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Schneegestöber

SchneeGestöber 11 2020/21 | Die heikle Schwachschicht hat sich beruhigt

Schneeprofilbesprechung

von Stefanie Höpperger 27.02.2021
Im heutigen SchneeGestöber besprechen wir ein Profil, in dem man erkennt, dass sich die Störanfälligkeit der Schwachschicht gebessert hat. Im letzten Gestöber war die gleiche Schwachschicht noch leichter zu stören.

Die giftige und in einem gewissen Höhenband vorhandene Schwachschicht, die sich durch ein GM4 um die am 21./22.12.20 entstandene Regenkruste gebildet hatte, forderte Ende Jänner, Anfang Februar einige Todesopfer und war verantwortlich für viele Lawinenabgänge. Sehr tückisch war diese Schwachschicht vor allem, weil man sie nicht nur in einem steilen Hang auslösen konnte, sondern auch als Fernauslösung im flacheren Gelände, vorwiegend aber in Übergängen von wenig zu viel Schnee. Das liegt daran, dass sich die Schwachschicht in tiefer liegenden Schichten befindet und zum Teil ein mächtiger Schneestock darüber lagert, weshalb dort die schwache Schicht nicht gestört werden kann. An schneeärmeren Stellen hingegen befand sie sich nur (wie in Profil 1) bis zu einem Meter unterhalb der Schneeoberfläche, also in einer noch störbaren Tiefe. Erwischte man einen solchen Hotspot und initiierte dort einen Bruch, breitete sich dieser über eine weite Fläche aus und die abgehenden Lawinen nahmen teilweise ein großes Ausmaß an. Scheinbar perfekt war das darüber lagernde Brett, durch Wind und Wärme in einem Höhenband von ca. 1900-2300m. Darunter gingen Lawinen durch den Regeneintrag bereits von selbst ab, oder der Regen zerstörte schwache Schichten. Darüber ist diese Schwachschicht kaum bis gar nicht vorhanden.

Umso erfreulicher, dass sich diese tückische Schwachschicht beruhigt hat. Denn der Mensch scheint dazu zu neigen ein solches Altschneeproblem, bei dem man die Gefahr im Gelände nicht erkennen, wahrnehmen oder durch Setzungsgeräusche hören kann, zu verdrängen oder zu verharmlosen. Wenn auf Tour keine Lawine abgegangen ist, glauben viele, eine sichere Tour gewählt zu haben. Oft war es aber einfach nur Glück, dass man keinen Hotspot erwischt hat, wo eine Lawine auslösbar gewesen wäre. Die Verlockung des tollen Skivergnügens ist für viele offenbar zu groß, um es auf später zu verschieben. Gefährlich und schön liegen ja oft sehr nah bei einander.

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Nun zu den Schichten von Profil 2 und dem Vergleich zu Profil 1:

Das Schneeprofil 2 stammt vom 20.2.21 und wurde im Kühtaier Längental, in einem 34° steilen Ost exponierten Hang, auf einer Höhe von 2300m aufgenommen.

Hellblau:

Tiefenreif mit Kantig abgerundeten Kristallen mit einer Größe von 0,5-2mm und einer Härte von 1-2.

Der Schnee stammt von Ende November - Anfang Dezember.

Unterschied zu Profil 1:

Im Profil 1 hatten wir noch ein schlechtes Fundament aus großen und lockeren Schwimmschneekristallen. In Profil 2 sind die Becherkristalle mit ihren Facetten dabei, wieder kleiner und runder zu werden, was der abbauenden Umwandlung zu danken und positiv zu werten ist.

Violett:

Zwei Schmelzkrusten. Bei der unteren sind noch kantige, etwas größere 0,5-1,5mm Kristalle erkennbar und bei der oberen kantig abgerundete, etwas kleinere 0,5-1mm Kristalle, mit einer typische Härte von 4. Beide Krusten sind dabei, sich “aufzufressen” (wieder lockerer zu werden) wodurch sich die etwas durchwachsene dünne Schicht aus kantigen und kantig abgerundeten Kristallen dazwischen gebildet hat. Die zwei Krusten waren vermutlich einst miteinander verbunden.

Die Kruste stammt wie im Profil 1 von dem Regeneintrag am 21./22.12.20.

Rot:

Die dünne Schicht von 31-33cm ist eine eher durchwachsene, im Profil nicht durchgehend vorhandene Schicht, aus kantigen und kantig abgerundeten Kristallen, mit einer Größe von 0,5-1,5mm und einer Härte von 2. Wie oben bereits erwähnt, ist sie eher dadurch entstanden, dass die Kruste dabei ist, sich langsam aufzufressen/ abzubauen.

Die Schicht von 36-50cm besteht aus kantigen und kantig abgerundeten Kristallen mit einer Größe von 0,5-1mm und einer Härte von 2.

Sie Stammt von den Niederschlägen samt Temperaturabfall am 24.12.20 und der darauf folgenden längeren Kälteperiode bis Mitte Jänner. Das heißt: Sie wurde zum einen durch ein entstandenes Gm4 und zum anderen durch die Kälteperiode, während der sich die damalige Schneeoberfläche aufbauend umwandelte, gebildet.

