Wir kletterten weiter und waren bald schon von hohen Felswänden umschlossen. Teilweise mussten wir mit festen Tritten die Schneedecke durchbrechen. Das beunruhigte mich, stellten wir so doch die Stabilität der Schneedecke auf die Probe.
Das Satan’s Couloir hat im mittleren Teil eine Steigung von circa 40-45 Grad. Der Einstieg in das Couloir durch einen schmalen Kamin am oberen Ende der Rinne, ist sogar etwa 48 Grad steil.
Wir durchstiegen die Schlüsselstelle und erreichten den Ausstieg am Gipfelgrat. Unter einem großen Felsblock stiegen wir durch ein Fenster, durch welches man auf die Westseite des Gebirgszuges kommt und ins Nachbartal, Mlynická Dolina, blickt.
Wir vesperten, während wir auf unserem „Balkon“ saßen und die die Sonne genossen. Was für ein lohnendes Ziel.
Danach boten sich für den Einstieg durch den Kamin zwei Möglichkeiten: Entweder die Ski schultern und zu Fuß bis unterhalb der Schlüsselstelle absteigen oder abfahren. Der Kamin hatte jedoch eine enge Passage, durch welche wir mit unseren 180 Zentimeter langen Ski quer nicht hindurch passten. Folglich bedeutete dies: rutschen, dann in Falllinie umspringen und nach der Passage abschwingen, was einiges an Überwindung kostete.
Miro fuhr voraus und wartete nach der Schlüsselstelle auf uns. Dann fuhren wir in kleinen Schwüngen ab - einzeln, zu Beginn noch beengt durch die imposanten Felswände von beiden Seiten. Bei jedem Turn brach der Deckel der obersten Schneeschicht auf und schoss im freien Fall zu Tal. An den Seiten des Couloirs hatte sich lockerer Schnee gesammelt und es war ein Genuss, die gesamte Breite der Rinne in großen Turns auszufahren. Im mittleren Teil öffnete sich das Couloir und die schroffen Felswände wichen zurück, sodass man sich zunehmend wie in einer Röhre befand, deren Wände man gleich einem Banked Slalom attackieren konnte.
Dann öffnete sich das Couloir und wir schossen mit großen Turns hinunter ins Tal. Unser Puls raste, unsere Lungen pumpten. Hinter uns lag eine der spektakulärsten Abfahrten in der Hohen Tatra. Am liebsten wären wir gleich noch einmal hinauf gestiegen, aber es war klar, dass eine zweite Abfahrt diesen Run nicht hätte toppen können. Zwar waren die Schneebedingungen nicht optimal gewesen, dennoch war es ein unvergleichliches Erlebnis.
Da wir nicht genug bekommen konnten, entschlossen wir uns, noch weiter bis in den Sattel zum Nachbartal zu laufen: Nyzné Kôprovské sedlo auf 2094 Metern. Von dort hatten wir einen großartigen Ausblick in eines der längsten und einsamsten Täler der Hohen Tatra, Kôprová Dolina. Im Hintergrund erhob sich die westliche Tatra mit ihren markant gefalteten Rücken und unberührten Tälern.
Die Sonne stand mittlerweile tief. Satan und seine Nachbargipfel warfen lange Schatten auf das Tal. Wir fuhren ab. Vorbei an unserem Einstieg zu Satan’s Couloir ging die Fahrt dann entlang des Waldweges wie beim Ski-Cross durch enge Kurven und über schmale Brücken, immer bemüht, den Vordermann zu überholen.
Beseelt kehrten wir auf der Popradské Pleso Chata ein, um bei einem Bier auf diesen fantastischen Tag anzustoßen. Miro war sichtlich überrascht, dass zwei Berliner ernst zu nehmende Skifahrer waren.
Wir beschlossen, noch einen weiteren Tag im Menguskovská Dolina zu bleiben. Zwar war für morgen unbeständiges Wetter angekündigt, doch hatten wir auf unserer Tour viele interessante und möglicherweise lohnende Routen gesehen. So verabschiedeten wir uns von Miro und planten die nächste Tour: Vysoka.
Kurz erklärt: Was ist die Tatra?
Ein Gebirgskomplex am nördlichen Ende des Karpatenbogens – zwei Drittel gehören zur Slowakei, ein Drittel zu Polen. Der höchste Berg ist mit 2654 Metern der Gerlachovský štít . Er ist sogleich der höchste Gipfel der Karpaten. Die Tatra besteht aus der westlichen Tatra (Západné Tatry) und der Hohen Tatra (Vysoké Tatry) im Osten. Beide Seiten der Tatra - polnische und slowakische - sind Nationalpark (TANAP). Die Tatra zählt zu den feuchtesten und kältesten Gebieten der Slowakei. Der Wind kommt allerdings meist aus westlicher oder nordwestlicher Richtung. Ein vor 15 Millionen Jahren entstandener Grabenbruch trennt die Hohe Tatra von der Niederen Tatra (Nízke Tatry). Interessanterweise hat die Tatra auf der Südseite kein Vorgebirge.
Karten
Tatra Plan 2501, The West Tatras, 1:25 000
Tatra Plan 2502, The High Tatras, 1:25 000
Harmanec VKU, 112, Západné Tatry, 1:50 000
Harmanec VKU, 113, Vysoké Tatry, 1:50 000
Nützliche Adressen
Miros Website
Žiarska chata
Popradské pleso
Dolina Piecu Stawow
Tatra West
Lawinenlagebericht
Slowakische Bergrettung und Lawinenlagebericht.
Polnische Bergrettung und Lawinenlagebericht.
Notrufe
Allgemeiner Notruf / Polizei:112/158
Feuerwehr:150
Unfallrettung:155