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Equipment

Skiwerkstatt | Bindungsmontage

Lieschen Müllers Bindungsmontage für den Hausgebrauch

von Knut Pohl 15.11.2011
Bindungsmontage muss doch im Sportgeschäft gemacht werden, oder? Das ist eigentlich richtig. Eigentlich. Denn es gibt viele Gründe, die Bindung selbst zu montieren: Gebrauchte Ski, unkonventionelle Bindungen oder Bindungspositionen oder der Kostenfaktor sind neben dem fehlenden Vertrauen in die örtliche, auf Systembindungen spezialisierte Skiabteil

Und den hat man dabei definitiv, wenn man handwerklich nicht mit zwei Klumpfüßen an den Handgelenken geplagt ist. Und die Bedenken, nicht mit einer professionellen Montage mithalten zu können, sind ungerechtfertigt. Mit etwas Feingefühl, Sorgfalt und Werkzeugbeherrschung erreicht man locker die Qualität und Präzision einer Shopmontage mit Bohrlehre, – oder übertrifft sie sogar.

Hier zeigen wir euch hier Schritt für Schritt, wie man geschickt selbst Hand an die eigenen Latten legt, um sie mit einer Bindung zu beschweren. Wir werden euch hier zwei Methoden vorstellen und ihr könnt selbst entscheiden, welche ihr bevorzugt.

Doch zuerst zum Material: Diese Liste ist – v.a. für die Millimeterfuchserfraktion – natürlich beliebig erweiterbar. Notwendig ist jedoch folgendes:

- Mind. ein Ski
- Bindung inkl. aller Schrauben und Teile
- passende Bohrschablone
- Lineal
- Schieblehre (nur für Präzisionsfetischisten notwendig)
- Körner und Hammer
- Bohrmaschine
- passender Bohrer (am besten mit Höhenanschlag)
- wasserfester Holzleim
- passender Schraubendreher
- Folienschreiber
- Klebeband

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Die „Mach's-mir-schnell-und-dreckig-drauf"-Methode (parkplatztauglich):

Diese Methode, auch wenn sie etwas rudimentär wirken sollte, reicht völlig aus, um eine Bindung ordentlich zu montieren und mit etwas Übung erreicht man locker die Montagequalität einer Sport- und Trachten- Meyer-Schulze Skiwerkstatt.

Als allererstes markiert man mit einem Folienschreiber (diese halten gut auf Topsheets und lassen sich mit etwas Alkohol hervorragend wegwischen) die gewünschte Schuhmittenposition (Bild 1, Gallerie 1). Danach richtet man den Skischuh mit der Sohlenmittemarke auf dieser Markierung aus (Bild 2, Gallerie 1), und schiebt dann die Schablonenteile für Vorder- und Hinterbacken so unter den Schuh, dass die Markierungen für die Zehen- und Fersenkante mit eben diesen übereinstimmen (Bild 3, Gallerie 1). Jetzt nur noch mit Augenmaß die Schablonenteile gerade und mittig auf dem Ski ausrichten und mit einem Streifen Klebeband fixieren. Wer's genauer haben will, kann hier natürlich auch messen (siehe Methode „für preussische Millimeterapodikten").

Ab jetzt sind beide Methoden nahezu gleich und daher geht's unten weiter (siehe „Bohren und Montieren").

Die Methode für preussische Millimeterapodikten (trotz allem küchentischtauglich):

Diese Methode empfiehlt sich für jeden, der einen Schreikrampf bekommt, wenn die Bindung auf dem linken Ski wenige Mikrometer mehr von der Grafik verdeckt, als auf dem rechten Ski. Oder für jeden, der glaubt, dass er jeden Millimeter Abweichung der Bindungsposition im Fahrverhalten spürt. Auf jeden Fall sollte man diese Methode anwenden, wenn man Tech-Bindungen nach dem Dynafit-Prinzip montiert.

