Es war einmal eine Hochdruckbrücke über Mitteleuropa, die tagelang für stabiles Bergwetter sorgte. Leider wollte der Wind nicht so recht mitspielen, sodass die Lawinensituation vielerorts angespannt blieb, und das ärgerlicherweise an einem sonnigen Wochenende mit Neuschnee …
Trotz Sonne von früh bis spät stiegen die Temperaturen nicht all zu hoch, da zumindest die Ostalpen in einer leicht nord-östlichen Anströmung lagen, die dankenswerterweise von einem Tief im Mittelmeerraum produziert wurde. Einige Tage zuvor hatte eben jenes Tief noch für Schneechaos in einigen Balkanländern und Teilen Italiens gesorgt. Ein Dorf im Apennin ist nun neuer Weltrekordhalter in der Disziplin „am meisten Neuschnee innerhalb von 24 Stunden" .
Dank Sonne stabilisierte sich der Neuschnee so langsam und dank Schatten blieb der Schnee in windgeschützten Nordhängen über das Wochenende hinaus gut, so dass auch in den weitaus weniger schneeverwöhnten Ostalpen in den letzten Tagen noch einigermaßen pulvrige Unternehmungen möglich waren. Am Wochenende war eine eher zurückhaltendere Vorgehensweise angesagt, am Montag musste man arbeiten und am Mittwoch störte ein Kurzwellentrog das schöne Wetter – blieb also der Dienstag! Der WetterBlog und zwei Mitstreiter machten sich auf, um eine gewisse Rinne zu erkunden. Am Parkplatz fiel rasch ein weiteres Auto auf, dessen Insassen bezüglich Durchschnittsalter und Art des Materials ein wenig aus dem Rest der anwesenden Tourengeher (Marke stilecht oldschool) heraus stachen. Nach diskretem gegenseitigem Beäugen (wir: „boah krass, bei denen hat jeder zwei Eisgeräte dabei! " die anderen vermutlich: "hat der grade eine Dose eingelegten Fisch eingepackt?") ging man seiner jeweiligen Wege. Während wir uns über einen schon leicht aufgeweichten Sonnenhang unserem Einstieg näherten, wühlte sich die andere Gruppe durch tiefen Schwimmschnee und über unangenehm aussehende Felsplatten eine gegenüberliegende Scharte hinauf. An dieser Stelle nochmal der Hinweis auf die alles entscheidende Energiebilanz, die gerade im Frühjahr oft über Firn, Pulver oder diverseste Bruchharschvariationen entscheidet: Ohne Sonneneinstrahlung kühlt die Schneedecke in Richtung Atmosphäre auch im Frühling stark aus und der entsprechende Temperaturgradient in der Schneedecke (oben kalt, unten warm) begünstigt die aufbauende Umwandlung. In der Sonne hingegen wird der Schneedecke einiges an Energie zugeführt und die wird in mehr oder weniger oberflächliche Schmelzprozesse gesteckt, was dann je nach nächtlicher Auskühlung Firn, Harsch oder einfach nur Pampe bedeutet.
Mit großem freeskialpinistischem Geschick war es uns im Folgenden möglich, die 60 Meter hohe Abseilstelle über unserer Rinne zu überwinden. Irgendwie reichte das Geschick dann aber nicht mehr, um das Seil auch abzuziehen (wir lasten das jetzt mal unserem skandinavischen Kollegen und seinem Ölfisch an), sodass wir die pulvrige Rinne gezwungenermaßen ohne das zusätzliche Gewicht von 120 Meter Seil absolvierten. Während wir uns abends gerade überlegten, wer wann nochmal da rauf muss, um das Seil zu holen, erreichte den WetterBlog eine so überraschende wie erfreuliche Nachricht: Die Kollegen aus dem anderen Auto waren nach uns die gleiche Rinne gefahren und hatten nicht nur das Seil mitgenommen, sondern es auch irgendwie geschafft uns zu identifizieren, ohne dass wir je ein Wort miteinander gewechselt hätten. Hiermit ein großes Dankeschön an Heiko, Andi und den leider namenlos gebliebenen dritten der feschen Herren!
Möge euch das wieder erstarkende und durch Warmluftadvektion an der Vorderseite eines Atlantiktroges gestützte Hoch über Skandinavien und Mitteleuropa in den nächsten Tagen schöne Touren bescheren und der stramme Nordwind dabei nicht zu sehr stören. Auch das Italientief mischt nach wie vor mit, sodass der Sonnenschein im Norden am Wochenende nicht so ungetrübt bleibt wie zuletzt. Dafür gibt es am Alpensüdhang Neuschneepotential.