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Events

EventReport | Level Up Chamonix

Ein Freeride Girls Event – ein Eventreport der etwas anderen Art

08.03.2025 von Laura Katzmann
Level Up ist ein Freeride Event für Frauen, ins Leben gerufen von Marion Hearty, der vierfachen Gewinnerin der Freeride Worldtour und Gewinnerin von Natural Selection 2024. Ende Januar gebührte mir die Ehre, an dem Freeride Girls Event teilzunehmen. Das ist mein Bericht über die erste Edition von Level Up.

Über Instagram folgte ich Anfang Dezember, noch ziemlich uninformiert, einem Link. Ich hatte nur die Worte Freeride Event für Girls gelesen und innerhalb von zehn Minuten meine Bewerbung abgeschickt. Danach hieß es erst einmal zwei Wochen zittern, denn je mehr ich mich mit dem Event auseinandersetze, umso dringender wollte ich daran teilnehmen. Und dann, Mitte Dezember, die große Freude, Zusage: ich bin dabei! Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht einmal im Ansatz, was mich in Chamonix erwarten wird, dennoch konnte ich es kaum erwarten!

Also: Was ist Level Up? Level Up ist ein Freeride Event für Frauen, ins Leben gerufen von Marion Hearty, der vierfachen Gewinnerin der Freeride Worldtour und Gewinnerin von Natural Selection 2024. Hier ein kurzer Einschub über Marion, denn Marion ist nicht nur eine sehr dekorierte Snowboarderin, sondern auch eine unfassbar sympatische, sehr inspirierende Person. Sie ist extrem gut in dem, was sie tut, und so zielstrebig, dass ich davon unheimlich beeindruckt war. Man merkt, wie sehr sie für den Sport brennt und wie sehr es ihr ein Anliegen ist, anderen Frauen einen Weg zu schaffen und die Steine, die so vielen Frauen im Weg liegen, besonders im Freeride-Snowboarden, zu entfernen und sie in dem, was sie tun und lieben, zu bestärken.

Worum ging es bei Level Up? An drei Tagen fand das Event in Chamonix statt, mit verschiedenen Coachingthemen: Mental Workshop, Contest Coaching, Yoga, Mapping Workshop. Das Ziel  war es am Ende des Events den 2* Qualifier der Freeride World Tour in Chamonix mitzufahren und darauf, so gut wie in 2 Tagen Training möglich, vorbereitet zu werden.

Teilnehmen durften zehn Frauen, die aus 160 Bewerberinnen ausgesucht wurden. Warum wir? Das haben wir uns alle gefragt. Während einer Gondelfahrt, voller Witze und abgesehen davon eher belanglosen Unterhaltungen, zwischen Menschen, die sich gut verstehen, weil sie durch dieselbe Leidenschaft verbunden sind, erklärte Marion warum sie sich für uns entschied. Sie wollte Frauen die Chance geben, bei denen sie Talent sah, bei denen sie spürte, dass sie den Sport lieben, unabhängig von Followern auf Instagram oder Podiumsplätzen. Sie sagte auch, dass sie dafür mit ihren Partnern ein wenig diskutieren musste, was natürlich ein ganz anderes Thema ist, aber dennoch ein ziemlich akkurates Licht auf den Sport, und wie er funktioniert, wirft. Genauso gut beschreibt es aber auch das Event und das Motto, unter dem das Wochenende stand, denn wir waren alle keine Profis, aber ohne Ausnahme Snowboarderinnen aus Leidenschaft.

Das Event

Das Event war von Minute eins ziemlich ‚wholesome‘. Als wir – Marie, auch aus Innsbruck, und ich – nach acht Stunden Autofahrt in Chamonix ankamen, beide sehr nervös, liefen wir ein wenig verloren in das Hotel, welches für uns gebucht worden war. Dort wurden wir super herzlich empfangen. Unser Zimmer, beziehungsweise Dorm im Plan B Hotel war gemütlich und perfekt für uns zehn. Von Anfang an war zwischen all den Eingeladenen nur Sympathie, es wurde viel gelacht und gekichert - waren wir doch alle so voller Vorfreude.