Zuerst markiert man wieder die gewünschte Bindungs- bzw. Schuhmittenposition. Danach wird über die gesamte Länge der Bindung die Skimitte in Längsrichtung markiert. Dieses geht am besten, in dem man vor und hinter der Bindung die Skibreite misst (Bild 4, Gallerie 1), und hiervon die Hälfte der Breite von der Kante aus anzeichnet (Bild 5, Gallerie 1). Am besten von beiden Seiten aus messen. Dieses geht am besten mit Hilfe eines Winkeleisens oder stabilen Blocks als Widerlager für den Maßstab, mit Augenmaß und peilen über das Lineal liegt man aber meistens weniger als einen Millimeter daneben. Die beiden so markierten Punkte verbindet man nun mittels Folienschreiber zu einer Linie (Bild 6, Gallerie 1), anhand der man die Schablonenteile nun ausrichten kann (Bild 7, Gallerie 1). Dabei werden die Schablonenteile sowohl an der Skilängsachse ausgerichtet, als auch im richtigen Abstand von der Bindungspositionsmarkierung. Hierfür misst man einfach die halbe Sohlenlänge von der Schuhspitzen- bzw. Fersenkantenmarkierung hin zur Markierung für die Sohlenmitte. Da im vorliegenden Fall eine Rahmenbindung mit fixem Abstand der vorderen und hinteren Löcher montiert wurde, hätte man diese Schritte natürlich auch vereinfachen können.

Jetzt nur noch die Schablone mit Klebeband fixieren, und schon kann die Montage los gehen (direkt zum Download der Bohrschablonen).

Bohren und Montage

Wenn die Schablone sauber auf dem Ski ausgerichtet ist, kann es los gehen. Das ist der Point of no return. Daher empfiehlt es sich, die Bindung – evtl. mit dem Schuh darin – probehalber anzuhalten, ob die Löcher aussehen, als würden sie Sinn ergeben (Bild 1, Gallerie 2). Danach werden die Löcher vorgekörnt (Bild 2, Gallerie 2) und der Bohrer kann angesetzt werden (Bild 3, Gallerie 2). Für die Wahl des Bohrers sei empfohlen, die FAQs zu konsultieren. Nach dem Bohren der Löcher sollte man diese leicht ansenken und entgraten (Bild 4, Gallerie 2), um das Hochpressen einer Wulst aus dem Topsheet beim einschrauben der Schrauben zu verhindern. Anschliessend die Löcher ausklopfen (Bild 5. Gallerie 2) und ausblasen, um Bohrspäne und -mehl komplett zu entfernen. Nun können auch die aufgezeichneten Linien mit Alkohol weggewischt werden (Bild 6, Gallerie 2). Dr. Knut empfiehlt: selbigen oder ähnlichen auch innerlich zur Anwendung bringen. Das hebt die Laune und entschärft den Frust, wenn die Montage schief gehen sollte.

Nun kann die Bindung montiert werden. Dazu etwas wasserfesten Leim in die Löcher träufeln (Bild 7, Gallerie 2). Dieser hält zwar auch die Schrauben in Position, dient aber vor allem als Barriere, um das Eindringen von Wasser in den Holzkern und damit dessen Quellen zu verhindern. Danach schlägt die Stunde der Wahrheit: Die Bindung kann verschraubt werden (Bild 8, Gallerie 2). Dabei mit viel Druck von oben arbeiten, damit die Schrauben sauber in den Kern schneiden und möglichst wenig Material hoch drücken. Aber nicht mit zu viel Kraft. Die Schrauben sollten gut handfest angezogen werden, Richtwert sind 5-6 Nm. Dass Schrauben grundsätzlich über Kreuz angezogen werden sollten, versteht sich ja von selbst. Jetzt bleibt nur noch, die Bindung einzustellen, das Werk zu bewundern und den restlichen Alkohol einem gutmütigen Zweck zuzuführen.

What the FAQ?

Frage: In meinem gebrauchten Ski sind schon alte Löcher. Was mache ich mit denen?
Antwort: Die optimale Lösung sind Bindungslöcherstopfen (siehe nebenstehendes Bild). Diese bekommt man im Fachhandel in allen erdenklichen Farben, kann man sich aber auch häufig beim Händler um's Eck erschnorren. Sie werden einfach mit dem Hammer eingeschlagen und das überstehende Plastik kann man mit einem Messer, Hobel oder Feile entfernen. Das Topsheet sollte vor der Montage der neuen Bindung möglichst eben sein.
Wer keine Bindungsstopfen zur Hand hat, kann die Löcher auch mit Heisskleber oder 2-Komponenten Epoxidharz verschließen.

