Wer kann sich nicht an dieses Erlebnis erinnern: Mit neonfarbender Actionbemalung im Gesicht erblicke ich vor mir einen riesigen Hügel aus Schnee. Rechts neben mir ein weiterer Hügel und zu meiner linken sogar eine ganze Menge von diesen Hügeln. Es ist Anfang der 90er Jahre irgendwo im Pitztal am Ende eines tollen Skitages und ich versinke in einem Meer aus kopfhohen Schneehügeln. Wo soll ich lang, rechts vorbei links vorbei, oder einfach drüber - verdammt, diese Hügel sind einfach zu groß. Später hat mein Vater mir erklärt, dass es sich bei dieser Abfahrt um eine Buckelpiste gehandelt hat und dies die Königsdisziplin des Skifahrens sei.
An meine erste Buckelpiste erinnere ich mich immer gerne zurück und freue mich auch heute noch riesig, wenn ich schöne Buckel im Skigebiet erblicke. Mittlerweile sind die Buckel gefühlt nicht mehr so groß wie damals mit knapp einem Meter Körpergröße. Aber die Herausforderung und Aufregung ist heute nach wie vor dieselbe.
Leider gehören die Buckelpisten heutzutage zu einer aussterbenden Spezies. Das Zeitalter des Carvingskis mit deren Anforderung an eine immer perfekt planierte Piste könnte eine Ursache hierfür sein. Aber auch die Skiindustrie hat vielleicht einen kleinen Anteil daran. Denn ohne das richtige Material unter dem Fuß ist das Vergnügen zwischen den Buckeln eher bescheiden. Aktuell geht der Trend zu immer breiteren Ski - aus uns bekannten Gründen auch verständlich und richtig. Nix geht über einen schönen Skitag mit Freunden im Powder. Aber was machen wir zwischen den teils dünn gesäten Powdertagen? Hier haben wir heutzutage viele Möglichkeiten - Vielleicht wechselt der ein oder andere von uns mal das Sportgerät und testet sein Können auf Monoski, Snowboard, Squal oder Snowbike. Sogar BigFoots wurden diesen Winter schon gesichtet. Wie auch immer: Hauptsache der Spaß im Schnee ist garantiert.
Nach einem weiterem grandiosen Abend mit HotDog..The Movie (Kenner unter uns wissen wie ein solcher Abend endet) haben wir uns letzten Winterstart entschlossen an unserem Hausberg den Gipfelhang zu einer Buckelpiste zu wandeln. Leider war das Vergnügen ein eher kurzes, da die hochmotivierten Pistenbullyfahrer am folgenden Wochenende ihre Arbeit meiner Meinung nach zu gut gemacht haben und das Werk vieler motivierter „Buckler" über Nacht verschwinden ließen.
Dieses Jahr wollte ich nun einen weiteren Schritt in meiner Buckelkarriere machen und mir das entsprechende Material unter meine Füße schnallen, nach der Devise "mangelnde Skitechnik mit besserem Material ausgleichen".
Einfacher wäre es gewesen an der Skitechnik zu feilen, da Buckelpisten Ski weder beim Händler deines Vertrauens noch bei allen anderen Händlern zu finden sind. Auch die eine oder andere Recherche im Netz war nicht befriedigend. Erst ein Tip von einem guten Freund war erfolgreich und somit stand meiner Saisoninvestition nichts mehr im Weg. Kaum zu glauben, aber die letzten Münzen im Geldbeutel haben gelangt für ein Prachtexemplar von Ski: Der Völkl Dragon Slayer in Länge 170 cm. Nicht gerade Wettkampflänge, aber für meine Beginnerübungen völlig ausreichend. Auch das Baujahr 05/06 klingt vielversprechend. Somit sollte der ski schon den ein oder anderen Buckel in seinem kurzen Skileben gesehen haben.
Aber es kam anders als gedacht. Nach öffnen des lang ersehenden Paketes hatte ich einen ungebohrten Ski in der Hand. Einen Ski fast direkt aus der Presse. Selbst die Aufkleber der Qualitätskontrolle von Völkl waren noch drauf. Kein Tag später war auch schon die Bindung auf meinen schmalsten Ski montiert. Nur die immer noch zu breiten Stopper waren nicht ideal. Somit machte ich mich auf die Suche nach schmalen Skistoppern. Nicht leicht bei einer Skitaile von 66 mm was passendes zu finden. Die weiteren Maße von 94 mm und 80 mm sind in der heutigen Zeit selten, aber für diese Art Ski Idealmaße. Weitere technische Details wie Sensor Woodcore und Power Construction waren damals HighEnd und wurden somit auch besser mal direkt auf dem TopSheet abgedruckt. Nicht, dass man vergisst was man da für steile Teile unter seinen Füssen rumfährt. Auch der Name des Skis steigert meine Vorfreude: Dragon Slayer. Was auch immer hinter dem Namen steckt - Vor Drachen braucht man sich auf jeden Fall nicht fürchten.
Genauso in der Buckelpiste. Der Ski sucht geschmeidig die schnellste Linie von Buckel zu Buckel und das in einer unglaublichen Wendigkeit. Bei der ersten Abfahrt war dies ein ungewöhnliches Gefühl, aber nach Abfahrt 2 und 3 haben wir uns miteinander angefreundet und das Grinsen im Gesicht wurde immer grösser von Schwung zu Schwung. Nach 3 Abfahrten hatte ich dann auch mehr Richtungswechsel (Schwünge möchte ich dies noch nicht nennen) hinter mir als sonst in einer ganzen Woche und es wurde Zeit für den ultimativen Schwung, den Einkehrschwung. Dieser wäre eigentlich einen eigenen Bericht wert.
Auch hier hat sich die Leichtigkeit des Skis bewährt.
Wer nun auch Lust bekommt auf dieses seltene Exemplar dem rate ich ausdrücklich zum Kaufen, falls sich einem die Gelegenheit ergibt. Allen anderen empfehle ich den Breitski auch mal einen Tag im Keller zu lassen und die guten alten Pommeslatten auszupacken. Spätestens inmitten der Buckel ist das Grinsen riesig.
Auf eine großartige Buckelsaison und genießt den Winter.