Nachdem wir ausgepackt hatten, ging schon der erste Workshop los, Yoga. Ein wenig eingeschüchtert breiteten wir die Yogamatten aus und dann startete die Session. Danach brachte Marion für jede von uns eine riesige Tasche voll mit Goodies. Vollkommen perplex über die Menge an Geschenken schauten wir in die Tüten und fragten mehrmals ungläubig, ob dies wirklich alles für uns sei. Dem war so und ich kann bis heute nicht glauben, dass all das jetzt mir gehört.

Im Anschluss folgte der Mental-Workshop. Von Mentalcoach Isabelle Inchauspé bekamen wir einen Einblick, was es heißt, sich mit den mentalen Challenges des Wettkampfsports auseinanderzusetzen, was mich persönlich sehr berührt hat. Denn neben dem Druck, der automatisch mit einer Konkurrenz-Situation verbunden ist, kommt der meiste Druck von einem selbst. Vor allem für uns Frauen, die mehrheitlich so sozialisiert wurden, dass wir uns ständig beweisen müssen und nicht unbedingt dasselbe internalisierte Selbstbewusstsein besitzen, welches viele Männer mitbringen, kann es sehr schwer sein, sich in einer solchen Situation zu behaupten. Es ist schwer, verinnerlichte Ängste zu überwinden und an sich selbst genug zu glauben, um sich nicht unter dem eigenen Wert zu verkaufen und in Drucksituationen den eigenen Fähigkeiten entsprechend zu performen. Denn wir sind nicht nur weibliche Athleten, wir sind Athletinnen.

Am nächsten Morgen stand das Contest/ Freeridecoaching auf dem Programm. Mit dem Bus ging es durch das wunderschöne Chamonix-Tal, unter den Bergspitzen der hohen französischen Berge und mit Blick auf den Mont Blanc, über dem langsam die Sonne aufging, zum Resort Grand Montes. Dort trafen wir auf Greg Liscot, der Cheftrainer der Young Riders Crew.

Der Tag stand ganz unter dem Motto: Contest fahren. Wir redeten über Linechoice, darüber, was Punkte bringt und was man in der Contest-Situation besser nicht tut. Nach ein paar Runden Einfahren in überraschend gutem Schnee ging es los mit Videoanalyse. Greg positionierte sich mit seinem Kamera Setup unter einem Hang, den wir vorher besprachen. Alle teilten ihm mit, welche Line sie wählen würden und er sagte: Gute Wahl, oder: Denk noch einmal darüber nach, baue noch einen Sprung/ Drop mehr ein, etc. – und dann starteten wir. Greg filmte, wir snowboardeten. Nach jedem Run schauten wir das Video an und Greg gab uns Feedback. Ich habe an dem Tag eine Menge gelernt. Nicht nur, wie man Punkte in einem Freeride Contest sammelt und Linien wählt, wie man sich von unten einen Hang ansieht, um ihn von oben noch genauso fahren zu können, wie man es geplant hat. Sondern auch an mich und meine Fähigkeiten zu glauben, mich selbst nicht kleinzureden und das, was ich am liebsten tue, auch dann zu genießen, wenn ich dabei beobachtet werde.

Am Nachmittag waren noch ein paar Laps zum Spaß drin und was war es für ein Spaß, mit all diesen Frauen auf diesem Niveau zu snowboarden! Das war unglaublich inspirierend.

Zurück im Hotel waren wir alle ziemlich fertig, aber nichtsdestotrotz ging es weiter zum Mapping-Workshop von Whympr und dann direkt zum Riders-Meeting für den anstehenden Contest. Im Riders-Meeting wurde dann auf einmal alles sehr real. Den ganzen Tag war ich noch umgeben gewesen von der Sicherheit, die es mit sich brachte, in der Gruppe mit all diesen wunderbaren Frauen unterwegs zu sein. Jetzt fand ich mich plötzlich in dieser Menge an WettkämpferInnen wieder.

