PG-Leser Randy-Random hat offenbar Nachholbedarf beim Thema Polarwirbelsplit und in der Schule war eine Wiederholungsstunde am Anfang des Jahres ja auch immer ganz gut, daher überlassen wir das Fiebern um einzelne Schneeflocken an einzelnen Bergen in voller Zuversicht Kollege Orakel und betrachten mal wieder die größeren Zusammenhänge.
Da unser Planet ein wenig schief in seiner Achse hängt, ist es im Winter an den Polen nicht nur kalt sondern auch dunkel. Natürlich immer nur am jeweiligen Winterpol. (Am anderen Pol ist es derweil kalt und hell.) Momentan ist am Nordpol Winter und die Strahlungsbilanz besonders negativ. Das heißt es wird immer kälter, weil die Sonne nicht scheint. Kalte Luft ist dichter als warme, daher fließt aktuell am Nordpol viel Luft Richtung Boden. Dadurch steigt der Luftdruck am Boden, während er in der Höhe sinkt. Es entsteht ein so genanntes Höhentief, auch bekannt als Polarwirbel. Im Gegensatz zu dynamischen Tiefs, die durch Luftmassenbewegungen entstehen, handelt es sich beim Polarwirbel um ein thermisches Tief, also eines, dass durch Temperaturunterschiede gebildet wird. Der Polarwirbel dreht sich, wie alle anderen Tiefs auch, auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn (von oben betrachtet). Der südliche Polarwirbel, also der über der Antarktis, sieht meistens wirklich ziemlich wirbelig und rund aus, da die Temperaturgegensätze durch die dortige Land-Wasser Anordnung schärfer sind und der Polarwirbel von äußerst ausgeprägten Westwinden mehr oder weniger eingeschlossen wird. Im Norden hingegen bilden sich häufig mehrere Tiefdruckzentren, die in einem losen Verbund herumwabern. Oft liegt ein Zentrum über Baffin Island und eins über Nordost Sibirien. Dieses Tiefdruckgebilde über dem Polargebiet ist eine Art Motor für unser Winterwetter. Da es sich gegen den Uhrzeigersinn dreht, bewegt sich „das Wetter“ von Westen nach Osten. (Preisfrage: Wohin bewegt sich „das Wetter“ dann auf der Südhalbkugel?) Je näher die Druckzentren beieinander liegen, bzw. je runder der Polarwirbel ist, desto geradliniger verläuft die West-Ost Strömung. Ein intakter, starker Polarwirbel sorgt also bei uns tendenziell für rasch wechselndes, Atlantik-geprägtes Wetter. Wenn sich nun irgendwo ein starker Keil aufstellt und warme Luft bis weit nach Norden befördert, kann der Polarwirbel gestört werden oder sich gar in zwei völlig getrennte Zentren aufspalten. Dadurch wird die gesamte Zirkulation durcheinander gebracht, weil die übliche West-Ost Autobahn plötzlich umgeleitet wird und Schlangenlinien vollführt. Ein Polarwirbelsplit bringt uns also häufig meriodonale Wetterlagen mit großer Erhaltungsneigung. Wenn auf der Inntalautobahn wegen dem neuen Pickerl demonstriert wird und man verschlungene Umleitungen fahren muss, kommt man schließlich auch nicht vom Fleck.
In dieser Karte von heute (Mittwoch, 4.12.13) sieht man die Druckverteilung über der Nordhalbkugel aus der eurozentrischen Vogelperspektive. (Der Nordpol ist in der Mitte, Europa ist unten, Asien steht großteils auf dem Kopf.) Der Polarwirbel ist ein großer lila Blob und bei uns läuft die Strömung ohne größere Wellen von Westen nach Osten.
In der Vorhersage für Freitag schiebt sich über dem Atlantik ein Keil Richtung Norden, während sich über Mitteleuropa ein Trog ausbreitet, der hoffentlich für nennenswert Neuschnee in Nordstaugebieten sorgen wird, was wir aber wie gesagt dem Orakel überlassen.
Noch eine Woche später, am Freitag den 13. 12. Sieht zumindest das ECMWF Model einen ordentlichen Split. Der Keil hat den Polarwirbel zerschnitten und sich nach Osten verlagert. Die Autobahn wäre damit blockiert und in den Alpen bleibt es auf quasi-ewig trocken, relativ warm und sonnig. Diese Karte ist diesbezüglich besonders unschön, aber der generelle Trend nach dem Wochenende geht ziemlich deutlich in diese Richtung.