Bei alten Löchern sollte man auch auf genügend Abstand zu den neuen Bohrlöchern achten. Absoluter Mindestabstand ist 1 cm zwischen den Bohrlochmitten, aber sorgenfreier fährt man ab 1,5 cm. Außerdem sollten nicht zu viele Löcher in kurzem Abstand in einer Linie nebeneinander liegen – speziell nicht quer zum Ski – da diese eine Sollbruchstelle bilden können. Hier lässt es sich häufig nicht vermeiden, dass die neue Bindung etwas nach vorne oder hinten versetzt montiert werden muss.
Um die optimale Position zu ermitteln, hat es sich als hilfreich erwiesen, die Bohrschablone auf transparenter Folie auszudrucken (siehe nebenstehendes Bild). Das PDF zum Vergleich der Bindungspositionen kann helfen (siehe Google-Drive-Ordner mit allen Bohrschablonen), das Problem im Vorfeld zu vermeiden.

Frage: Bei meiner alten Bindung wurden die Schrauben eingeklebt. Wie bekomme ich die wieder los?
Antwort: Häufig ist eine Kombination aus Kraft und Hitze hilfreich. Dazu den Schraubendreher erhitzen, während er in der Schraube steckt und anschliessend kräftig mit ruckartigen Drehungen lösen. Hier ist handwerkliches Geschick und Fingerspitzengefühl gefragt.

Frage: Wo ist die Sohlenmitte/der Montagepunkt markiert?
Antwort: Das hängt sehr vom Hersteller ab. Bei Schuhen ist normalerweise ein Strich beiderseits auf der Schuhsohle zu finden. Manchmal zusätzlich mit einem "A" markiert. In ganz seltenen Fällen ist die Schuhmarkierung nicht in der Mitte der Sohle. Dann hat sich der Hersteller in der Regel etwas dabei bedacht und man sollte die Markierung berücksichtigen und dementsprechend messen.
Bei Ski gibt es zahllose Varianten, den Montagepunkt der Sohlenmitte zu markieren. Am häufigsten finden sich Striche auf Seitenwangen oder Topsheet. Manchmal auch in Form von Grafiken oder Schriftzügen. Viele, speziell Frestyleski haben eine Skala für die Bindungsposition. Hier muss man sich je nach Vorlieben und gewünschten Fahreigenschaften bzw. Einsatzzweck eine Position aussuchen. Wenige Ski haben gar keine Markierung. Hier muss man die Bindungsposition durch Messen von der Skispitze festlegen. Einige Hersteller geben für ihre Skimodelle diese Messwerte auf ihren Homepages an. Sehr alte Ski haben teilweise eine Markierung für die Schuhspitze, statt wie heute üblich für die Schuhmitte.

Frage: Welches ist die richtige Bindungsposition für mich?
Antwort: Im Zweifelsfall die vom Hersteller für den Einsatzzweck empfohlene. Wenn man davon abweicht, sollte man wissen, was man da tut. Und warum. Skiforen sind der geeignete Ort, um diese Sachen zu diskutieren und für sich herauszufinden.

Frage: Ich habe keine Schablone für meine Bindung. Wo bekomme ich eine her?
Antwort: Entweder hier, oder in diversen Foren im Internet. Die meisten Schablonen lassen sich dort finden. Im Notfall hilft aber nur: selber machen. Dafür misst man mit einer Schieblehre die Lochabstände aus. Am besten jeweils für die Innenkante und Aussenkante der Schraublöcher, um daraus den Mittelwert zu bilden. Der schwierige Teil ist, die Anschläge für Fersen- und Zehenkante auszumessen. Dafür hält man am besten den Schuh in die Bindung, um zu sehen, wo er anliegt. Von diesem Punkt aus misst man den Abstand zu mindestens einem Schraubenloch. Der Hinterbacken sollte dafür natürlich geschlossen sein und sich in einer mittleren Position im Verstellbereich befinden. Perfekt macht man es, wenn man ihn in der Mitte, sowie an den beiden Enden des Verstellbereichs vermisst.

Frage: Was ist „Duck Stance" und wie montiere ich ihn?
Antwort: „Duck Stance" ist das Drehen der Bindungslängsachse aus der Skilängsachse nach aussen. Also am linken Ski vorne nach links und am rechten Ski nach rechts. Einige meinen, es solle angeblich knieschonender sein, während andere behaupten, es sei ergonomischer Quatsch. Fakt ist, es wird selten gemacht, und wenn man es will, sollte man wissen, was man tut und warum.

