Zum Inhalt springen

Cookies 🍪

Diese Website verwendet Cookies, die Ihre Zustimmung brauchen.

Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung

This page is also available in English.

Zur Powderguide-Startseite Zur Powderguide-Startseite

Sprachauswahl

PowderGuide durchsuchen

Abenteuer & Reisen

Tian Shan Traverse Teil 2 - Zwischen Naryn und dem Yssykköl

Das Fahrradabenteuer geht weiter

von Johannes Schwaderlapp • 19.10.2019
Die Radreise von Johannes und Yannic durch den Tian Shan geht weiter: durch spektakuläre Gebirgslandschaften und an türkisen Seen vorbei radeln und schieben die beiden zurück Richtung Bishkek, immer wieder unterbrochen von interessanten Begegnungen mit anderen Reisenden und Locals.

Der Weg, dem wir folgen, führt uns durch einen der schönsten Abschnitte der Reise. Beim Abendessen haben wir das erste Mal ein bisschen Probleme mit Mücken.

Der nächste Morgen beginnt wie jeder andere mit einem Porridge mit ein paar Nüssen und Datteln. Danach gibt es Früchtetee. Dann geht es weiter bergauf. Wir begleiten längere Zeit einen Reiter, der dann aber feststellen muss, dass wir trotz Steigung und Gepäck schneller sind. Wir treffen zufällig das Chemnitzer Pärchen wieder und schlafen in der Nähe voneinander. Bei einer Unterhaltung genießen wir gemeinsam Tee. Der Gesundheitszustand kommt auch kurz zur Sprache – der Chemnitzer musste sich in der vergangenen Nacht übergeben. Wieder einmal stellen wir fest, dass wir bis jetzt recht glimpflich davongekommen sind.

Am nächsten Morgen geht es weiter durch die Berglandschaft. Wir begegnen einem radfahrenden Paar aus Kasachstan, aber unsere Smalltalkversuche sind nicht erfolgreich. Später durchqueren wir etliche Bäche. In einem meint Yannic, einen Wheely machen zu können. Allerdings landet er im Bach und wir machen darauf hin eine Mittagpause. Kurze Zeit später kommen drei Betrunkene und ein Mädchen mit ihrem Bruder mit ihrem Auto neben uns zum Halt. Die nächste halbe Stunde werden wir von den Männern genervt. Einer der drei kennt vier Städte aus Ostdeutschland und rattert diese in einer Endlosschleife runter. Vor der Weiterfahrt müssen wir 10 min um die Reisepasskopie von Yannic kämpfen, die zum Trocknen in der Sonne lag. Zum Schluss sind wir wieder versöhnt, da die fünf unseren Müll mitnehmen.

Am Nachmittag erblicken wir hinter uns zwei Geländewagen mit Tübinger und Tuttlingler Kennzeichen. Wir bitten um ein bisschen Benzin und die Vier halten an, erzählen einige spannende Reisegeschichten und teilen eine leckere Wassermelone mit uns. Am späten Nachmittag treffen wir noch Sara und Andreas, zwei sehr hippe Radreisende aus der Schweiz, die noch bis nächstes Jahr unterwegs sind. 

Abends zelten wir in der Nähe des kasachischen Pärchens. Die vorher interpretierte Abneigung uns gegenüber erweist sich als ungerechtfertigt. Vielleicht unterscheiden sich einfach nur unsere Vorstellungen von Smalltalk. Sie erzählen uns, dass sie ihre Fahrradteile alle in Deutschland bestellen. Da es wohl zwischen Japan und Kasachstan irgendeine Art von Embargo gäbe, kann man in Kasachstan keine Shimanoprodukte kaufen.

Nach etwas Regen am Morgen wird das Wetter schnell besser und wir erklimmen den Rest des Pereval Arabel. In der Hochebene stoßen wir auf eine ungewohnt gute Infrastruktur. Ständig rollen riesige Trucks an uns vorbei. Dort oben gibt es eine Goldmine, die von Centerra betrieben wird.

Anschließend beginnt der abenteuerlichste Teil unserer Tour. Die nächsten zwanzig Kilometer gibt es keine Straßen und wir müssen zunächst einmal einen teilweise fast hüfttiefen Fluss durchqueren. Am Nachmittag schieben wir dann für zwei Stunden im Regen unsere Räder, da bei der moosigen Vegetation kein Vorankommen auf dem Rad möglich ist. Als wir den Juuku Ashuu erreichen, ist das Wetter wieder besser und vor uns liegen zwei wunderschöne Gebirgsseen in diversen Türkistönen. Die Abfahrt ist zwar sehr verblockt, bereitet aber großes Vergnügen. Bei der ersten Möglichkeit schlagen wir aufgrund der späten Stunde unser Zelt auf. Neben uns schlafen zwei Kirgisen, die mit drei Amerikanerinnen und Pferden unterwegs sind. Dort konkretisiert sich dann unser Plan, im Anschluss an unsere Fahrradtour ein Pferdetrecking zu machen.