Der Contest-Tag

Am Wettkampftag ging es früh los, um viertel vor acht fuhren wir mit der Planpraz Gondel in Richtung Contest-Face. Die Stimmung war zugleich angespannt und vorfreudig. Trotz der immer größer werdenden Aufregung versuchten wir, den Tagesanbruch und die unglaubliche Szenerie zu genießen. Die Berge waren noch still, der Himmel über uns klar und anfangs voller Sterne, verfärbte sich dann langsam von lila über rosa zu dem kräftigen Hellblau, in dem er den ganzen Tag erstrahlen sollte.

Als wir am Face ankamen, war ich erleichtert, es schien wie ein großer Spielplatz und der Schnee sah gut aus. Meine Linie hatte ich mir schnell zusammengesucht und dann hieß es nur noch abwarten und nicht verrückt werden – das ist mir im Nachhinein betrachtet nicht so sonderlich gut gelungen – bis wir uns endlich gemeinsam auf den Weg zum Start aufmachten.

Der Hike zum Start war wunderschön, es ging über einen Kamm mit Blick auf der einen Seite Richtung Mont Blanc, viele Meter über Chamonix, und auf der anderen Seite blickten wir auf die viel gemäßigteren Gipfel des Naturschutzgebietes Sixt-Passy.

Am Start angekommen hatten wir noch ein wenig Zeit bis unsere Startnummern an der Reihe waren. In dieser Zeit redeten wir nicht besonders viel, alle waren mit ihren eigenen Linien und ihrer Aufregung beschäftigt, manchmal fielen ein paar vereinzelte aufmunternde oder bestätigende Worte, ein paar Umarmungen, alles, um uns gegenseitig ein bisschen Unterstützung zu geben. Vor mir starteten fünf der anderen, und mit jeder, die durch das Start-Gate fuhr, stieg meine Aufregung. Als es dann mein Turn war, schlug mir das Herz bis zum Hals. Es gab noch ein paar motivierende Worte von Marion und dann fuhr ich los. Ich fuhr viel zu schnell. Anfangs war der Schnee in Ordnung, in meiner Geschwindigkeit vollkommen fahrbar, aber nach meinem ersten Drop veränderte sich etwas, es war zu warm, den ganzen Tag hatte die Sonne in den Süd-Ost-Hang geschienen und ich konnte mich nicht mehr fangen. Ich stürzte und stand wieder, fuhr weiter, verlor den Fokus. Fuhr zu schnell, stürzte, stand wieder auf. Ich versuchte alles in den Griff zu bekommen, aber es war zu spät, das Adrenalin war weg, die Beine schmerzten und der halbe Hang lag noch vor mir. Als ich vollkommen fertig, enttäuscht und den Tränen nahe unten ankam, passierte etwas Schönes, alle anderen Girls, die schon unten waren, kamen angerannt und nahmen mich in den Arm. Auch wenn ich nicht so performen konnte, wie ich wollte, war die Erfahrung, an einem solchen Contest teilzunehmen, unbezahlbar.

Alle legten super coole Runs hin, und zwei - Izzy und Emma, Izzy mit einem sicken Bs360 und Emma mit einer mega Line und ihrem wunderschönen Style - hatten sogar so gute Runs, dass sie am Ende auf dem Podium landeten. So war dann auch die Siegerehrung am Abend im Tal richtig lustig und die Stimmung großartig.

