Nach einem Jahr mit vielen Höhenmetern, rasanten Abfahrten und herzlichen Franzosen kann ich nur dazu raten, der „Hauptstadt der Alpen” einmal einen Besuch abzustatten.
Es war kurz vor Weihnachten, als wir der TU München unsere Wunschpartnerstädte mitteilen sollten. Für mich gab es diesbezüglich eigentlich vor allem ein Hauptkriterium: nahe an den Bergen sollte es sein. Beim Durchblättern der Auslandsbroschüre fiel mir neben Neuseeland, Chile und Kanada ein Ort auf, dem ich schon einmal begegnet war, und zwar im großen PowderGuide Buch über die besten Freeride Spots der Alpen. Mein Interesse war geweckt. Ich fragte mich warum ich in die Ferne schweifen sollte, wenn ich nicht einmal die Berge unserer nächsten Nachbarn kenne.
Ich entschied mich letztendlich für eine betongraue Stadt, von der die meisten meiner Kommilitonen noch nie gehört hatten, oder in der Schweiz vermuteten. Das hässliche Entlein der Erasmusdestinationen sozusagen, denn sie geht Jahr für Jahr in der Zuteilung der Restplätze leer aus. Die größte am Hochgebirge liegende Stadt der Alpen scheint auf den ersten Blick keinen guten Ruf zu genießen. Aber warum ist das so? Um das herauszufinden, packte ich alle Sachen, die man für ein Jahr im Ausland benötigt und machte mich auf den Weg in den Westen.
Es war Mitte August und ich nutze die verbleibende Zeit, bis die Uni losgehen sollte, für einem Roadtrip quer durch das Land: Schwer beladen mit Winter- und Wassersportausrüstung aller Art über die Atlantikküste bis nach Südfrankreich und am Ende über verwunschene Bergsträßchen in Richtung Westalpen. Ich folgte der Route Napoleon an uralten Korkeichen und tiefblauen Seen vorbei und staunte, wie die lieblich mediterrane Landschaft immer mehr einer alpinen Kulisse wich. Ich wusste, ich war auf dem richtigen Weg.
Angekommen in Grenoble, kam ich gerade rechtzeitig zum Bezug meines Wohnheims. Es war im Zuge der Olympischen Winterspiele 1968 erbaut worden und lag etwas südlich in der Stadt in einem ehemals berüchtigten Vorort. In den ersten Wochen entdeckte ich die sehenswerte Altstadt mit vielen Bars und Cafés und stellte hocherfreut fest, dass ich von fast jedem Winkel der Stadt die Berge sehen konnte.
Die drei markanten Gebirgsketten, die ich von überall aussehen konnte, waren das für seine Kalksteinhöhlen bekannte Vercors im Westen, das für seinen Kräuterschnaps bekannte Chartreuse im Norden und das schneeverwöhnte Belledonne im Osten. Alle 3 Gebiete haben einen ganz eigenen Charakter und bieten in unmittelbarere Umgebung zur Stadt alles, was das Bergsteigerherz höherschlagen lässt.