Wie alles begann
Die Geschichte beginnt vor etwa einem Jahr, als Hugo und ich uns auf Svalbard kennenlernten. Wir wollten beide dem trockenen Uni-Alltag zu Hause entfliehen und landeten ganz im Norden auf dieser arktischen Insel. Ich studierte Glaziologie und Schneekunde, Hugo belegte Kurse für SkiführerInnen. Wir wurden bald enge Skifreunde und als sich unsere Wege im Juli nach einer Saison voller Abenteuer trennten, beschlossen wir, etwas für den nächsten Winter zu planen. Wir wussten, dass wir beide wieder in den Alpen sein würden und so zog es uns zu einer Art selbstgetragener Skitour. Mir schwebte eine einwöchige Reise vor, aber als Hugo mich im August anrief und sagte, dass er es geschafft hatte, zwei Monate von der Universität freizubekommen, wussten wir beide, dass dies eine größere Sache werden würde als erwartet. Wir begannen mit einem Brainstorming und spornten uns gegenseitig an, eine Überquerung der gesamten Schweizer Alpen zu planen. Das machte für uns Sinn: Da ich in den deutschen Alpen in der Nähe von Innsbruck aufgewachsen bin und Hugo in Grenoble, fühlte sich eine Durchquerung von Österreich nach Frankreich wie ein geschlossener Kreis an, der unsere beiden Heimatregionen miteinander verbindet. Zu diesem Zeitpunkt waren wir beide jedoch noch weit davon entfernt, die schiere Größe des Projekts zu begreifen. Nach einer ausführlichen Planungsphase im Herbst (mehr dazu in Teil 3 dieser Serie) fanden wir uns am ersten Februar mit einem 26- bzw. 29-kg-Rucksack (40-50% unseres Körpergewichts) in einem Bus in Innsbruck wieder, um unsere Reise talaufwärts zu beginnen.
Zu Beginn waren wir beide nervös und hatten größten Respekt vor dem, was uns nun bevorstand. Zweifellos war das das größte Abenteuer, das wir beide bisher gewagt hatten. Trotz unserer besten Bemühungen, sowohl die Logistik als auch unsere Körper vorzubereiten, hatten wir beide Zweifel, ob das, was wir geplant hatten, tatsächlich funktionieren würde, als wir zum ersten Mal das volle Gewicht unserer Rucksäcke trugen. Zwei Monate Wintercamping, Herausforderungen in den Bergen, Routensuche und kluge Lawinenentscheidungen schienen uns ziemlich entmutigend, vor allem mit unserer eher begrenzten Erfahrung mit mehrtägigen Skitouren. Ich war es gewohnt, mit einem Tagesrucksack und dem Schneemobil zum Fuß des Berges zu fahren und Hugo war es gewohnt, alles in einer Pulka zu schleppen. Dann plötzlich vier Tage lang Essen, ein Zelt und Schlafsäcke sowie eine Menge schwerer Ausrüstung für die technisch anspruchsvolleren Gletscherabschnitte zu tragen, war schon etwas gewöhnungsbedürftig. Außerdem hatten wir die Idee, das Ganze für einen Film zu dokumentieren, womit wir beide noch nicht viel Erfahrung hatten. Zu unserem Glück hatten wir Matteo in der ersten Woche mit dabei. Auch ihn haben wir in Svalbard kennengelernt und seine ruhige und lustige Art beruhigte unsere Nerven und entfachte die Vorfreude in uns.