Nach der Siegerehrung gingen wir in den North Face Shop, wo die Afterparty angesetzt war. Mit einem Bier in der Hand und umgeben von vielen glücklichen Gesichtern ließen wir das Event ausklingen. Dann die Verleihung der Level Up Awards für die beste Platzierung, die umweltfreundlichste Anreise und die Best-Audacity, welche an Izzy, Jenni und Danae gingen. Am Ende wurde es noch einmal richtig emotional, denn die ganze Dankbarkeit, die wir alle verspürten und alle Emotionen, die sich über das Wochenende hinweg angesammelt hatten, waren kaum in Worte zu fassen. Bevor Marie und ich uns auf den Weg zu meinem Bus machten, sprachen wir noch einmal mit Marion, um unsere Dankbarkeit auszudrücken. Das brachte uns alle drei den Tränen sehr nahe und wird für mich einer der schönsten Momente bleiben, da ich spürte, dass sich für alle von uns mit diesem Event etwas erfüllt hat, was ich so nicht erwartet hätte.

Nach dem Event

Zum Schluss noch ein sehr persönliches Fazit, denn bis heute muss ich unwillkürlich lächeln, wenn ich an unsere Tage in Chamonix denke.

Zunächst möchte ich festhalten, dass ich unglaublich dankbar bin für die Chance, Teil von diesem Event gewesen zu sein. Von Anfang bis Ende war es wunderschön. Dieses Erlebnis erfüllt mich mit so vielen Emotionen, dass es schwer ist, sie in Worte zu fassen.

Nach Hause zu kommen war ein surreales Gefühl, morgens sind wir noch in Chamonix aufgewacht, umgeben von großen Bergen und das Auto mit Schnee bedeckt, der Heimweg, weg vom Schnee zurück in die Realität, war eine Reise. Und nun ist es schwer, mich selbst und meine Gefühle zu sortieren und all dem, was ich innerhalb von nur drei Tagen erlebt habe, einen Sinn zu geben. Ich habe so viele Gedanken und gleichzeitig keine. Aber allein der Gedanke an das Event kann mir Tränen der Freude und der Rührung in die Augen treiben. Ich kann die Energie, mit der ich in diesen Tagen umgeben war, sehr deutlich spüren. Es ist herzerwärmend, einen Haufen Mädels zu haben, die alle sehr unterschiedlich sind, aber alle von der gleichen Sache angetrieben werden: die Liebe zu diesem großartigen Sport und dem Hunger nach mehr, nach Abenteuern, nach Herausforderungen. Die keine Angst davor haben, in einer von Männern dominierten Szene sie selbst zu sein. Die alle auf dem Berg sind, weil sie einfach so leidenschaftlich gerne snowboarden. Zunächst einmal Marion, die so sympathisch und stark ist. Ihre Idee, dieses Event für Frauen zu machen, die kein großes Publikum haben, die sozusagen im Schatten Snowboard fahren, brachte uns zusammen und schaffte einen Raum, in dem sich alle sicher fühlten, in dem alle gesehen und anerkannt wurden. Zumindest ging es mir so. Ich fühlte mich so, wie ich mich schon lange nicht mehr auf den Bergen gefühlt hatte: als würde ich dazugehören. So wurde ich hungrig nach mehr. Voller Drang, rauszugehen und laut für Frauen im Snowboarden zu sein, jeder Einzelnen auf dem Berg ein gutes Gefühl zu geben und sicherzustellen, dass jeder weiß, dass wir fähig sind, so unfassbar fähig, dass wir alles erreichen können. Dass es keinen Grund gibt, jemals wieder an einer Frau zu zweifeln. Dass es darum geht, Menschen zu verbinden, damit sie ihren Spirit, ihren Hype und ihre Leidenschaft teilen und sich gegenseitig auf das nächste Level pushen können. Selbstvertrauen und ein Gefühl von Sicherheit und Leistungsfähigkeit, das ist es, was ich fühle, wenn ich an Level Up denke, wie ich mich fühle, wie ich mich vor allem in den Tagen nach dem Event gefühlt habe. Denn es gab keinen Zweifel, niemand, außer mir selbst, zweifelte an mir und meinen Fähigkeiten. Nie hatte ich das Gefühl, irgendjemandem etwas beweisen zu müssen - einfach ich zu sein und das zu tun, was ich am meisten liebe, war genug. Dieses Gefühl werde ich versuchen zu bewahren und in meine Heimatresorts weiterzutragen.

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