Unterschied zu Profil 1:

Die bis vor kurzem noch tückische und giftige Schwachschicht (wie im Profil 1, rot), die für die vielen Lawinenabgänge und Lawinenopfer verantwortlich war, ist in Profil 2 bereits nicht mehr störbar.

Grün:

Die untere grüne Schicht bestehend aus 0,5mm kleinen runden Kristallen mit einer Härte von 3 stammt von den Niederschlägen Mitte Jänner. Eine kompakte, gut gesetzte Schicht und das Resultat der abbauenden Umwandlung.

Die obere grüne Schicht besteht aus kantig abgerundeten und runden Kristallen, auch mit einer Größe von 0,5mm. Mit einer Härte von 2-3 ist sie etwas weicher als die darunter. Hier handelt es sich um den Starkschneefall vom 28.01. und die darauf folgenden Schneefälle von Ende Jänner - Anfang Februar.

Eine ca. 90cm dicke, recht gut gesetzte und kompakte Schicht.

Unterschied zu Profil 1:

Bei Profil 1 war die abbauende Umwandlung auch schon im Gange, dort haben sich die vorerst kantigen Kristalle zu kantig abgerundete verwandelt. Im heutigen Profil 2 sieht man bereits das Endstadium der abbauenden Umwandlung: Runde, kleine Körner, die nah aneinander gerückt sind und sich zu einer kompakten Schicht verwandelt haben. Die obere Schicht von 85-142cm befindet sich gerade in diesem Prozess.

Nun finden wir den darauf folgenden Wetterverlauf samt Niederschlägen nach dem 24.1.21, als das Schneeprofil 1 aufgenommenen wurde. Die im Profil 1 vorhandene Schmelzkruste (grau) wäre im Profil 2 irgendwo zwischen den beiden grünen Schichten. Die Kruste und die darunter liegende kantige Schicht (Profil 1, orange), die durch ein GM4 in der Warmphase vom 19.-22.1. gebildet wurde, sind in Profil 2 nicht mehr vorhanden.

Orange:

Ist eine dünne Schicht aus 0,5mm kleinen, kantigen Kristallen und mit einer Härte von 1 sehr weich. Die Schicht hat sich in Folge des Temperatursturzes samt Niederschlag am 7./8.2.21 durch das Gefahrenmuster 4 (kalt auf warm, warm auf kalt) gebildet.

Grau:

Eine Schmelzkruste, die 0,5mm kleine kantige Kristalle vorweist und mit einer Härte von 3 eher auf der weicheren Seite ist. Gebildet hat sie sich in der Warmphase mit deutlichen Plusgraden bis in hohe Höhen Anfang Februar und dem darauf folgenden Temperatursturz samt Niederschlag am 7./8.2.21.

Dunkelblau:

Eine mit der Härte 1-2 recht weiche Schicht aus 0,5mm kleinen, kantigen Kristallen und wenigen kantig abgerundeten Kristallen dazwischen. Diese Schicht hat sich wie die orange Schicht durch das Gefahrenmuster 4 gebildet, das durch den Temperatursturz samt einsetzendem Niederschlag am 7./8.2.21 und dem damit einhergehenden großen Temperaturunterschied entstanden ist, der sich zwischen der warmen Schneeoberfläche und den kalten Neuschnee gebildet hat. Weiters folgten mehrere Tage sehr frostige Minusgrade, wodurch die bereits sehr lockere Schneeoberfläche, teilweise bestehend aus Wildschnee, aufbauend umgewandelt wurde.

Gelb:

Die zwei Schichten stammen von den Niederschlägen um den 16./17.2.21 und den damit beginnenden frühlingshaften Temperaturen. Die Schichten bestehen aus 0,5mm kleinen, runden Kristallen mit einer Härte von 2. An der Schneeoberfläche entstanden durch die bereits recht starke Sonneneinstrahlung und die warmen Temperaturen Schmelzformen bis zu einer Größe von 1mm. Beide Schichten sind bereits schwach feucht (2). Ein brauchbarer Harschdeckel um Firn bzw. Sulzschnee zu fahren, war am Profilaufnahmetag noch nicht zu finden.

Tests

Die Tests ergaben nur zwei Teilbrüche in den oberflächennahen kantigen Schichten, ober- und unterhalb der Kruste, die bei diesem Profil eher zu vernachlässigen sind.

Die in Profil 1 sehr leicht zu störende Schwachschicht, in Rot eingezeichnet, konnte in Profil 2 nicht mehr gestört werden, da sie zu tief in der Schneedecke liegt. Sie konnte allerdings auch nicht gestört werden, wenn der Schnee bis auf 90cm abgetragen wurde und dann den der Test durchgeführt wurde. Sie hat sich durch den nun geringeren Temperaturgradienten in der Schneedecke und der damit verbundenen abbauenden Umwandlung etwas verfestigt und beruhigt.

Bereits an diesem Tag zu beachten war die Gefahr von Nass- und Lockerschneelawinen aus steilem und besonntem Gelände, sowie die sehr frühe Durchfeuchtung an steilen Südhängen, wo man bereits am späten Vormittag Nassschneerutsche auslösen konnte.

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