In der vergangenen Woche wurde eine Vielzahl von Lawinenabgängen mit Personenbeteiligung vermeldet, vor allem in den Kitzbühler Alpen und den benachbarten Regionen. Wie wir dem tiroler, dem bayrischen und dem salzburgischen Lawinenlagebericht entnehmen konnten, lag die Ursache primär bei eingeschneitem Oberflächenreif. Die Bildung von Oberflächenreif ist nur schwer exakt vorherzusagen. Oberflächenreif ist einer von einer Hand voll von Prozessen, bei denen die Lawinenwarner auf Geländebeobachtungen angewiesen sind um sie gut eingrenzen zu können und ihren Einfluss auf die Lawinengefahr abzuschätzen. Lawinenwarnung ist somit auch ein kollaboratives System von uns allen!
Besprechen wir kurz die wichtigsten Punkte, die auch wir Otto Normalskitourengeher in das Bulletin miteinfließen lassen können. Im Grunde ein Teil unserer moralischen Pflicht:
Regengrenze
Die wohl wichtigste Meldung für die Abschätzung der Schneedeckenentwicklung, vor allem im Herbst und Frühwinter. Im Bereich von Regenkrusten entwickeln sich in weiterer Folge bevorzugt Schwachschichten. Bei Regen auf eine bestehende Schneedecke ist eine Meldung mit Angabe der Höhe der Regengrenze und Intensität des Regens ein MUSS!
Lawinenabgänge, Setzungsgeräusche & Rissbildungen
Nonanet. Das sind die wohl markantesten Anzeichen für eine instabile Schneedecke. Alle beobachteten Lawinen sollten mit Höhenlage und Exposition (!) an die Warndienste gemeldet werden. Bei Lawinenabgängen mit Personenbeteiligung aber ohne Verschüttete oder Verletzte gibt man immer auch eine Negativmeldung per Notruf ab. (Anruf bei der Leitstelle: "Ich möchte eine Negativlawine melden" - die Person am anderen Ende fragt dann genauer nach.)
Oberflächenreif & Nigg-Effekt
In welchen Gebieten, Expositionen, Höhenbereichen hat sich Oberflächenreif gebildet bevor er eingeschneit wurde? Eine Sonderform der Oberflächenreifbildung stellt der sogenannte Nigg-Effekt dar (benannt nach einem Schweizer Bergführer). Dabei wird relativ warme, feuchte Luft an einen Grat oder Kamm herangeführt und überstreicht diesen. Falls nun an der Rückseite des Berges (meist betrifft dies die Schattenseite) die Schneeoberfläche durch Abschattung oder Ausstrahlung deutlich kühler ist, so lagert sich im unmittelbaren Kammbereich (und nur dort!), der in der Luft enthaltene Wasserdampf ab und bildet Oberflächenreif. Vermehrt tritt dieser Effekt im Früh- und Spätwinter auf. Wer Oberflächenreif beobachtet, gibt die Info mit Angabe von Gebiet, Höhenlage, Exposition an unser Gemeinschaftsprojekt weiter!