Rudi Depowski hatte mal wieder seine Ski zertrümmert, unwiederbringlich ins Jenseits geschossen. Ein frontal plötzlich aus dem wundervollen Pulver auftauchender Hai hat seine beste Latte glatt gespalten. Neue Ski sind nicht in Aussicht, gerade jetzt, wo sich binnen Wochenfrist der größte Nordstau seit 1999 anbahnt. Was tun? Glasklar: es müssen eigene Ski gebaut werden! Einige verzweifelte Überlegungen später fällt Rudi sein Kumpel Tim ein. Der kann alles: bestimmt auch Ski bauen. Anrufen, Palaver … passt. Der Tim hat sich eine Skipresse gebaut und Ski hat er schon einige aus der Presse gezaubert, das notwendige Material ist auch da, also pack mer‘s an! Bei Tim angekommen, Bier geöffnet, setzen sich die zwei erstmal an den Computer und zeichnen den Ski. Was er genau will weiß Rudi ja, da geht das auch recht fix. Ein Pulverski mit Vollgaspotential, im engen Wald braucht das Ding nicht drehen, da reitet er sowieso nicht gerne. 87 Kilo Leergewicht muss der Ski dann auch noch stemmen. Es ist also recht schnell klar, was die Kiste können muss. Modell Stahlträger mit langer und flacher Schaufel. Fix gezeichnet, ausgedruckt und schon geht’s los. Die beiden bauen schnell eine Schablone und schneiden mit ihr die Skibeläge aus. Ein wenig schleifen bis alles gut aussieht und dann die Skikanten mit Sekundenkleber ankleben.
Das A und O beim Skibau: Belohnungsbier und gute Vorbereitung
Spätestens jetzt ist ein frisches Belohnungsbier notwendig. Rudi und Tim müssen sowieso noch die Skikerne vorbereiten und die Form zum Pressen der Ski einstellen, mit Folie auslegen und auch Rudis gewünschten Skishape anpassen. Tim ist gut ausgerüstet und alles läuft wie am Schnürchen. Die Vorbereitung ist einfach entscheidend, wer da hudelt wird später arg bestraft, nämlich mit einem schlechten Ski. Also heißt es genau arbeiten. Beläge mit Kanten sind fertig, die Holzkerne frisch geschliffen und die Form zum Pressen steht auch bereit. Stellt sich nur noch die Frage nach dem Design. Ein Holzfurnier als Dekor. Das ist‘s was der Rudi will. Alternativ könnte er mit seinem lokalen Bierlieferanten aushandeln, dass der ihm das Skimaterial zahlt und er dafür sein Logo groß auf dem Ski herumfährt. Win-Win sozusagen. Um das Logo auf den Ski zu bekommen, könnten die beiden eine dünne bedruckte Baumwollbahn verwenden und darüber ein Topsheet aus dem Skibaumarkt. Das würde einwandfrei funktioniert. Aber das macht er dann beim nächsten Ski. Jetzt geht’s aber wirklich ans bauen für die beiden. Alles ist fertig, alle Glasfaserlagen sind korrekt zugeschnitten und liegen bereit, die Form und der darin eingepasste Belag sind fertig, gepresst wird der Ski mit Vakuum, also los!
Durchhaltebier und Präzision sind gefragt
Erstmal ein Durchhaltebier aufmachen, jetzt darf nämlich nix schief gehen. Epoxitharz angerührt, und schön auf dem Belag verteilt, die Glasfasern drauf, den Holzkern einpassen, wieder Glasfasern, das Holzfurnier und letztendlich wird alles als schönes Paket in den Vakuumsack gepackt. Kaum 40 Minuten vergangen, alles gut gelaufen. Jetzt muss nur noch die Vakuumpumpe angeschlossen werden und einwandfrei laufen. Inzwischen ist es auch ziemlich spät geworden, also beschließen die beiden den Abend mit einem wohlverdienten Feierabendbier. Früh Morgens geht’s dann weiter, seit 10 Stunden sind die neuen Ski in der gut geheizten Werkstatt im Vakuumsack, das reicht locker. Also auspacken und schon ist es wie an Weihnachten. Tim sägt die Ski mit einer Stichsäge aus und Rudi bearbeitet die guten Stücke an den Seitenwangen mit Schleifpapier. Er entfernt auch auf dem Belag verbliebenes Klebeband und Harzreste, die inzwischen steinhart sind. Zum ersten Mal lässt sich der Ski jetzt flexen. Es ist ein Pulverbrett geworden wie es kein Zweites gibt. Die beiden gratulieren sich. Ein paar Tage lässt Rudi die Ski jetzt nach dem Wachsen noch im warmen Zimmer stehen damit sie so richtig endgültig ausgehärtet sind. Dann geht’s aber ab in den Nordstauschnee … A perfect ride on his own sticks … bis der nächste Hai kommt.
Ausblick
Wie der überlegte und erfahrene Skibauer Tim seine Ski im Eigenbau herstellt, erfahrt ihr in einer detaillierten Anleitung in den beiden folgenden Episoden. Vorbereitung und Grundlagen sowie die Bauphase werden hier genau erklärt. In Folge zwei des Skibauseminars geht es um das grundlegende Know-how des Skibaus und um die nötigen Vorbereitungen. Text: Bernhard Scholz – Als Ausgleich zu seiner Arbeit als Texter und Konzeptionierer gemeinsam mit seiner Gestaltungspartnerin (joteska.de) baut Bernhard unter anderem seit über sieben Jahren eigene Ski und instruiert bei der Pepperblue GmbH Skibauschüler. Er gilt als einer der Mitinitiatoren der Skibauseminare.