Frage: Welche Bohrlochdimension brauche ich?
Antwort: Auch das ist abhängig vom Ski und von der Bindung. Häufig sind die Dimensionen auf dem Ski aufgedruckt. Für Erwachsenenski und Bindungen sind normalerweise zwei Dimensionen üblich: 3,8 mm Durchmesser und 9 mm tiefe für Ski ohne Metalleinlage, 4,1 x 9 mm für Ski mit Metall. Für den Hausgebrauch gehen notfalls auch 3,5 mm, dann braucht's aber kräftige Unterarme. Für Kinderbindungen gelten andere Dimensionen und Bohrlochtiefen.

Frage: Welchen Bohrer und Bohreinsätze brauche ich? Bracht es einen Höhenanschlag?
Antwort: Das kommt etwas auf's eigene Geschick an. Manch mutiger kommt mit einer Handbohrmaschine und Markierung auf dem Bohreinsatz zurecht. Der Luxus ist natürlich eine Standbohrmaschine mit einstellbarer Bohrtiefe oder ein spezieller Bindungsbohrer-Einsatz. Auf jeden Fall empfehlenswert ist irgendeine Form von Höhenanschlag. Man kann den Bohrer mit Tape umwickeln. Eine „durchstochene"und festgeschraubte Lüsterklemme hat sich auch als nützlich erwiesen.

Frage: Brauche ich eine Werkstatt?
Antwort: Natürlich ist eine Werkstatt mit Werkbank, gutem Werkzeug und eventuell sogar einer Standbohrmaschine ein angenehmer Luxus. Es geht aber auch mit dem etwas Geschick und richtigem Material auf dem Küchentisch oder Wohnzimmerfußboden.

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Frage: Welchen Schraubendreher benötige ich?
Antwort: Auch das kann je nach Bindung unterschiedlich sein. In den meisten Fällen ist es allerdings ein Pozi Größe 3. Hier lohnt es sich, etwas mehr auszugeben und einen ergonomisch günstigen Schraubendreher zu erstehen, da man damit präziser, kräftiger und blasenvermeidender arbeiten kann. Man kann einen Akkuschrauber mit Drehmomentlimiter einsetzen, aber kontrollierter geht das Schrauben von Hand. Von Ratschen, Schlüsseln oder anderen Werkzeugen mit Hebelwirkung ist abzuraten, da eine mit zu viel Kraft rundgedrehte Schraube einen Ski sehr schnell zum Notfallpatienten macht.

Frage: Welche Kleber empfehlen sich für die Schraubenmontage?
Antwort: Es gibt speziellen Bindungsleim im Fachhandel, aber wasserfester Holzleim eignet sich hervorragend. Haushaltsübliche, wasserfeste Kleber gehen ebenfalls, erschweren aber unter Umständen die Demontage. Sollte eine Schraube lose oder rundgedreht sein, kann man sie mit Haushaltsklebern oder optimalerweise 2-Komponenten Epoxydharzklebern einkleben und so evtl. retten. Funktioniert das nicht, bleibt nur noch das helicoilen oder die Montage von Inserts. Hier hilft dann notfalls der erfahrene Fachmann.

Frage: Ich möchte eine Tech-Bindung nach Dynafit-Art montieren, muss ich etwas spezielles beachten?
Antwort: Hier gilt es, äußerst präzise zu arbeiten. Tech-Bindungen sind sehr empfindlich, was Abweichungen der Montageausrichtung speziell in der Längsachse angeht. Man sollte auch beim Festziehen der Schrauben versuchen, die Ausrichtung der Bindungsbacken zu optimieren. Manche Tech-Bindungen haben nur einen kleinen oder gar keinen Verstellbereich der Sohlenlänge. Hier gilt es also, die tatsächliche Länge des Schuhs penibel zu überprüfen und sauber zu arbeiten.
Bei manchen Schuhen mit Tech-Inserts sind diese nicht (die normal üblichen) 15 mm hinter der Schuhspitze lokalisiert. Daher sollte man die Lage der Tech-Inserts im Schuh grundsätzlich kurz überprüfen und im Zweifelsfall mittels der auf der Schablone markierten Pin Line montieren, und nicht nach der Zehenkante.

Frage: Ich möchte mir gern professionelles Equipment zulegen. Wo bekomme ich das her?
Antwort: Es gibt viele Anbieter, die teilweise Montage- und Serviceausrüstung im Programm haben. Zwei große Online-Shops sind ski-man und Reichmann

Frage: Was muss ich sonst noch beachten?
Antwort: Ein (oder mehrere) Montagebier sind grundsätzlich empfehlenswert. Für Biermuffel sind die handelsüblichen Alternativen anzuwenden.

Zum Google-Drive-Ordner mit den Bohrschablonen

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