Zuallererst für unsere neuen Mitleser: Beim Schneegestöber stöbern wir nicht nur im Schnee... Die Priorität wird zwar bei aktuell beobachtbaren Prozessen in der Schneedeckenentwicklung und deren Auswirkungen auf die Lawinengefahr liegen, illustriert mit Schneeprofilen und deren Interpretation. Oft werden wir der Sache anhand von Modellbildungen und extremen Vereinfachungen bzw. hyperbolischer Sprache auf den Grund gehen, um den Fokus stärker auf das Wesentliche legen zu können. Daneben gibt es auch sporadisch einen Blick in andere Abteilungen von Winter und Brettlrutschen. Am Ende jeden Schneegestöbers werden wir einen Merksatz finden – einfach zum Einprägen.
Viele Begriffe des SchneeGestöbers der vergangenen Saison benötigen wir heuer als Grundlage und fassen diese damit in einen geeigneten Rahmen, den sogenannten „essentiellen Unterscheidungen“: Die überlebenswichtigen Unterscheidungen beruhen auf Erfahrungswerten, die zeigen, welche Begriffe häufig nicht bewusst wahrgenommen werden und nicht unterschieden bzw. definiert werden können. Einige Wörter davon kommen regelmäßig in den Lageberichten vor, andere liest man dort nicht, aber ohne sie verstanden zu haben, kann man die Informationen des Lageberichtes nicht erfassen und anwenden.
Wissen – Erfahrung
Wir unterscheiden explizit zwischen Wissen und Erfahrung. Wissen ersetzt keine Erfahrung und Erfahrung ersetzt kein Wissen. Nicht nur in der Schnee- und Lawinenkunde. Die letzten drei Winter haben uns im Ostalpenraum beispielsweise gezeigt: Beim Altschneeproblem ist ein hohes MaĂź an Erfahrung fast nutzlos, wenn man kein fundiertes Basiswissen sein Eigen nennt.
Gefahrenstufe – Gefahrenstufe
Drei ist nicht gleich Drei, Zwei ist nicht gleich Zwei. Die Gefahrenstufe beschreibt lediglich die Gesamtsituation. Sie ist ein Mittelwert aus der Lawinengefahr in allen Hängen aller Expositionen im besagten Höhenbereich. Es gibt bei ein und derselben Lawinenwarnstufe die Möglichkeit, dass Hänge im Südsektor (= Exposition West über Süd bis Ost) brandgefährlich sind, z.B. bei einer Frühjahrssituation. Unter dieselbe Gefahrenstufe fällt ebenfalls die Situation, dass Hänge im Nordsektor (= Exposition West über Nord bis Ost) durch Schwachschichten im Altschnee leicht auslösbar sind, sich aber der Südsektor safe präsentiert. Gleiche Gefahrenstufe, allerdings jeweils vollständig andere Bereiche sicher bzw. gefährlich!  Es kommt immer auf die Verteilung und Auslösebereitschaft der Gefahrenstellen an. Die Stufe fasst sie nur zusammen und bringt uns alleine gleich viel wie ein Tourenski ohne Felle.
Versteckte Gefahrenhinweise – offensichtliche Gefahrenhinweise
Leicht erkennbar sind beispielsweise nicht-überdeckte Triebschneepakete, Gleitschneemäuler, Durchnässung der Schneedecke oder die Neuschneemenge. Schwer erkennbar sind Altschneeprobleme, also Schwachschichten innerhalb der Schneedecke, aber auch eingeschneite Triebschneepakete. Sie sind nur hin und wieder zuvorkommend und teilen Setzungsgeräusche oder Rissbildungen aus. Nicht jede Gefahr zeigt sich im Gelände! Schwachschichten im Altschnee erkennt man oft nur durch aufmerksames Lesen von Lagebericht bzw. Bulletin. Andere Gefahren liest man dort natürlich auch heraus, sie sind jedoch im auch Gelände viel leichter für jeden selbst erkennbar.
Lawinenzeiten – Lawinenorte
Die zentrale Frage im persönlichen Lawinenmanagement ist meistens an die räumliche Dimension gebunden. Sie lautet: „Wo kann ich was auslösen?“ Sollte sich an einem Tourentag die Schneedeckenstabilität massiv ändern, kommt die zeitliche Dimension noch dazu: „Wann kann ich wo und was auslösen?“ Das finden wir in erster Linie bei der Frühjahrssituation vor, aber auch bei Schneefall, Regen, oder anhaltender Windaktivität.