinen lokal vertretenen Sektionen und Ortsgruppen ist die erste Adresse, wenn es darum geht, Infos zu Touren zu bekommen, die man problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln ansteuern kann. In den Alpenvereinskarten sind neben den Tourenmöglichkeiten auch die Haltestellen von Bus und Bahn eingetragen. Ebenso finden sich auf alpenvereinaktiv.com – dem Tourenplanungsportal der Alpenvereine – zahlreiche EintrĂ€ge, die bequem mit Bus und Bahn erreicht werden können. Über MobilitĂ€tszentralen lassen sich die dazu passenden Verbindungen ermitteln und direkt die Tickets buchen.

Mein persönliches Fazit

Dumm ist der, der Dummes tut! Wie GroßstadtgeflĂŒster es treffend formuliert hat: „Es ist ja nun mal so, wenn's lĂ€uft dann waren's immer alle. Wenn es nicht lĂ€uft immer alle anderen.“ Die Schuld bei anderen zu suchen, hilft in der Sache nicht wirklich weiter. Wir alle haben die Möglichkeit betreffend unserer AktivitĂ€ten und unseres Konsums die „richtigen“, also zukunftsfĂ€higen, Entscheidungen zu treffen. Es soll gar nicht darum gehen, alle Autos aus den StĂ€dten zu verbannen oder auf Reisen zu verzichten. Aber vieles ist mit Sharing-Modellen, LastenrĂ€dern oder einfach zu Fuß und mit Öffis möglich! Und auch Fernreisen lassen sich mit entsprechender Planung und den passenden Zutaten ökologisch tragfĂ€higer gestalten: Man nehme den Zug, den Bus oder die eigenen FĂŒĂŸe zur Fortbewegung, dazu eine Prise Gelassenheit und Abenteuerlust, lasse diese Zutaten in sich wirken und genieße die gewonnene zuckersĂŒĂŸe Freiheit mit einem Hauch von #ichrettediewelt!

Info zum Autor:

Josef Pichler ist fĂŒr den Alpenverein in der Abteilung Raumplanung und Naturschutz tĂ€tig und ja, er besitzt ein Auto. Dieses dient aber vorzugsweise als „GĂ€stezimmer“, wenn sich mal wieder Besuch anmeldet und die Wohnung zu klein wird.

Linksammlung zum Weiterlesen:

Linksammlung:

Tourenplanungsportal der Alpenvereine

Sammlung von Tourentipps der lokalen Alpenvereinssektionen fĂŒr Öffi-Touren (Sommer & Winter)

MobilitĂ€tszentrale Pongau – Mobilito

MobilitĂ€tszentrale Graz – MobilZentral

ÖBB Kombitickets (Bahnreise und Skipass)

Beispiele fĂŒr Mikro-ÖV:

https://istmobil.at/

http://www.gseispur.at/

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