Bei der weiteren Abfahrt zum Yssykköl treffen wir auf zwei nette Kanadierinnen zu Rad, die gerade mit ihrer Reise begonnen haben. Die Abfahrt geht vorbei an wunderschönen roten Felsen, bevor wir auf den zweitgrößten Gebirgssee der Welt stoßen. Der Yssykköl wird von den umliegenden Gletschern gespeist, ist circa 180 km lang und 60 km breit. An dessen Ufer fahren wir Richtung Westen, wieder Richtung Bishkek. Da Regen aufzieht, suchen wir nach einer Unterkunft. Wir kommen für 700 Som im Aprikot unter. Der Name kommt nicht von ungefähr: Am gesamten Ufer des Yssykköl gibt es unzählige Aprikosenbäume und glücklicherweise waren die Früchte gerade reif. Das Aprikot ist ein wunderschönes Hotel. Die feine Lady, die uns in Empfang nimmt, schickt uns als erstes unter die Dusche. Selbstkochende und dreckige Radfahrer sind in den Herbergen mittlerweile bekannt. Vor allem die Kochgewohnheiten treffen manchmal auf Unverständnis. Dennoch ist unser Aufenthalt dort schön. Der nahegelegene Strand ist toll. Im Sommer entwickeln sich am Nachmittag am Yssykköl üblicherweise Regenschauer. Da die Wolken bis am Abend noch nicht vollständig zusammengefallen sind, kann man dort wunderbare Sonnenuntergänge erleben.

Entlang des Yssykköl Richtung Bishkek

Am nächsten Tag geht es am Ufer des Sees entlang weiter. Auf der stark befahrenen Straße habe ich mir das ein oder andere Mal einen Helm gewünscht. Gegen Ende unserer Reise bricht Yannic dann noch eine Speiche, aber wir haben Ersatz dabei und können es zum Glück reparieren. Kurze Zeit später treffen wir ein Pärchen, das aus dem Schwabenland mit dem Geländewagen nach Kirgistan gefahren ist. Am Abend kommen wir in Bokonbaevo an und organisieren ein Pferdetrecking für die nächsten vier Tage. Wir übernachten in Klaras Guesthouse, wo wir uns sehr wohl fühlen. Wir können unsere Räder die nächsten Tage dort problemlos stehen lassen.

Im Hochgebirge mit den Pferden

Am Anfang ist eine Gewöhnung an die Pferde notwendig. Es dauert eine Weile bis wir sie und sie uns verstehen. Wir sind mit einer vierköpfigen niederländischen Familie und drei Kirgisen unterwegs. Am ersten Tag reiten wir von 1600 m über einen 4000 m hohen Pass. Der Weg zum Pass ist teilweise extrem steil und sehr geröllig. An einer Stelle falle ich mit meinem Pferd hin und mit mir im Sattel ist dann auch kein Weiterkommen mehr möglich. Yannics Pferd weigert sich an der gefährlichen Stelle einfach weiterzugehen. Nahe dem Pass fängt es an zu gewittern und es hagelt. Das steigert die Nervosität noch weiter. Die Familie ist bestürzt, auf was sie sich eingelassen haben. Nach dem ersten Tag bin ich auch sehr müde und habe mir zeitweise anstelle des achtstündigen Ritts mein Rad zurückgewünscht.

Doch an den darauffolgenden Tagen habe eine große Freude. Nach und nach habe ich meinen Hengst unter Kontrolle und das Galoppieren durch die weiten Graslandschaften bereitet mir und dem Pferd viel Spaß. Außerdem ist es mit den anderen Menschen extrem lustig. Einer der Kirgisen ist Weltmeister im Kok Boru. Das ist ein Nomadenspiel, bei dem zwei berittene Teams ein totes Schaf vom Boden aufheben und in einen Brunnen schmeißen müssen. Das gegenseitige Herunterziehen von den Pferden ist erlaubt. Dieses Spiel begleitet unser Trecking. Yannic versucht fleißig, Dinge vom Boden aufzuheben und verdreht dabei hin und wieder den Stattel. Der Weltmeister zwickt öfters mit seinem Pferd in den Nacken des anderen Pferdes und versucht, uns spaßeshalber herunterzuziehen.

Insgesamt war die Tour eine anstrengende, aber auch sehr schöne Erfahrung. Befremdlich war teilweise, dass man, möchte man beispielsweise ein Fluss überqueren, so lange auf den Hintern des Pferdes haut, bis der Schmerz größer is als die Angst.

Richtung Heimat

Als wir nachmittags von unserem Trecking zurückkommen, fahren wir noch einige Kilometer Richtung Balykchy. Wir finden einen wunderschönen Platz zum Schlafen direkt am Yssykköl.

Am nächsten Tag kommen wir vormittags in Balykchy an. Am Abend fährt ein Zug in die Hauptstadt, der nur einen Euro kostet. Allerdings braucht er fünf Stunden für die 180 km. Deshalb entschließen wir uns, für 9 € für beide mit einem Minibus nach Bischkek zu fahren. Es ist kein Problem, die Räder mitzunehmen, solange einen Kratzer am Rad nicht stören. Ich kann nicht sagen, woran es lag, aber in der Nacht musste ich mich so heftig übergeben wie noch nie.

An unseren letzten beiden Tagen lerne ich Bischkek so richtig lieben. Die Stadt ist einfach so unterschiedlich und abwechslungsreich. Beispielsweise sind der Osh Bazaar und große Teile der sowjetischen Architektur ein wenig schmuddelig. Andererseits sind einige Gebäude sehr westlich und hippe Restaurants oder Cafés passen eigentlich gar nicht ins Bild. Die Stadt ist Stadt tatsächlich auch ziemlich grün. Da es im Sommer dort sehr heiß ist, blüht die Stadt und das öffentliche Leben dann erst im Laufe des Abends so richtig auf.

Ich freue mich ĂĽber alles, was wir in Kirgistan gesehen und erlebt haben.

Fotogalerie

Ă„hnliche Artikel

Kommentare